101 Fragen zur mandantenorientierten Honorargestaltung. Stefan Lami
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In den überwiegenden Fällen von gewünschten Preisnachlässen handelt es sich um versteckte Servicebeschwerden. Sagt der Mandant, dass ihm Ihre Leistung zu teuer ist (bzw. war), dann stellt sich immer die Frage: „Zu teuer, im Verhältnis wozu?“ Und das ist eben oft die zugrunde liegende Dienstleistung. Versuchen Sie daher zu Beginn des Gesprächs herauszufinden, ob der Mandant mit der Art und Weise der Dienstleistung unzufrieden ist, oder ob es sich tatsächlich nur um die Höhe des Honorars dreht. Lesen Sie dazu auch die Antwort auf die Frage 83.
In vielen Fällen wird der Wunsch nach einem Preisnachlass mit einem Vergleichsangebot eines anderen Steuerberaters begründet. Mandanten treffen dann etwa folgende Aussagen: „…eigentlich bin ich schon zufrieden, aber Ihr Kollege macht die Buchhaltung um 25 % billiger und in Zeiten wie diesen, muss ich auf jeden Euro schauen …“ oder „… es ist eigentlich alles in Ordnung, aber 25 % Differenz zu Ihrem Honorar sind einfach zu viel …“.
Derartige Aussagen sind eine besondere Herausforderung. Um sie zu bewältigen, ist es eine gute Idee, strukturiert an die Sache heranzugehen.
Der erste Schritt ist, sich klarzumachen, dass jeder Mandant Angst davor hat, ausgenützt zu werden. Niemand mag das Gefühl, zu viel für etwas bezahlen zu müssen. Das Schlechteste, was man daher tun kann, ist, den Preis ohne Weiteres zu reduzieren, denn dann hat der Mandant die Sicherheit, dass er bisher ausgenutzt wurde.
Der zweite Schritt ist, dem Äpfel-Birnen-Problem auf den Grund zu gehen. Damit ist gemeint, die beiden Angebote zu vergleichen. Sind die angebotenen Leistungen überhaupt vergleichbar? Geht das Konkurrenzangebot von den gleichen Parametern aus? In vielen Fällen klärt sich bei diesem Schritt schon der Großteil der Unterschiede auf. Vielleicht ist es einfach auch notwendig, Teile Ihres Angebots zu reduzieren, dann ist auch ein Preisnachlass gerechtfertigt.
Im dritten Schritt sollten Sie die Qualität überprüfen. Da der Mandant die fachliche Qualität so gut wie gar nicht beurteilen kann, ist diese Analyse nicht so leicht. Aber es finden sich trotzdem Ansatzpunkte, wie z. B. das Vorhandensein und die Verständlichkeit der betriebswirtschaftlichen Analyse bei Finanzbuchhaltung und Jahresabschluss, die Schnelligkeit und die Termintreue. Sie können die Höhe der Nachzahlungen bei den vergangenen Betriebsprüfungen ansprechen, die Qualifikation der Mitarbeiter vergleichen, u. v. m.
Sollte der Mandant immer noch nicht die Vorteile Ihres Angebots erkennen, verbleibt als vierter Schritt der Vergleich der Kostenstruktur zum Konkurrenten. Erklären Sie dem Mandanten dabei in groben Zügen Ihre Kostenstruktur und versuchen Sie herauszufinden, ob Ihr Konkurrent über eine ähnliche Kostenstruktur verfügt. Falls ja, bedeutet das, dass das Vergleichsangebot auf Dauer nicht gewinnbringend für den Konkurrenten sein kann und die große Gefahr besteht, dass er die Preise daher sehr rasch wieder anheben wird. Stellen Sie dem Mandanten dabei die Frage, ob er in diesem Fall wieder bereit ist, sich einen neuen (wiederum günstigeren) Steuerberater zu suchen. Falls dem so ist, und der Mandant die (versteckten) Kosten eines Steuerberaterwechsels nicht scheut, dann ist es wahrscheinlich das Beste, sich von diesem Mandanten zu trennen.
