Die Macht der Pharaonen. Peter W.F. Heller

Die Macht der Pharaonen - Peter W.F. Heller


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die in eine Längsrille des Schaftes eingesetzt und mit einer Lederumschnürung gehalten werden.

      Foto: Walther Wolf (1926)

      Zwischen der Ersten und der Zweiten Zwischenzeit tritt in Ägypten ein ganz besonderes Beil auf, welches sich durch eine langgezogene, symmetrische oder asymmetrische Klinge auszeichnet, die in eine Längsrille des hölzernen Schaftes eingesetzt ist.

      Überkreuzt ist eine Lederschnur um den Schaft und durch Löcher in der Klinge geführt, die feucht gewickelt wurde und durch das Zusammenziehen beim Trocknen für die nötige Festigkeit der Verschnürung und damit den sicheren Halt der Klinge sorgte (Abb. 48).

      Diese einfache Technik scheint sich so erfolgreich bewährt zu haben, daß auch „normale“ Klingen auf diese Weise angebracht wurden. Parallel zu diesem Beiltyp ist nach wie vor und bis zum Ende des Neuen Reiches das Ärmchenbeil (Abb. 49) mit den stark ausgeprägten Haken an den Enden des Klingenrückens im Gebrauch, wenn auch nicht mehr aus Feuerstein wie in der Naqada I Periode geschlagen, sondern aus Bronze gegossen.

      Die Frage nach dem Holz der Schäfte muß vorerst unbeantwortet bleiben, bis heute ist kein einziges der wenigen Originale in dieser Richtung untersucht worden, da entsprechende Analysen nicht zerstörungsfrei möglich sind.

      Merkwürdig mutet die Beilkeule an, eine Birnenkeule mit einer langgezogenen Beilklinge über oder unter dem Keulenkopf (Abb. 50), die nur aus Darstellungen des Königs beim „Erschlagen der Feinde“ bekannt ist, beispielsweise aus dem Totentempel Ramses‘ III. im westthebanischen Medinet Habu.

      Bislang ist solch eine Waffe noch nicht gefunden worden und so läßt sich der Verdacht nicht von der Hand weisen, daß es sich letztlich um ein Phantasieprodukt handelt; der Künstler könnte die „veraltete“ Keule mit dem „modernen“ Beil vereint haben.

      Abb. 49: Ärmchenbeilklingen

      Foto: Walther Wolf (1926)

      Ein Sonderfall sind die Prunkbeile, Waffen, die keine Waffen waren und deren ältesten Vertreter uns aus der Ersten Zwischenzeit vorliegen.

      Orientiert sind diese Beile (Abb. 51) überwiegend an den Gebrauchstypen des mittleren Alten Reiches.

      Die Klingenblätter sind in der Mehrzahl durchbrochen aus Bronze gegossen, die schmuckvollen Schäfte bestehen meist aus Holz, selten auch aus Bronze oder Silber. Daß es keine Kampfbeile waren, beweist sich allein schon durch die Aussparungen in der Klinge, welche diese für den Kampf viel zu instabil machte.

      Die Klingen wurden üblicherweise in eine entsprechend gearbeitete Längsrille des Schaftes eingelassen und mit einer aufwändigen Verschnürung aus Lederriemen gehalten.

      Prunkbeile waren keine Dekoration oder dienten der Zurschaustellung eines gehobenen Lebensstils, sondern wurden, gleich einem Orden, für herausragende militärische Leistungen verliehen. Doch anders als ein Orden konnte ein Prunkbeil auch den militärischen Rang ausweisen und in dieser Verbindung die Funktion eines Kommandostabes erfüllen.

      Nicht auszuschließen ist, daß diesen Beilen in Abhängigkeit vom in der Klinge dargestellten Motiv ein apotropäischen Charakter zugesprochen und sie im Krieg als Amulett mitgeführt wurden.

      Abb. 50: Beilkeulen

      Ihren Anfang als Amulett könnten auch die seit vordynastischer Zeit nachgewiesenen „Fliegenanhänger“ genommen haben, die seit dem Beginn des Neuen Reiches als Tapferkeitsauszeichnung verliehen wurden.

      Diese Anhänger sind stilisierte Nachbildungen von Fliegen aus mit Blattgold belegter Bronze, aus Gold oder aus Elfenbein, die am „Kopf“ als kleine Öse enden, was das Auffädeln und Tragen um den Hals an einer Schnur oder einer dünnen Kette nahelegt; die Flügelspanne bewegt sich zwischen etwa 1 cm und 3 cm, die Länge zwischen rund 1,5 cm und 5 cm (Abb. 52).

