Necronomicon Gnosis. Asenath Mason
einem Licht, das die Dunkelheit des Unbewussten auf dem initiatorischen Weg erhellt.
Die gedruckten und weithin verfügbaren Versionen des Necronomicons und verwandter Texte (wie das Grimoirium Imperium, De Vermis Misteriis oder The Book of Dagon) stellen Versuche dar, die praktische Arbeit mit diesen Wesenheiten zu klassifizieren und zu systematisieren. Und so werden sie für uns anhand ihrer Funktionen, Qualitäten usw. in Gruppen eingeteilt und beschrieben. Jeder dieser Texte präsentiert dennoch eine andere Seite der Großen Alten, z. B. bezieht sich De Vermis Misteriis auf ihre unersättliche Natur und lehrt Methoden der Opferdarbringung. Das Grimoirium Imperium klassifiziert sie anhand der für sie passenden Anrufungsstunde und liefert auch eine Liste der möglichen Formen, die Nyarlathotep, der Botschafter der Alten Götter, annehmen kann. Jeder dieser Pläne hilft dabei, die unzähligen Aspekte ihrer Natur zu begreifen und erlaubt eine organisiertere und weniger chaotische Arbeit mit ihnen. Auch die jeweiligen Avatare eines einzelnen Großen Alten unterscheiden sich stark voneinander. Cthulhu beispielsweise können wir bei der Arbeit mit Simons Buch ganz anders erleben als bei der Arbeit mit dem De Vermis Misteriis oder dem Al Azif. Als Praktizierende begegnen uns viele Unterschiede bei den einzelnen Avataren eines Großen Alten.
Rituelle Magie ist in der praktischen Arbeit mit diesen Wesen nicht immer effektiv. Sie besitzen keine Form, die sie vor dem Magier annehmen können, der sie evoziert. Sie können nicht so einfach definiert und in die Strukturen eines zeremoniellen Systems eingegrenzt werden, auch wenn solche Versuche unternommen wurden. So hat beispielsweise Kenneth Grant den Kräften des Necronomicons bestimmte Sephiroth des kabbalistischen Lebensbaumes zugeschrieben. Diese Korrespondenzen sind jedoch nicht ganz stimmig, da die Natur der Großen Alten undefinierbar, formlos und in stetiger Verwandlung befindlich ist. Sie sind sehr subtil und es ist schwer, sie zu begreifen oder zu „sehen“. Aber man kann sie durch verschiedene Techniken und Praktiken kontaktieren. Die populärsten sind in diesem Buch aufgezeichnet und entwickelt.
Gnosis
Die Orte, an denen man die Kräfte der Äußeren Leere herbei rufen kann, sind normalerweise einsame Orte in der Natur – tief in den Wäldern, auf Berggipfeln, an wässrigen Plätzen wie einer Meeresküste oder einem Flussufer usw. Orte, wo keine Menschen leben und die am besten sogar von Tieren gemieden werden. Diese Art von Magie ist wild, wird des Nächtens praktiziert oder während Stürme toben oder starke Winde wehen, zwischen Blitz und Donner – nur dann können wir diese ungebändigte Wildheit der Natur erleben und einen Blick erhaschen auf die urzeitlichen Elemente der Großen Alten, die innerhalb der wilden Natur enthalten sind. An solchen Orten und in solch einer Atmosphäre können wir unsere Rationalität hinter uns lassen und völlig in das Reich dunkler Magie eintauchen – die irrationale Sphäre des Ursprünglichen.
Draußen ist es einfach einen Zustand der Gnosis zu erreichen, eine Trance, die notwendig ist, um mit den Alten Göttern zu kommunizieren. In der Magie des Necronomicons und des Cthulhu-Mythos werden jedoch auch viele andere Techniken beschrieben, um einen solchen Zustand zu erreichen und um das eigene Bewusstsein auf den Einfluss der Äußeren Kräfte auszurichten. Die von Lovecraft am häufigsten beschriebene Methode ist eine Gnosis durch Angst und Terror, die eine erschreckte Besessenheit des eigenen Verstandes erzeugt. Eine andere Technik beinhaltet den Gebrauch ritueller Mantren – das Nachahmen merkwürdiger Laute, die jenen ähneln, die im Mythos beschrieben werden, Beschwörungen in einer „ursprünglichen Sprache“. Andere Methode sind beispielsweise wildes Tanzen, orgiastischer Sex, Hyperventilation, der Aufenthalt in kaltem Wasser, um den Organismus zu unterkühlen, sensorische Deprivation oder das Aderlassen. Im Verlauf des Buches werden wir uns den Gebrauch einiger dieser Techniken näher anschauen.
