Chancenmanagement in der Krise. Gerhard Seidel

Chancenmanagement in der Krise - Gerhard Seidel


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man gute Vorbereitung!

      Als wir neulich in einem Vortrag diese Geschichte erzählten, meinte eine Teilnehmerin: „Ich werde dafür sorgen, dass in meiner Firma ein Workshop abgehalten wird, damit wir herausfinden, was zu tun ist. Dann können wir alle die Turnschuhe anziehen und der Konkurrenz in der Krise davonlaufen!“

      Offensichtlich hatte diese Anekdote (oder die Reaktion der Zuhörerin) die anderen sehr beeindruckt. Am Ende der Veranstaltung wurde ich mehrfach darauf angesprochen und ein weiterer Teilnehmer meinte: „Die Geschichte vom Bären, das war für mich das Beste von allem. Jetzt habe ich begriffen, worauf es ankommt. Ich muss ja nur besser sein als meine Konkurrenten, mehr nicht. Und soweit ich weiß, haben die sich auch noch nicht auf die mögliche Krise vorbereitet, geschweige denn notwendige Maßnahmen veranlasst und umgesetzt.“

      Wer einmal den Prozess des krisenrelevanten Chancenmanagements in seinem Unternehmen erlebt hat und erstaunt zur Kenntnis nimmt, wie das Team mit Kreativität und Engagement arbeitet, der stellt sich vielleicht die Frage, warum es erst einer potenziellen Krise bedarf, um das Unternehmen zukunftssicher zu machen. Die Ergebnisse, die in solchen Workshops erzielt werden, sind erstaunlich. Aber noch bemerkenswerter ist, dass immer ein Ruck durch die Mannschaft geht und eine Aufbruchsstimmung entsteht, die in der Regel ausreicht, um die kommenden Aufgaben zu bewältigen.

      Das Kapitel heißt: „Wissen um Krisen“. Zum Schluss möchte ich noch auf einen Aspekt hinweisen, der mir sehr am Herzen liegt:

      Wir sind ja nicht nur Unternehmer, sondern auch Privatpersonen – vielleicht Familienväter mit Kindern und Enkeln, Menschen mit einem persönlichen Umfeld, wo die Krise auch ihre Spuren hinterlassen kann.

      In den letzten Jahren habe ich mich immer wieder gefragt, ob unsere Kinder und Enkel überhaupt eine Chance haben, einmal in dem Wohlstand zu leben, den wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben. Das Ergebnis meiner Überlegungen: Nein, die Chance werden sie nicht haben. Die Erblast, die wir ihnen hinterlassen, ist zu groß, wie sich leicht ausrechnen lässt. Die Weichen wurden in den letzten Jahrzehnten gestellt und der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass die zukünftigen Generationen dafür büßen müssen, dass wir die Zeche geprellt haben.

      Als man die staatliche Schuldenbremse diskutierte, dachte ich, die da oben hätten es endlich begriffen und fühlten sich den kommenden Generationen gegenüber verantwortlich. Doch es war wieder einmal nichts als heiße Luft – eine Beruhigungspille für die ängstlichen Bürger oder für verantwortungsbewusste Eltern. Denn wenn man diese Selbstverpflichtung erst im Jahre 2016 bzw. 2020 in Kraft setzt und gar nicht so richtig darstellt, was unter „Schulden machen“ fällt und was nicht, kann man sich ungefähr vorstellen, wie hoch dann die Schuldenlast sein wird.

      Wir vergessen oft, dass der Staat eine Fiktion ist, eine virtuelle Organisation, die weder Vermögen noch Geld besitzt. Diese Organisation verwaltet das Vermögen der Bürger, und wenn der Staat Geld braucht, weil er Aufgaben – egal ob für Schulen, Straßen oder Bundeswehr – zu bewältigen hat, dann muss er sich das von seinen Bürgern besorgen.

      Das ist so ähnlich wie mit den Banken und den Versicherungen. Als ich neulich meine Söhne vom Bahnhof in Frankfurt abholte, fragte mich Felix: „Sag mal, Papa, wem gehören eigentlich diese Hochhäuser?“ Meine Antwort: „Den Banken, Versicherungen und sogenannten Fonds.“ Darauf meinte er: „Die müssen aber viel Geld haben, oder?“ Ich: „Nein, die haben überhaupt kein Geld, nur das von ihren Kunden!“ Das hat ihn ziemlich verwirrt, aber ihm die Zusammenhänge zu erklären, wäre ähnlich schwierig gewesen wie die finanzpolitische Situation der Bundesrepublik.

