101 Fragen zur mandantenorientierten Honorargestaltung. Stefan Lami
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Und zweitens, indem Sie dem Mandanten sagen „dann ist es mir nicht gelungen, Ihnen den Wert unserer Leistungen darzustellen. Darf ich Ihnen die Vorteile noch einmal schildern …“ In allen Ihren Reaktionen sollte der Mandant erkennen, dass Sie sich das Honorar sehr gut überlegt haben und dazu stehen. |
Eine andere Art der Selbstsicherheit gewinnen Sie und Ihre Mitarbeiter durch strukturierte und mit Preisen versehene Dienstleistungsangebote bzw. Honorarrechner. Preise, die festgeschrieben sind, werden weniger verhandelt als Preise, die für den Mandanten nicht nachvollziehbar sind. Denken Sie nur an die Damen an der Rezeption des Wellnessbereichs eines Hotels. Mit welcher Sicherheit „verkauft“ diese Mitarbeiterin Dienstleistungen, die oft deutlich über dem Stundensatz eines Steuerberaters liegen. Ihr gelingt dies auch deswegen, weil es eine gedruckte Preisliste für die Leistungen gibt. Ohne viel von Kostenrechnung zu wissen, spricht diese Dame selbstsicher von den angebotenen Leistungen.
Die dritte Komponente der Selbstsicherheit ist, dem Mandanten einfach mehr Fragen zu stellen. Nur so gewinnen Sie Einblicke in die Wertvorstellungen Ihres Gegenübers. Ich empfehle sogar einen Fragebogen zur Vorbereitung auf das Erstgespräch und einen Fragebogen über die Erwartungen des bestehenden Mandanten. Beide Fragebögen finden Sie im Downloadbereich meiner Homepage www.stefanlami.com. Das Wissen über die Vorlieben, Anliegen und bisherigen Erfahrungen des Mandanten gibt Ihnen die Sicherheit, das für ihn passende Angebot und damit zusammenhängende Honorar festzulegen.
13. Warum reicht es nicht aus, einfach nur gute Arbeit zu leisten?
Gute Arbeit wird vom Mandanten vorausgesetzt; sie ist quasi die Eintrittskarte, um überhaupt mitspielen zu können, d. h. als Berater in Frage zu kommen. Kurzfristig mag man mit schlechter Qualität ein gutes Stück weit durchkommen. Auf längere Sicht verlieren Sie damit als Steuerberater im Markt jegliche Berechtigung. Neue Mandate werden rar und bestehende Mandanten werden Sie verlassen.
Wer absolut außergewöhnliche Leistungen erbringt, braucht sich um Honorargestaltung tatsächlich weniger intensive Gedanken zu machen. Wenn Sie es, ähnlich einem exzellenten Restaurant, geschafft haben als „Geheimtipp“ gehandelt zu werden, Ihre Kanzlei von einem attraktiven Mandanten zum nächsten weiterempfohlen wird, Mandanten bei Ihrer Kanzleitür Schlange stehen und Besprechungstermine Monate im Vorhinein vereinbart werden müssen, dann rücken die Methoden der mandantenorientierten Honorargestaltung in den Hintergrund. Hier ist der Mandant einfach nur froh – oder sogar stolz darauf – von Ihnen betreut zu werden und akzeptiert so gut wie jedes Honorar. Derartige Kanzleien sind dünn gesät. Und selbst diese Kanzleien beschäftigen sich mit mandantenorientierter Honorargestaltung, eben weil sie mandantenorientiert sind, aber auch, weil sie wissen, dass der Wert einer Dienstleistung am höchsten ist, bevor sie ausgeführt wird.
14. Wie vermeide ich das unangenehme Gefühl vor dem Honorargespräch?
Wie lange muss sich ein Berufsstand hinter einer gesetzlichen Preisregulierung versteckt haben bzw. wie viele Jahre wurde die Honorarfrage an eine Gebührenordnung delegiert, dass es eine derartige Frage geben kann?
Über den Preis zu sprechen, ist eines der natürlichsten Dinge im Wirtschaftsleben. Den Preis auszublenden, auszuklammern oder ihn umgehen zu wollen ist abnormal und ungewöhnlich. So wie es die Aufgabe jedes Geschäftsführers ist, die für sein Unternehmen notwendigen Leistungen zum bestmöglichen Preis einzukaufen, so ist es Ihre Aufgabe als Unternehmer, die für den Mandanten passenden Leistungen zum optimalen Preis zu verkaufen.
Ich spreche hier von Preisoptimierung und nicht von Maximierung. Optimierung bedeutet, den Interessen aller Beteiligten langfristig gerecht zu werden. Dass beim Preis gegensätzliche Interessen zwischen Verkäufer und Käufer vorliegen, liegt in der Natur der Sache. Genau diese gegensätzlichen Interessen sollten durch die Leistungs- und Preisfestlegung aus dem Weg geräumt werden.
