Baphomet. Akron Frey
unserer Psyche am besten korrespondieren. Die vor dem inneren Auge aufsteigenden Bilder sind ein Spiegel, in dem sich unsere innere Entwicklung reflektiert.
Manchmal ergibt sich die Meditation auch als Folge einer Befragung. Ich lege die Karten aus, und eine davon scheint für mich eine ganz besondere Bedeutung zu haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich sie mag oder nicht, entscheidend ist, was mich zwingt, sie zu mögen oder abzulehnen. Kann sie doch in mir nur etwas auslösen, was an Unerkanntem tief im Unterbewusstsein schlummert. Ob ich nun an die Wiedergeburt der Seele glaube, an die Seelenschuld, die in früheren Inkarnationen durch eigenes Handeln gebildet wurde, ist egal. Die Karte, die ich mag, verkörpert meine bewussten Ziele, und die Karte, die ich nicht mag, steht für den Schatten, der mich zurzeit begleitet. Also wende ich mich der Art und Weise zu, wie ich sie erlebe: welche Erlebnisse mich mit ihr verbinden und was ich gewinnen kann, wenn ich das, was sie in mir auslöst, erkenne und integriere.
Diese Art der Meditation verlangt eine gewisse Bereitschaft und Fähigkeit, sich auf die inneren Bilder einzulassen. Ist das eigene Empfinden weniger an Bildern orientiert, sondern eher auf verstandesmäßiges Erfassen ausgerichtet, gibt es auch andere Möglichkeiten. Man kann z. B. die Beschreibungen der Trümpfe lesen und dabei darauf achten, auf welche Interpretationen bei welcher Karte man mit einem spontanen und tiefen Gefühl reagiert. So kann man sich darüber klar werden, welche Licht- und Schattenbereiche in der eigenen Seele erlöst werden wollen, nämlich alle, deren Schilderungen auf die eine oder andere Weise betroffen machen.
Der Weg zum Licht führt durch die Hölle, die nur mit Selbsterkenntnis zu überwinden ist!
Advocatus diaboli
1 Frauen lesen bei der gezogenen Karte unter „Mann“ nach, Männer unter „Frau“.
2 Frauen lesen bei der gezogenen Karte unter „Mann“ nach, Männer unter „Frau“.
3 Frauen lesen bei „Mann“ nach, Männer bei „Frau“.
4 vgl. Der gehörnte Gott
0 DER NARR
Im Alleinsein finde ich All-Eins-Sein.
Ich bin in allem – alles ist in mir!
Das Raunen der Ewigkeit
Die Karte
Das Ende des einen ist immer der Anfang des anderen. Während uns die letzte Karte der Giger-Arkana ein Raumschiff zeigt, das im Begriff ist, dem Schreckensplaneten Erde zu entkommen, sehen wir auf der ersten die Wiederankunft: Es ist ein in Windeln gewickelter Greis. So beginnt dieser Zyklus dort, wo er geendet hat, denn wir können im Untergang auch das ungeborene Potential des Anfangs erspüren, der zur Geburt eines neuen Narren führt.
Er hat noch die Nabelschnur um den Hals, und sein beinloser Rumpf steckt in einem Urinal. Dabei blickt er direkt auf die Nahtstelle des Lebens, denn das Bild zeigt eine vor ihm kniende Frau, die ihm ihre Geschlechtsöffnung entgegenstreckt. In seiner hilflosen Lage einem Embryo gleich, offenbart der Narr die Unschuld des werdenden Lebens. Dies ist der gesunde Urzustand der Psyche vor der Infizierung durch die Viren gesellschaftlicher Konditionierung. Seine Seele ist wie ein unbeschriebenes Blatt, und seine innere Leere bedeutet innere Stärke. In ihm können sich die Gegensätze noch harmonisch ergänzen, anstatt sich zu bekämpfen oder sich wechselseitig auszuschließen. Deshalb kennt der Narr den Konflikt zwischen rationalem Verstand und Triebnatur noch nicht, und deshalb auch sieht er zwischen den Beinen der Frau mehr als nur ihr Geschlecht. Vor seinem geistigen Auge öffnet sich der Blick auf die Stufen zum Leben, auf die Umformung des Ewigen in die Körperlichkeit der Materie. Er sieht sich im Moment seines Vergehens auf der Schwelle zwischen Leben und Tod, am Ziel seiner Wünsche, wo der Abgrund der Äonen aufbricht und ihn einen Schimmer des schwindelerregenden Ursprungs erahnen lässt, in dessen Sphären das Gesicht der Mutter aufgeht. Er küsst es auf den Mund, wird neu geboren und kehrt als Embryo zurück.1 Spirituell ist dies mit der Aufnahme in den Tempel des Lichtes gleichbedeutend.
