Langsam kommt man auch ans Ziel. Monika Laatsch

Langsam kommt man auch ans Ziel - Monika Laatsch


Скачать книгу
Last zu tragen. Das macht doch ganz schön was aus, man sollte es nicht glauben! –

      Der Flug nach Porto verzögert sich. Zuerst saßen wir ewig lange im Flughafenbus, der uns zur Maschine bringen sollte, und dann dauerte es nochmals gut eine Dreiviertel Stunde ehe wir abfliegen konnten.

      In Portugal angekommen gilt es, erst einmal unsere Uhren wegen der Zeitverschiebung um eine Stunde zurückzustellen. Vom Flughafen in Porto müssen wir noch in die Bahn umsteigen, um in die Innenstadt in unser Hotel zu gelangen.

      Wir stellen uns ziemlich blöd bei den Fahrkartenautomaten an und müssen jemanden fragen. Ein Bahnangestellter ist sehr nett und geduldig. Er erklärt uns alles mehrmals in Ruhe. Solches Personal würde man sich für unsere Berliner Verkehrsbetriebe wünschen, das verliert doch mit wenigen Ausnahmen schnell die Geduld und wird schnippisch. Der Bedienstete hier muss auch denken: Was für dumme Berliner, kommen aus einer Großstadt und stellen sich so an!

      Wir bewundern den schönen, ziemlich neuen und sehr gepflegten Bahnhof und die Sauberkeit überall.

      Der Zug kommt bald, wir fahren die zirka zwölf Stationen und müssen noch ein paar hundert Meter laufen. Die Straßen sind zwar nass, aber es regnet nicht. Die Luft ist angenehm lau und riecht sommerfrisch.

      Unser Hotel befindet sich in einer kleinen Nebenstraße. Als ich mir so die Fassade ansehe, bezweifele ich, dass sich dahinter ein seriöses Etablissement befindet. Jürgen geht mutig vor. Aber es ist alles okay, für meine Begriffe etwas zu plüschig und mit sehr vielen künstlichen Blumen, aber tipptopp.

      Freundlich werden wir um ein Uhr nachts begrüßt, bekommen mitten in der Nacht von der Besitzerin noch ein Glas Portwein zur Begrüßung, und dann schleichen wir aufs Zimmer im zweiten Stock. Der Raum hat etwa die Größe einer Gefängniszelle, vielleicht so neun Quadratmeter, ist aber sauber und ordentlich und mit Dusche/WC.

      Ich dusche noch den „Reiseschmutz“ ab und falle dann, zu keinen weiteren Gesprächen mehr bereit, halb tot ins Bett.

      Gute Nacht!

      Nach schlechtem Schlaf sind wir um acht Uhr aufgestanden.

      Wir frühstücken in einem Café in der Nähe des Hauses. Ich trinke einen Milchkaffee, esse ein Croissant und ein Eclair, um den Stoffwechsel anzuregen. Jürgen isst etwas Herzhaftes. Telefonisch teile ich meinen Lieben zu Hause mit, dass wir gut angekommen sind. Jürgen tut das Gleiche. Am anderen Ende der Leitung teilt ihm jedoch seine Frau unter Tränen mit, dass sie ihren fünfzehn Jahre alten Hund in der Nacht einschläfern lassen musste. Er hatte einen Schlaganfall erlitten. Jürgen ist natürlich ebenfalls sehr traurig und wäre jetzt am liebsten bei seiner Frau.

      So ist er verständlicherweise mit den Gedanken auch oft woanders, wenn ich ihn heute anspreche.

      Dann machen wir uns aber auf den Weg zur Kathedrale Sé Porto. Ablenkung tut gut, und ändern kann er jetzt hier auch nichts, meint Jürgen. –

      Glück muss der Mensch haben, denn es wird dort gerade eine Messe abgehalten. Andächtig vernehmen wir die uns fremden Laute der Predigt und staunen über den Prunk dieses von außen schlicht wirkenden Gotteshauses. Die abschließende Orgelmusik lenkt mich schließlich von meinen umherschwirrenden Gedanken ab, lässt mich innehalten und zur Ruhe kommen.

      Hier nebenan ist auch die Touristeninformation.

      So erhalten wir dort anschließend auch den ersten, ersehnten Stempel in unseren Pilgerausweis. Die Sammelleidenschaft nach den Stempeln beginnt also bereits hier.