      Wahrscheinlich ging man in den Anfängen davon aus, Gleiches mit Gleichem vergelten und sich damit die Fliegen vom Leibe halten zu können.

      Abb. 51: Prunkbeile

      Foto: Walther Wolf (1926)

      Spätestens im Neuen Reich dürfte dieser Sinn jedoch längst vergessenen und neu interpretiert worden sein, eventuell in der Bedeutung, daß tapfere Soldaten wie die Fliegen über die Feinde herfallen.

      Es wundert ein wenig, daß „nur“ die Fliege als „Orden“ gewählt wurde, denn eine Plage, der die Ägypter nicht Herr werden konnten, waren die Mücken. Die alljährlichen Nilüberschwemmungen sowie die zahlreichen Sümpfe, verbunden mit dem warmen Klima, boten diesen Insekten hervorragende Lebensbedingungen.

      Abb. 52: Die Orden des alten Ägyptens: Fliegen.

      Das Pathologische Institut der Universität Turin besitzt eine Sammlung ägyptischer Schädel aus pharaonischer Zeit. Bei Messungen an diesen Schädeln wurde festgestellt, daß bei der Mehrzahl die Dicke der Kalotte stärker ausgeprägt ist, als bei vergleichbaren Schädeln anderer Kulturen. Eine Verdickung des Knochenmaterials an dieser Stelle ist ein untrüglicher Nachweis für eine chronische Erkrankung an Malaria, die von den weiblichen Anophelesmücken auf den Menschen übertragen wird.

      Das läßt eine Aussage Herodots in seinem Bericht über die Schlacht der siegreichen Perser 525 v. Chr. unter Kambyses gegen die Ägypter in einem neuen Licht erscheinen, war man doch bislang davon ausgegangen, daß hier die Phantasie dem Schriftsteller die Hand geführt hat20:

      Von den Bewohnern jener Gegend habe ich etwas höchst Wunderbares erfahren. Denn die Gebeine der in dieser Schlacht Gefallenen sind gesondert aufgeschichtet; auf der einen Seite liegen die Gebeine der Perser, wie sie begraben worden sind, und auf der anderen Seite die der Ägypter. Nun sind aber die Perserschädel so zart, daß man mit einem einzigen Steinchen ein Loch in sie werfen kann, während die der Ägypter so fest sind, daß man sie kaum mit einem großen Stein zerschmettern kann. Als Grund dafür gaben sie an – was mir auch sehr einleuchtet - daß die Ägypter gleich von Kindheit an ihren Kopf scheren, so daß der Kopf in der Sonne hart wird. Das ist auch der Grund, weshalb sie nicht kahlköpfig werden. Nirgends findet man so wenig Kahlköpfe wie in Ägypten. So also erklärt sich die Festigkeit der ägyptischen Schädel und dementsprechend auch die Zerbrechlichkeit der persischen …

      Mag seine Begründung für den „harten Schädel“ nicht zutreffen und seine Bezeichnung der „Perserschädel“ als „zart“ übertrieben sein, dokumentiert er doch erstmalig diese häufige Anomalie der ägyptischen Schädel21.

      Auch dem Mückenproblem selbst widmet Herodot seine Aufmerksamkeit22:

      Gegen die Mücken, die es in ungeheuren Mengen gibt, hat man folgende Schutzvorrichtungen. Im Oberland schützt man sich durch turmartige Schlafräume, zu denen man hinaufsteigt. Der Wind hindert nämlich die Mücken, hoch zu fliegen. Die Bewohner des Sumpflandes haben statt dieser Türme eine andere Einrichtung. Jeder ist da dort im Besitz eines Fischernetzes, das er bei Tage zum Fischen braucht. Das befestigt er bei Nacht rings an dem Lager, auf dem er ruht. Zum Schlafen kriecht er darunter. Schliefe er im Mantel oder unter einem Bettuch, so würden die Mücken hindurchstechen. Durch die Maschen zu dringen, versuchen sie aber gar nicht.

      Die „turmartigen Schlafräumen“, von denen Herodot schreibt, sind das Ergebnis einer Fehlinterpretation; gemeint ist vielmehr der auch heute noch in warmen Ländern geübte Brauch, auf den flachen Dächern zu schlafen. Dies schützt zwar nicht vor Mücken, welche durchaus hoch fliegen können, sondern in erster Linie vor Schlangen und Skorpionen. Auch die beschriebenen Fischernetze dürften kaum zum Fischen, sondern ausschließlich als Moskitonetze verwendet worden sein.

      Unter Sahure, dem zweiten Herrscher der 5. Dynastie, wird die Tradition der Expeditionen fortgesetzt.

      Auf


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