In den Gefühlen des Narren mischt sich die Sehnsucht nach dem Leben mit der Sehnsucht nach dem Tod, denn das Streben des Ungeborenen zum Dasein bringt unweigerlich die innere Tendenz des Geborenen hervor, sich selbst in den Zielen des Lebens wieder zu zerstören, auf dass sich die Schöpfung bewege! Am Ende jeden Weges trifft er wieder auf die Wurzel der Anfänge, weil er ahnt, dass er schon immer war, was er ist, und immer sein wird, was er je werden kann, weil er sich nach den Zielen sehnt, die schon von allem Anfang in ihm waren. Diese Janusköpfigkeit des ewig-jungen, alterslos-betagten Narren kommt durch die Tatsache zum Ausdruck, dass sich die „Flöte“ bei genauerem Hinsehen als Schrotflinte entpuppt. Damit erschießt sich der Narr bereits vor der Geburt, sozusagen exemplarisch für alles, was dem Leben – und damit dem Tode – zustrebt.
Die traditionelle Auslegung
Der Narr symbolisiert die Drehscheibe im göttlichen Schöpfungsplan: Einerseits verkörpert er das Nichts an der Schwelle zum Sein, was durch die embryonale Haltung in dem Urinal zum Ausdruck gebracht wird. Andererseits strebt er aber gerade durch sein Zu-Etwas-Werden dem eigenen Ende entgegen, was der in den Mund gehaltene Gewehrlauf drastisch verdeutlicht. Wir erkennen auch, dass sich die Ursachen der Vergangenheit in ihren gegenwärtigen und zukünftigen Wirkungen widerspiegeln. In ihren karmischen Ausschwingungen trägt die Vergangenheit die Muster einer werdenden Zukunft schon in sich. Ebenso enthält das Erbgut der Eltern Informationen für das ungeborene Leben, wie es sich zu entwickeln und wonach es sich im Dasein auszurichten habe.
Damit begegnen wir dem Ende, das doch nur am Anfang eines neuen Endes steht. Da das Ende den Anfang gebären und der Anfang die Voraussetzungen für das Ende bereitstellen muss, ist das Universum das Ziel, das im Narren als geistige Anlage vorhanden ist. Mit anderen Worten: Vergangenheit und Gegenwart sind beide gleich wirklich, denn das Ende ist der Anfang. Und ebenso kann man den Anfang als das Ende bezeichnen, denn das Ende ist immer wieder ein neuer Anfang eines weiteren Endes, das auf einer anderen Ebene ein immer weiteres Ende eines neuen Anfangs voraussetzt.
Im philosophischen Sinne können wir in dem Anfang, der sein Ende keimhaft in sich trägt, das Wirken des Gleichgewichtsprinzips in allen Wegen der Natur erkennen. Im Grunde können wir niemals von unserem eigentlichen Weg abweichen, wie falsch wir auch immer von einem begrenzten Gesichtspunkt aus gesehen handeln mögen. Der Narr beseitigt die Grenzen zwischen Innen und Außen, zwischen Ego und Umwelt, denn er ist die innere Mitte, gleichsam der Nabel der Schöpfung. Aus diesem Grunde birgt schon er allein das gesamte Potential und das endgültige Ziel aller zweiundzwanzig Großen Arkana des Tarots in sich. Er zeigt uns die Daseinsebene an, von der aus wir uns von allen überkommenen Bildern und Verstrickungen befreien können, um uns ganz leer und empfänglich für das Unbekannte zu machen. Mit dieser Karte schlagen wir eine neue Seite im Buche des Lebens auf!
Das Geheimnis des Narren
Der Narr steht sowohl für das Nichts an der Schwelle zum Werden wie auch die grenzenlose Leere des Alls, die am Ende jeder Entwicklung das Sein wieder in sich aufnimmt. Er ist ein Bote reiner, ungefilterter Wahrheit aus dem Zwischenreich zwischen Tod und Geburt. Er ist der schöpferische Wille, der noch keine Absicht, Richtung und Struktur kennt. Er stellt die schöpferische Potenz des in sich selbst ruhenden absoluten Nichts dar. Dieses gebiert die Ur-Idee, deren ideelle Atome sich in der nächsten Karte