50 Dinge, die ein Oberösterreicher getan haben muss. Melanie Wagenhofer

50 Dinge, die ein Oberösterreicher getan haben muss - Melanie Wagenhofer


Скачать книгу
Familie im Winter in eine kleinere Winterwohnung des ehrwürdigen Gemäuers. „In letzter Zeit sind wir auch den Rest des Jahres dort geblieben, weil die Kinder noch sehr klein sind. Die weiten Wege durch die langen Gänge wären für die jungen Beinchen zu anstrengend gewesen.“ Der Herr Graf wohnt von Kindesbeinen an hier und fühlt sich sehr wohl, wenn er auch zugibt, dass ihm bei manchen Geräuschen schon ein wenig mulmig geworden sei. Aber: „Das ist ein sehr friedliches Haus. Es gibt keine untoten Vorfahren, die uns quälen. Wenn es einen Geist gibt, dann nur den Heiligen Geist.“ Auch von Gästen – Clam bietet Übernachtungen in der Burg an – sei stets zu hören, sie hätten gut geschlafen. Bei besonderen Führungen zeigt der Hausherr den Besuchern seine Lieblingsplätze, den zum großen Ahnensaal gehörenden Balkon oder die hauseigene Kapelle, vor der, so Clam, jeder Gast seinen Hut hebt. Magische Plätze sind auch die schönen Gärten und Höfe, wenn sich dort die Blumenpracht entfaltet. Von der Spitze des 41 Meter hohen Bergfrieds sieht man vom Ötscher bis zum Traunstein und bis in den Böhmerwald.

      Ihren Charme verdankt die Burg den im Lauf der Jahrhunderte immer wieder durchgeführten Erhaltungsarbeiten, die einen spannenden Stilmix aus Romanik, Gotik, Renaissance und Barock ergeben haben, vor allem aber auch der Tatsache, dass das ganze Haus von ein und derselben Familie seit dem Mittelalter bewohnt wird. Clam: „Die Burg ist kein typisches Museum, es gibt keine Vitrinen, unsere Schätze werden nicht weggesperrt.“ Bei einer Führung – auf Wunsch mit Sektempfang und dem Grafen persönlich – erlebt man im Burgmuseum Ausstellung und Wohnbereich zugleich. Die Familie lebt hier zwischen und mit jahrhundertealten Möbeln und Porzellan. „Die Dinge müssen verwendet werden, sonst rosten sie ein“, lautet die Devise von Clam-Martinic. „Meine Familie besaß um 1800 zehn Schlösser, die dann enteignet oder verkauft wurden. Das gesamte Inventar wurde mit nach Clam genommen.“ Deshalb und auch weil die Burg zwar unzählige Male belagert, aber niemals eingenommen wurde, ist noch vieles erhalten: Tausende Gegenstände gibt es zu bewundern, ob im Waffenzimmer, dem Musikzimmer mit seinen kunstvoll bemalten Wänden, der Burgapotheke oder im großen Saal, wo heute noch die Familie zu Weihnachten um den vier Meter hohen Christbaum zusammenkommt.

      Den Grundstein für die Burg hat Otto von Machland 1149 gelegt. 1524 hat Christoph Perger zu Clam die Anlage erworben. Und schon seit 1550 wird hier eigenes Bier gebraut. Weil die Nachfrage nach dem Gräflich Clamschen Burgbräu sehr groß sei, müsse man es mittlerweile auswärts produzieren lassen, so Clam. Die Burgschenke wartet mit Speis’ und Trank auf und bei einer Biertour geht es vor der Führung zum Verkosten ins gotische Kellergewölbe.

       Carl Philip Clam-Martinic

      Noch zu Zeiten seines Großvaters habe in der Burg ein großer Hofstaat mit 20 Angestellten gelebt, in ständiger Bereitschaft, Könige zu empfangen, so Clam. Neben gekrönten Häuptern wie Carl Gustav von Schweden oder dem Fürsten von Liechtenstein und berühmten Musikern zog es die schreibende Zunft hierher: August Strindberg und Thomas Bernhard ließen sich von der mächtigen Festung und ihrer Umgebung inspirieren. Filmdiva Gina Lollobrigida war in den 1960ern zur Jagd zu Gast. Von ihr erzählt man sich, dass sie beim Baden plötzlich den Urgroßvater des heutigen Grafen vor sich stehen hatte, der sie sehr bestimmt dazu aufgefordert habe, seinem Eigentum zu entsteigen. „Frau Lollobrigida berichtete beim Abendessen amüsiert davon und meinte, dass die Männer sie zumeist liebend gern in ihrer Badewanne haben würden.“

       INFO: Burg Clam

      Sperken 1, 4352 Saxen

      

+43 (0) 7269/​72 17

       Öffnungszeiten:

      1. Mai–31. Oktober

       www.burgclam.com

       5

      Der Letzte seiner Zunft in Linz

      Fischen im Industriegebiet von Linz

      Um sechs Uhr früh macht er sich auf den Weg in den stillgelegten Tankhafen. Dort liegt seine Zille vor Anker. Dann geht es hinaus auf die Donau, die Netze einholen. Franz Wiesmayr ist der letzte Donaufischer von Linz.