Betrachtet man den psychologischen Aspekt der Frage, gelangt man schnell zur daran anschließenden Frage: „Woher kommt denn das unangenehme Gefühl vor dem Honorargespräch?“.
Eine erste Antwort darauf kann sein, dass die Honorarfrage einfach von vielen Kollegen zu persönlich genommen wird, die Absage des Mandanten als persönliche Niederlage empfunden wird.
Unangenehme Gefühle, wie Unsicherheit oder Angst, kommen aus der Erfahrung. Eben, weil man das eine oder andere Mal eine schlechte Erfahrung gemacht hat, nimmt man dieses unangenehme Gefühl dauerhaft mit. Das Fatale daran ist, dass derartige Gefühle selbstverstärkend sind. Das Gegenüber merkt Ihr Unbehagen, nützt das in einer gewissen Art und Weise auch aus, was wiederum Ihre eigene, bereits vorhandene, Einschätzung bestärkt und festigt.
Mit der Anwendung der Methoden mandantenorientierter Honorargestaltung kann sich diese unangenehme Ausgangssituation vollständig wandeln. Eine ausgezeichnete Vorbereitung auf das Honorargespräch (siehe die Fragen 44 und 66), kombiniert mit einem klaren Denken über Honorare, bei Vorliegen eines strukturierten Preismodells (für abrechnungsorientierte Leistungen) bzw. der Auswahl der richtigen Honorarmethode (für wissensorientierte Leistungen) lassen Honorargespräche deutlich leichter und besser gelingen.
Diese positiven Erfahrungen sind natürlich auch selbstverstärkend. Ihr Gegenüber wird Ihre positive Einstellung spüren und entsprechend, z. B. anerkennend, reagieren. Damit setzen Sie eine Entwicklung in Gang, deren Ende ist, dass Sie sich auf das nächste Honorargespräch freuen. Selbst wenn Sie dies im Moment nicht wahrhaben können, so kenne ich doch eine Reihe von Kollegen, die mir von genau dieser Reihenfolge erzählten.
15. Wir sind jedes Jahr froh, wenn wir alle anstehenden Aufträge geschafft haben. Warum sollte ich mich in dieser Situation mit der Honorargestaltung beschäftigen?
Viele Kanzleien „beklagen“ sich über die seit Jahren existente Vollauslastung. Eine derartige Konstellation ist komfortabel und bequem. Sie überdeckt mögliche Risiken, die meist nur schleichend schlagend werden. Dauerhaft an der Kapazitätsgrenze zu arbeiten, birgt die Gefahr, vorhandene Ergebnispotenziale nicht zu realisieren, Mandantenzufriedenheit zu vernachlässigen, Entwicklungen zu versäumen, sich selbst zu verausgaben und zu hohen Druck auf die Mitarbeiter aufzubauen. Einfach ausgedrückt spreche ich von: „Zu viel arbeiten, für die falschen Mandanten, für zu kleines Geld!“.
Ich empfehle Kanzleien eine leichte Überkapazität. Also immer über etwas mehr Ressourcen zu verfügen, als es unbedingt für die termingerechte Abarbeitung aller Aufträge notwendig ist. Diese delikate Balance ist eine große Herausforderung an die Kanzleiführung. Sie kann durch produktiveres Arbeiten und/oder gleichzeitige Neueinstellung von Mitarbeitern erreicht werden. Die sich aus einer leichten Überkapazität bietenden Chancen sind enorm: Sie erkennen Beratungspotenziale bei Ihren Mandanten, Sie können innovative Ansätze für die Mandantenprobleme entwickeln, Sie verfügen über die notwendige Zeit für Mitarbeiterführung, Sie können auf Anfragen deutlich schneller und professioneller reagieren.
Die Beschäftigung mit der Honorarpolitik hat in Phasen der Vollauslastung eine reinigende Steuerungsfunktion. Sie werden Antworten auf die folgenden Fragen erhalten: Arbeitet die Kanzlei für die richtigen Mandanten? Sollte sich die Kanzlei von bestimmten Aufträgen trennen? In wie weit könnten die Honorare angehoben werden, ohne dass die Kanzlei Mandate verliert?
Hinweis
Wer an einer dauerhaft erfolgreichen Kanzleientwicklung interessiert ist, kommt gerade in Phasen der Vollauslastung nicht um eine intensive Beschäftigung mit der Honorargestaltung herum.
16. Immer öfter erhalte ich E-Mails, in denen ein Angebot für Steuerberatungsleistungen gewünscht wird. