Kampf der Welten. Adrian Plass
zu diesem Thema und allgemeiner zu den Welten, die im Kontext des christlichen Lebens einander bekämpfen. Kürzlich trafen Bridget und ich eine junge Frau von nicht ganz zwanzig Jahren. Sie sah aus wie jemand, der den Rest seines Lebens verschoben hat, bis irgendein großes Problem gelöst ist. Genauso war es auch, wie sich herausstellte. Rachels Vater war gestorben, als sie acht Jahre alt war. Dieses Ereignis und die Gefühle, die es in ihr hervorrief, waren bei ihr nie richtig verarbeitet worden. Sie kam aus einer kirchlichen Familie, die sicherlich sehr fürsorglich war, die aber ebenso sicherlich nicht der Versuchung widerstehen konnte, die negativen Auswirkungen von Rachels Verlust »reparieren« zu wollen.
Rachels Innenwelt war dunkel und voller Zorn und Enttäuschung, aber vielleicht vor allem voller Verwirrung. Was war los? Dieser Gott, von dem man ihr erzählt hatte, der sie doch angeblich liebte und sich um sie kümmerte und sich für jedes kleine Detail ihres Lebens interessierte, hatte ihr, als sie noch klein war, ihren Vater weggenommen. Warum? Warum hatte er sie so sehr im Stich gelassen, als sie ihn am dringendsten brauchte? Das war nicht richtig, es war nicht fair, und sie hätte ihm gerne genau gesagt, was sie von seinem verpfuschten, gedankenlosen Akt der Vernachlässigung hielt. Sie brauchte ihren Vater, hier und jetzt, damit sie mit ihm reden und ihn um seinen Rat bitten und sich in schwierigen Zeiten auf ihn stützen könnte.
Die Welt, die jene wohlmeinenden Leute präsentierten, die Rachel im Lauf der Jahre Ratschläge erteilt hatten, sah ganz anders aus.
Gott hat immer einen Plan, und obwohl wir es jetzt nicht verstehen können, wird das auch beim Tod von Rachels Vater so gewesen sein.
Aus solchen Tragödien kann Gutes entstehen, Dinge, die die Liebe zunehmen lassen. Du wirst schon sehen.
Gott hat ebenso gelitten wie sie selbst. Dieses Wissen wird ihr helfen, ihre Trauer zu verarbeiten.
Jesus ist unser Fels, und sie sollte auf ihm und in ihm ruhen.
Was mich wahnsinnig macht, ist, dass ich jedem dieser Gedanken zustimme und jedem, der bereit ist, sie zu hören, dasselbe sagen würde. Aber das ist genau der Punkt. Wenn etwas so Schlimmes passiert, muss erst einmal Zeit sein, damit der Leidende fühlen darf, was er fühlt, denken darf, was er denkt, sagen darf, was immer er zu Gott sagen möchte. So hatte ich es empfunden, als meine Großmutter starb. Dabei spielt es nicht die geringste Geige, ob der Schrei, den wir loslassen, theologisch fehlerhaft oder respektlos oder unlogisch oder einfach nur ein tränenreiches Gestammel ist. Das ist die Welt, in der wir uns befinden, und das ist die Welt, in der wir abgeholt werden müssen. Gott kommt damit klar. Ja, wie jedem guten Vater ist es ihm sogar lieber, wenn alles herauskommt, weil das für den Menschen, den er liebt, besser ist. Den Menschen da zu begegnen, wo sie sind, ist sozusagen seine Spezialität, wie Jesus bezeugen kann. Dieser Drang, Menschen zu »reparieren«, ist eine Krankheit der modernen Kirche. Wir können das nicht. Nur Gott kann es. Aber fällt uns das nicht unendlich schwer?
Die Balance halten
Die Balance zwischen ungeschminkter Ehrlichkeit und Vertrauen zu Gott zu halten kann eine trickreiche Sache sein. Aber »die Wahrheit wird euch frei machen«, wie Jesus so hilfreich sagte. Christliche Lieder sind häufig mit einem unverbrüchlichen Optimismus gesättigt, was eigentlich komisch ist, wenn man an die gegensätzlichen Stimmungen denkt, die in der Bibel zu finden sind. Aber es muss doch möglich sein, Verwundbarkeit mit Hoffnung und vorsichtigem Vertrauen zu verbinden. Mit dem folgenden Text habe ich es versucht. Er ist eine Ergänzung zu einer der schönsten Bitten im alten anglikanischen Gebetbuch. Was halten Sie davon?
Erhelle unsere Dunkelheit
Erhelle unsere Dunkelheit, so bitten wir dich, oh Herr,
im Namen deines Sohnes Jesus Christus,
denn wir wissen, es wird Nöte geben,
ehe wir das Licht des Morgens sehen.