Preise sollten grundsätzlich nie ohne spezifische Begründung reduziert werden. Unbegründete Preisnachlässe infolge einer Beschwerde des Mandanten belasten die Mandantenbeziehung. In besonderen Situationen sind Preisnachlässe allerdings angebracht und sie bieten Chancen:
Wenn es darum geht, mehr Geschäft mit dem Mandanten machen zu können. Das typische Beispiel dafür ist, wenn der Mandant ein Unternehmen kauft und sich daher der Buchungsumfang oder die Mitarbeiterzahl erhöht. In diesem Fall sind geringere Preise für die Buchungszeile bzw. die Dienstnehmerabrechnung sinnvoll. |
Wenn es um Aufträge geht, die Ihnen ein neues Geschäftsfeld eröffnen. |
Wenn der Mandant in der Krise ist, und Sie ihm durch (befristete) Preisnachlässe in dieser schwierigen Zeit helfen möchten (siehe dazu auch Frage 84). In diesem Fall sollten Sie aber immer Ihre normalen Preise auf der Honorarnote als Information anführen. Eine interessante Option in diesem Fall ist auch die Vereinbarung, dass der Mandant die erhaltenen Preisnachlässe wieder bezahlt, sobald er sich wirtschaftlich erholt hat (das ist ein Ansporn für Sie, alles dafür zu tun, dass das auch geschieht). |
Hinweis
Preisgespräche bedeuten immer, dass auch über Ihre Leistungen und (indirekt) über Ihre Beziehung zum Mandanten gesprochen wird. Gut vorbereitete und professionell durchgeführte Leistungs- bzw. Preisgespräche sind ein wirkungsvolles Instrument für mehr Vertrauen und eine noch bessere Mandantenbeziehung. Sie sind das beste Mittel gegen Preisdumping von Kollegen!
19. Auf welche Emotionen des Mandanten im Zusammenhang mit dem Honorar muss ich achten?
Emotionen spielen in jedem Kaufprozess eine wichtige – wenn nicht die wichtigste – Rolle. Kaufentscheidungen werden oft „aus dem Bauch heraus“ getroffen und nachher rationalisiert, d. h. mit guten Argumenten begründet. Den Kaufprozess zu verstehen, bedeutet, die Gefühle des Käufers zu verstehen. Mandantenorientierte Honorargestaltung beinhaltet, die Honorargefühle des Mandanten zu kennen und darauf passend zu reagieren.
Im Wesentlichen sind es vier Emotionen, die bei jedem Mandanten und bei jeder Auftragserteilung, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung, vorkommen:
1. Honorarunsicherheit |
Honorarunsicherheit lässt sich durch Honorarvereinbarungen im Vorhinein fast vollständig vermeiden. Solange Sie nicht im Vorhinein das Honorar klären, haben Sie keine Chance, dem Mandanten sein unsicheres Gefühl in Bezug auf das Steuerberatungshonorar zu nehmen. Sie verlieren damit auch die Chance, auf die anderen drei Honoraremotionen zu reagieren. |
Die Möglichkeit, auf Honoraremotionen professionell reagieren zu können, ist daher ein weiterer Grund, Honorare immer im Vorhinein zu vereinbaren (neben vielen weiteren Gründen, die ich an anderer Stelle schon mehrfach genannt habe).
2. Honorarwiderstand |
Darunter versteht man den sprichwörtlichen „Preisetiketten-Schock“, den man spürt, wenn man z. B. in einem Kaufhaus den Blick auf das Preisetikett eines wirklich hochwertigen, tollen und interessanten Artikels wirft. Mit dieser Honoraremotion ist man immer konfrontiert. Sie ist eine vollkommen natürliche Reaktion. |
Der Honorarwiderstand des Mandanten ist leicht zu erkennen, da er immer am Beginn der Auftrags- bzw. Honorarverhandlungen zu Tage tritt. Der beste Weg, Honorarwiderstand zu verringern oder ganz zu beseitigen, ist, den Wert und Nutzen Ihrer Leistung ausreichend und umfassend darzustellen.
Der Honorarwiderstand in Form des „Preisetiketten-Schocks“ ist, konsequent gedacht, eine „gesunde“ Emotion. Durch das Aussprechen Ihres (hohen) Honorars erkennen Sie, ob der Mandant bereit ist, den Wert Ihrer Leistung zu schätzen. Tut er das nämlich nicht, stellt sich die Frage, ob Sie den Mandanten betreuen bzw. den Auftrag annehmen sollten.
3. Honorarunbehagen |
Nach der Vereinbarung eines Fixhonorars besteht beim Mandanten die Sorge, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. So ergeht es jedem Käufer, der eine Kaufentscheidung größeren Umfangs getroffen hat. Die vielen Werbeeinschaltungen der führenden Automarken zielen vor allem auf bestehende Kunden ab, die durch die Anzeigen in ihrer bereits getroffenen Kaufentscheidung bestärkt werden sollten. |
Dem möglichen Honorarunbehagen Ihrer Mandanten nach einer Fixhonorar-Vereinbarung können Sie am besten dadurch begegnen, indem Sie sich nach der Auftragserteilung besonders um den Mandanten kümmern, ihn von sich aus kontaktieren, ihm vermitteln, dass Sie sich anstrengen und er die richtige Entscheidung getroffen hat. Eine Zufriedenheitsgarantie (siehe Frage 96) ist ein weiterer Baustein, um das Honorarunbehagen des Mandanten nach der Auftragserteilung