      Nein, unsere Kinder haben keine Chance. Wir leben über unsere Verhältnisse und bürden den zukünftigen Generationen die Lasten auf. Ob sie diese tragen können? Wenn sie gute Startbedingungen haben, vielleicht, doch wie es momentan aussieht, wohl kaum. Wir haben ihnen, anders als unsere Eltern uns, nicht den Weg in eine bessere Zukunft vorbereitet.

      Eine Karikatur brachte es neulich auf den Punkt: Ein Großvater geht mit seinem Enkel einkaufen. Der Laden heißt „Wohlstand“ und beim Rausgehen ruft der Opa dem Verkäufer zu: „Schreiben Sie es an, wie immer, mein Enkel wird es irgendwann bezahlen!“ Im Gesicht des Kindes steht das blanke Entsetzen!

      Wir leben auf Kosten unserer Kinder und Enkel, denn ein Staat kann keine Schulden machen. Das kann er nur im Namen seiner Bürger, die er verpflichtet, für diese Schulden einmal aufzukommen und sie zurückzuzahlen. Sei es in Form von Steuern und Abgaben oder durch andere Möglichkeiten, auf jeden Fall geht dies zu Lasten des privaten Vermögens.

      All dies ist eine ziemliche Unverschämtheit von uns! Warum muten wir unseren Nachkommen zu, dass sie die Suppe auslöffeln, die wir ihnen eingebrockt haben? Unsere Kinder werden genug Probleme mit den von uns ebenfalls verursachten Klimaveränderungen, dem Rohstoffmangel oder den Auswirkungen der Globalisierung haben. Ist es wirklich notwendig, dass wir als Zechpreller in die Geschichte eingehen und unsere unbezahlten Rechnungen vererben?

      Nun gibt es einige ernstzunehmende Experten, die nicht befürchten, sondern darauf hoffen, dass als einziges probates Mittel eine umfassende Währungsreform die Lösung ist. Es wird einfach eine „Null“ weggestrichen, wir haben nicht mehr 100.000 Euro Vermögen, sondern nur noch 10.000. Alles ist (fast) wieder im Lot. Wir hätten unsere Schulden bezahlt und alles finge wieder von vorn an. Der Staat (wer immer es auch ist) könnte zwanzig oder dreißig Jahre weitermachen wie bisher und unsere Nachkommen hätten faire Startchancen. Es braucht nur einen Anlass für eine Währungsreform, der dazu berechtigt, diesen dramatischen Schritt zu gehen. Doch auch diesen sehen die Experten schon am Horizont, ich nenne es das Wetterleuchten der Währungsreform.

      Anlässe können das Defizit von über zig Billionen in den USA sein, EU-Länder, die eigentlich schon pleite sind, oder die Tatsache, dass es einfach von unserem Staat nicht mehr finanziert werden kann, was die Banken, Unternehmen, Länder oder Gemeinden an finanziellen Mitteln benötigen, um zahlungsfähig zu bleiben.

      Ich schließe mich der Meinung dieser Experten an. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Solange die Politiker dann vom Sparen sprechen, wenn sie mal weniger Schulden machen als geplant, ist mir um die Zukunft meiner Kinder und Enkelkinder angst und bange. Denn die Situation erinnert mich an den Witz, dass einer aus dem zwanzigsten Stock fällt und beim Abstürzen, als er am zehnten Stock vorbeikommt, denkt: Eigentlich ist doch gar nichts passiert, es geht noch immer vorwärts.

      Es gibt zurzeit eine grundsätzliche Haltung der politischen Wirtschaftsexperten: Bei der Beurteilung der aktuellen Situation und erst recht bei dem, was wahrscheinlich kommen wird, sind sie hoffnungsvoll und vertrauensselig optimistisch. Das kommt an! Wenn der gesunde Menschenverstand einem etwas anderes signalisiert, wird man schnell als Schwarzmaler bezeichnet, der alles kaputtredet. Solche Amateur-Experten sind zurzeit nicht beliebt.

      Vielleicht ist auch Ihnen inzwischen aufgefallen, dass man nur das zugibt, was nicht mehr zu verheimlichen ist. So wird das europäische negative Wirtschaftswachstum von Monat zu Monat immer größer. Waren das noch Zeiten, als der Finanzminister der EU (oder wie immer er/sie sich nennt) den besorgten Bürger klarmachte: „Europa ist gut aufgestellt, wir halten eine wesentliche Korrektur unserer Prognosen zurzeit nicht für notwendig.“ Doch das ist schon ziemlich lange her.

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