Darum schütze uns, Herr, schütze uns, oh schütze uns
vor den Gefahren der Nacht.
Denn dass sie kommt, die Gefahr,
das war von jeher klar,
er hat es gesagt.
Des Sohnes Leiden und Bangen
hat gerade erst angefangen,
er hat es gesagt.
Fehlt es uns an Tapferkeit,
so kommen wir nicht weit,
das wissen wir, Herr, doch in dieser Nacht
spüren wir die Einsamkeit.
Erhelle unsere Dunkelheit …
Solange uns das Band
wie Kinder schließt Hand in Hand
zusammen,
werden wir dich erleben,
und Liebe wird Kühnheit uns geben zusammen.
Zusammen stehen wir heut,
und morgen ist noch weit,
doch manchmal wüssten wir gern
den Ausgang der Geschichte.
Erhelle unsere Dunkelheit …
In Kontakt bleiben
Manchmal brauchen wir ein ganzes Leben, bis uns bewusst wird, dass es Gott, wie viel wir auch gesündigt und wie viele Fehler wir auch gemacht haben mögen, viel lieber ist, wenn er von uns hört, als wenn wir ihn meiden wie die Pest. So war das früher auch im Bankwesen.
Meine Frau und ich sind seit über vierzig Jahren bei derselben Bank in der High Street. Meine Güte, wie sich da die Dinge verändert haben! Bis vor zwei Jahrzehnten war der örtliche Bankfilialleiter noch viel autonomer und hatte viel bessere Chancen, annähernd so etwas wie ein Freund der Familie zu werden. Als meine Frau Bridget und ich in unseren von Armut gebeutelten Zwanzigern und frühen Dreißigern waren (im Gegensatz zu unseren von Armut gebeutelten frühen Sechzigern), hatten wir eine Reihe Nerven zermürbende Begegnungen mit freundlichen, großväterlichen Bankangestellten, die uns mit Strenge oder Ermutigung begegnen konnten, je nachdem, wie es der Anlass (oder unsere grauenhaft schlampig geführten Finanzen) erforderten. Bridget weinte dabei oft, was sich immer als nützlich erwies, während ich mich mit angemessener Reue und Bußfertigkeit in einem bühnenreifen langsamen, ernsthaften Nicken übte.
Diese hilfsbereiten Herren trugen uns unweigerlich immer wieder denselben Gesichtspunkt vor. Irgendetwas lässt sich immer arrangieren, solange Sie mit uns in Kontakt bleiben. Die Probleme mit unserem abgemagerten Bankkonto vergrößerten sich und wurden tatsächlich noch problematischer, wenn wir uns vor dem Thema versteckten und womöglich gar (oh, welche Schuldgefühle) einen anderen Weg durch die Stadt nahmen, nur, um nicht an der Bank vorbeizukommen. Jene etwas unbehaglichen Gespräche im Büro des Bankleiters führten immer zu einem Ergebnis, einem Plan, einem Weg vorwärts oder zumindest zu einer Erleichterung des Drucks der nahenden Katastrophe.
Wie gesagt, die Erfahrung lehrt, dass dasselbe für unsere Begegnungen mit Gott gilt. Solange wir in Kontakt bleiben, lässt sich irgendetwas arrangieren. Wenn ich weiß, dass ich kurz davor bin, einer Versuchung zu erliegen, dann tobt höchstwahrscheinlich gerade ein kleiner Kampf in mir. Wenn ich dann mit meinem Dilemma zu Gott oder zu einem seiner Repräsentanten gehe, entgeht mir vielleicht die Möglichkeit, mich voller Wonne in das zu stürzen, was mich da so verführerisch lockt. Andererseits ist da ein Teil von mir, der wirklich ein gehorsames Kind Gottes sein möchte. Was soll ich tun? Nun, wie ein Freund mir einmal sagte, ist das Leben größtenteils ein Abwägen zwischen dem, was wir nicht wollen, und dem, was wir wirklich nicht wollen. Ob es mir passt oder nicht, wenn ich ehrlich in meine Seele hineinschaue, werde ich wissen, was was ist.
Stellen Sie sich also folgende Frage:Was würde Sie dazu bringen, den göttlichen Bankleiter besuchen zu wollen? Wäre es deshalb, weil er Sie liebt oder weil Sie ihn lieben? Und wo ist er? Vielleicht lassen wir uns hier ein bisschen zu sehr hinreißen. Schließlich ist Gottes Liebe doch ewig und unveränderlich. Macht es da wirklich etwas aus, wenn Sie sich seine Sichtweisen