Pakte und Zeremonien
Die Magie des Necronomicons umfasst auch viele strikt rituelle Aspekte. Wir können beispielsweise einen speziellen Ort für das Rufen der alten Götter vorbereiten: einen Steinkreis in einem offenen Gebiet, wo jeder Stein entweder eine Himmelsrichtung oder einen Planeten symbolisiert und auf dem jeweils ein passendes Symbol eingeritzt ist. In der Mitte dieses Kreises wird ein Altar errichtet, der das Siegel Yog-Sothoths trägt und Namen der machtvollsten Gottheiten: Azathoth, Cthulhu, Hastur, Shub-Niggurath und Nyarlathotep. Um diesen Altar herum sollten vier Steine gesetzt werden, die die vier Himmelsrichtungen bezeichnen und um diese sieben weitere Steine, die die Planten, Sonne und Mond repräsentieren. Der gesamte Raum mit dem Steinkreis erzeugt ein Tor, durch das sich die gerufenen Kräfte manifestieren können (siehe das Al Azif als Referenzwerk).
Aber nicht nur der Tempel ist wichtig. Wir können auch rituelle Werkzeuge vorbereiten: den Stab, das Schwert, die Robe, den Ring, spezielles Räucherwerk und Rollen mit Zauberformeln. Jedes dieser Werkzeuge sollte mit besonderer Sorgfalt hergestellt werden, unter Beachtung der Planeteneinflüsse, dann sollten spezielle Symbole darauf eingeritzt werden und sie sollten in einer besonderen Zeremonie geweiht werden. Einige davon haben besondere Bezeichnungen, wie etwa das Schwert von Barzai, der Weihrauch von Zkauba oder das Pulver des Ibn Ghazu. Jedes wird im Rahmen eines besonderen Rituals oder einer Zeremonie verwendet, gemäß der Methoden, die im Necronomicon beschrieben werden. Einzelheiten können mit Leichtigkeit in den weithin verfügbaren Versionen des Necronomicons gefunden werden und ich will mich hier nicht auf dieses Thema konzentrieren, denn die Absicht dieser Schrift besteht darin, neue Methoden und Techniken der praktischen Arbeit mit der Necronomicon-Gnosis vorzustellen.
In der Ritualmagie des Necronomicons wird die Betonung auf besondere Tage gelegt, an denen die Alten Götter gerufen werden können. Die wichtigsten von ihnen sind: Lichtmess (der Vorabend des zweite Tages des zweiten Monats im Jahr), Beltane (der erste Vorabend des fünften Monats), Lammas (der erste Tag des achten Monats) und Samhain (die erste Nacht des elften Monats).
Des Weiteren gibt es auch besondere rituelle Zeichen der Macht, die bei der Durchführung von bestimmten Riten und Zeremonien verwendet werden sollten: das Zeichen des Voor symbolisiert die Macht der Großen Alten, das Zeichen von Kish öffnet Tore und zerstört Barrieren, das Zeichen von Koth versiegelt das Tor und das Zeichen der Älteren Götter hindert die Kraft der Großen Alten und wird bei Exorzismen verwendet. Da wir uns in diesem Buch mit Pakten und mit der offenen Arbeit mit den Äußeren Kräften befassen, wird das Zeichen von Kish bis auf wenige Ausnahmen bei praktischen Arbeiten nicht verwendet. Es ist jedoch eine individuelle Entscheidung, ob man sich dazu entschließt es bei den hier vorgestellten Arbeiten zu Sicherheitszwecken zu verwenden. Hier kannst Du die Zeichen der Kraft sehen, wie sie im Al Azif dargestellt werden:
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Traummagie
Träume sind der Schlüssel zum Unterbewusstsein. Indem man deren Bedeutung erforscht, kann man Zugriff auf die tiefsten Schichten der Psyche erlangen. Traummagie ist eine der wichtigsten Techniken bei der Erforschung der Reiche des Necronomicons und bei der Kommunikation mit den dortigen Einwohnern. Der Herr der Träume ist Cthulhu. Er liegt „tot aber träumend“ in einem versunkenen Grab in R’lyeh – der Stadt, die die Tiefen des Unbewussten repräsentiert. Auch wenn er im Schlaf liegt, so hat er doch die Fähigkeit, mit Menschen durch Träume in Kontakt zu treten. Er schickt Visionen und Träume über die alten Zeiten und über die Götter, die am Beginn der Zeit die Welt beherrschten. Für die meisten Menschen nehmen diese Übermittlungen die Form von Alpträumen an, aber für Menschen, die in die Necronomicon-Gnosis initiiert wurden, und für jene, die willentlich ihren Geist für den Ruf Cthulhus öffnen, sind sie eine Quelle großen Wissens. Solche Botschaften wurden an die Menschheit seit der Erschaffung des Universums übermittelt:
Nach den Unendlichkeiten des Chaos, als die ersten Menschen kamen, da sprachen die Großen Alten zu den sensitiven, indem sie ihre Träume formten; denn nur auf diese Weise konnte ihre Sprache den fleischlichen Verstand der Säugetiere erreichen.
H. P. Lovecraft: Cthulhus Ruf
Nach der Lovecraftschen Magie sind Träume das Tor zu den tiefen Schichten des Unbewussten, dessen Hüter Cthulhu ist. Empfindsame Menschen empfangen den „Ruf“ in ihren Träumen als eine mysteriöse Stimme oder eine Botschaft, die auf monotone Weise gesprochen wird und