      Mitten im Linzer Industriegebiet hat sich seine Familie ihr grünes Paradies erhalten. Zwischen Firmengebäuden steht der kleine Bauernhof aus dem 15. Jahrhundert, über dessen Eingang ein Fisch mit einer Lampe im Maul leuchtet. Rund um den Hollabererhof wachsen Obst und Gemüse, die der hochgewachsene Franz am Südbahnhofmarkt anbietet. Und falls von seinem Fang etwas übrig sein sollte, gibt es auf seinem Stand auch Fisch, denn die Flossentiere sind sehr begehrt und meist schon vor der Fahrt zum Markt ausverkauft.

      Seit ihrer Kindheit sind Wiesmayr und sein Bruder schon mit den Eltern auf der Zille hinausgefahren. Die Mutter hat sich einen Strick um den Bauch gebunden und den kleinen Franz angehängt, damit er nicht ins Wasser springen konnte, während sie die Netze einholte und der Vater am Steuer saß. Die Lahmer-Wiesmayrs sind seit Generationen Landwirte und Fischer und haben ein Auge auf „ihren“ zehn Kilometer langen Abschnitt vom großen Strom. Das Revier, das jetzt der Franz als Fischereimeister betreut, beginnt beim Brucknerhaus und endet knapp vor dem Ausee in Asten.

      Der Fischbestand ist in den letzten Jahrzehnten ziemlich geschrumpft: „Mit einem dreimal drei Meter großen Netz hat man in den 1960ern einen ganzen Schwarm Fische herausholen können. Und das ein paar Tage hintereinander“, erzählt der Franz. Noch in den 1980er Jahren konnte sein Vater 2,8 Tonnen Fische fangen. Und es gab auch noch einige andere Berufsfischer.

      Franz bringt es heute auf 500 bis 600 Kilo im Jahr. Im Winter ruht die Fischerei. Dann arbeitet er als Koch, das hat er auch gelernt. Der Franz fischt nicht so viel heraus wie möglich, sondern so viel, dass er die nächsten zehn, 20 Jahre noch immer Fisch hat. Den Tieren gönnt er eine längere Schonzeit als vorgeschrieben. Der Franz will auch ein Vorbild sein und alles so erhalten, wie es ist.

      Heute ist ein Feiertag und weil der Alex und der Andi, Kumpel vom Franz, frei haben, sind sie mit an Bord. Am Vorabend hat der Franz die Netze ausgelegt. Zwei Leute sind beim Einholen notwendig, einer muss die Zille steuern – das ist der Franz –, der andere zieht die Netze mit dem Fang langsam aus dem Wasser. Die Fische werden gleich an Bord abgeschlagen, ausgenommen und auf Eis gelegt. Was und wie viel an die Oberfläche kommt, ist ganz unterschiedlich: hauptsächlich Weißfische wie Brachse, Barsch, Rotauge, hie und da ein Karpfen. Über siebzig Fischarten gibt es in der Donau. Der größte und teuerste Fisch, den der Franz gefangen hat, war ein zwanzig Kilo schwerer Huchen. Dass er dieser Tage nicht genau sagen kann, wo die besten Plätze zum Fischen sind, liegt am letzten Hochwasser, das ganz schön viel Bewegung ins Flussbett gebracht hat: „Da sind auch jede Menge Fische weggeschwemmt worden, die durch die Kraftwerke nicht mehr zurück konnten.“

      Vor ein paar Jahren haben sich in Wiesmayrs Revier Flusskrebse angesiedelt. Zuerst waren sie in der Traun, die amerikanischen Signalkrebse mit den roten Scheren. Mit Hochwässern sind sie auch in die Donau gekommen. Als die Fischer an diesem Tag die selbst gebauten Reusen an die Oberfläche ziehen, wimmelt es nur so hinterm Gitter des Fangkorbes. Die kleinen Scherenträger können mit ihren Zangen ganz schön zwicken, was die Fischer immer wieder schmerzhaft erfahren müssen. Ein paar Grundeln sind dabei, auch solche Fremdlinge, die aus dem Meer hierher geschwemmt wurden, und die der Franz gern knusprig brät, damit man sie im Ganzen verspeisen kann. Die Flusskrebse werden lebend verkauft.

       Franz Wiesmayr

      Weiter geht es zum nächsten Netz. Für kurze Zeit hektisch wird es nur, wenn der Fang an Bord geholt und bearbeitet wird. Da und dort sitzt ein Angler am Ufer, die Fischerkarte muss er sich vom Franz holen. Ab und zu kreuzen Schwäne den Weg der Zille, regelmäßig sausen


Скачать книгу