Analytische Belletristik. Группа авторов
zugestand, bisweilen sprachliche Brutalität, zumal in Dichtungen? Mit dem dahergelaufenen Kerl war kein gut-bürgerliches Buch zu machen. Alles an ihm verdarb den Appetit.
In diesen Zusammenhang passt eventuell eine rezeptionsästetische Distanz, auf die Robert Jauß hingeweisen hat, auf die „Distanz zwischen Erwartungshorizont und Werk, dem schon Vertrauten der bisherigen ästhetischen Erfahrung und dem mit der Aufnahme des neuen Werkes geforderten «Horizontwandel».“ Bei einer Verringerung dieser Distanz, führt er weiter aus, „nähert sich das Werk dem Bereich der ‚kulinarischen‘ oder Unterhaltungskunst.“ (Vgl. Jauß, R., 1967, S. 177). Das Kulinarische an einem Buch, das unterhaltende Moment, der bürgerliche Genuss ist nur empfindbar, wenn bei der Aufnahme keine Herausforderung entsteht.
Ich muss einräumen, dass mir Geschmack ziemlich egal ist, philosophisch als auch belletristisch. In beiden Fällen lehne ich es ab, einen Vergleich mit einem Essen zu gestatten, weil andere Organe betroffen sind. Es mag sein, dass ein Lesen von einem Magendrücken begleitet wird, in Deutschland geht der Umgangsprache nach relativ vieles durch den Magen, doch falls Texte oder gar Bücher in Mägen landen würden, wäre bei der Aufnahme etwas schief gelaufen. Der rezeptionsästhetische Vergleich mit Kulinarischem ließe sich allenfalls noch als sozialpsychologischer bezeichnen, kaum einer weiteren Rede wert, allenfalls für ein Konsumgütermarketing!
Eine ästhetische Alternative wäre erforderlich, in deren Zentrum künstlerische Autonomie zum Tragen kommt, weit davon entfernt, sich bürgerlich, politisch oder durch ein vermeintliches ‚L’art pour l’art‘ vereinahmen zu lassen.
Diese Ausrichtung bereitet aufgrund umgangsüblicher zweckrationaler Orientierungen leicht Verständnisschwierigkeiten. Autoren und Verlage veröffentlichen für „meine“ oder „unsere Leser“, für „gesellschaftliche Veränderung“, für „ein professionelles Einkommen“, für „einen gesellschaftlichen Rang“ bzw. „Status“, für eine religiös anmutende …, doch Kunst ist nicht für. Die erhoffte Orientierung ginge fehl. Würde eine Differenzierung von Umgang und Kunst angestrebt werden, um Kunst überhaupt erst sprachlich zu ermöglichen, entfiele Zweckrationalität. Wie Kunst gesellschaftlich verwendet wird, ob zur Präsentation, zur Bildung, zur Kritik, zum politischen Kampf oder zur drogenverdächtigen Beweihräucherung bürgerlicher Schichten, wäre eine völlig andere Frage, am wenigsten eine ästhetische.
Die mit dem vorliegenden Band präsentierte analytische Belletristik maßt sich nicht an, Philosophie zu verdrängen, doch der Begriff kann verdeutlichen, dass der Einfluss aus der analytischen Philosophie (vgl. Pege., K., Hg., 2014) größer ist als aus einer tingelnden oder konservierenden Germanistik, die nach Meta-Orientierung sucht. Auch wird nicht angestrebt, die Germanistik zu ersetzen - die Essays und Gespräche des Bandes vollziehen lediglich einen Schnitt.
Literatur
* Jauß, R., 1967, Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft, Konstanz.
* Jessen, Jens, 23.11.2013, Dem Kosmos so nahe (Zeit-online).
* Pege., K., Hg., 2014, Analytische Philosophie? (eBook) Duisburg.
* Schröder, Ch., 09.01.2014, Im Abgrund ist’s gemütlich (Zeit-online).
* Stahl, E., 2013, Diskurs-Pogo. Über Literatur und Gesellschaft, Berlin.
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