      Mit einer kleinen Touristenbahn unternehmen wir eine einstündige Stadtrundfahrt und bekommen so einen groben Überblick über die Stadt Porto. Angenehm warm ist es, zirka 22 Grad.

      Später laufen wir durch enge Gassen, um uns die hübsche Altstadt anzusehen. An vielen Gebäuden sehen wir die typischen blauen Kachelornamente. Ganze Geschichten werden auf Häuserwänden dargestellt, wie zum Beispiel Schlachten oder religiöse Abbildungen. Aber auch reich verzierte Blumenornamente bewundern wir.

      Danach begeben wir uns von der vor uns auftauchenden Brücke, die übrigens von Gustave Eiffel erbaut wurde, hinunter zum Douro-Fluss.

      Dort, in der Nähe des Hafens, ist das Wohnviertel allerdings sehr ärmlich und die Häuser sind teilweise sehr alt und verfallen, Fassaden bröckeln ab.

      Beim Bau der Brücke hat man sich nicht gescheut, Teile eines Hauses einfach weg zu schlagen, um Platz für den Bau zu schaffen. Die Bahn fährt dort entsprechend fast durchs Zimmer.

      Überall hängt Wäsche aus den Fenstern, auch quer durch die Gassen gespannt.

      Streunende Katzen und Hunde und Unrat sind überall zu sehen. Die Menschen, vor allem die Kinder, wirken sehr ärmlich und vernachlässigt.

      Was für ein Gegensatz zu der prunkvoll ausgestatteten Kathedrale!

      Entlang der Hafenpromenade mit vielen Marktständen gehen wir uns unsere Jakobsmuschel kaufen, das symbolische Pilgerzeichen.

      Die Legende berichtet, dass ein junger Mann, der vom Heiligen Jakobus vor dem Ertrinken bewahrt wurde, völlig mit Muscheln bedeckt aus dem Wasser stieg.

      Seitdem gilt die Muschel als Schutzzeichen der Pilger. Eine andere Symbolik, die auch einleuchtend ist, bezieht sich auf die Linen der Muschel, die die verschiedenen Jakobswege darstellen sollen, die alle zu dem einen Ort führen, nämlich nach Santiago de Compostela. –

      Zu Mittag essen wir in der kleinen Bar in unserem Hotel. Hier stillen auch viele Einheimische ihren Hunger und so müssten die Speisen auch gut schmecken, nehmen wir an. Ich entscheide mich für gebratene Sardinen mit Reis und Gemüse. Die drei ganzen Fische, wie es scheint, mit noch fast allen Eingeweiden, schauen mich aus ihren trüben Augen vorwurfsvoll an, da bin ich schon fast satt. Augenblicklich bekomme ich auch einen fürchterlichen Durst. Fisch will ja bekanntlich schwimmen.

      Ich bestelle mir ein großes Glas Orangensaft und ein Wasser ohne Kohlensäure, also Aqua sin Gas.

      Jürgen nimmt so eine Art Schlacht-Platte. Ein Glück, dass ich das nicht essen muss, denke ich. Aber es schmeckt wohl besser, als es aussieht.

      Danach ruhen wir uns im Zimmer etwas aus. Nach etwa einer Stunde gehen wir noch mal raus an die Luft und besorgen uns Proviant für den nächsten Tag, vor allem Bananen.

      Ziemlich viele Touristen sind in der schönen betriebsamen Altstadt unterwegs, aber auch einige Straßenmusikanten und Künstler.

      Sogar einen sehr ansprechenden Kunst-Trödelmarkt gibt es an diesem Wochenende in einer Straßenzeile. Hier könnte ich mich stundenlang aufhalten. Als normaler Tourist hätte ich bestimmt einiges gekauft, aber so muss ich darauf verzichten, von wegen dem Tragen. Ich weiß auch nicht, wo ich den ganzen bevorstehenden Weg über in meinem Rucksack noch etwas verstauen könnte.

      Die Altstadt von Porto ist abends noch hübscher als am Tage, denn viele Gebäude sind dann angestrahlt. Was das ausmacht! – Wir sind begeistert!

      Morgen wollen wir unsere zwanzig Kilometer über Campos Verdes und Vilarinho zur nächsten Herberge schaffen und gehen deshalb früh zu Bett.

Скачать книгу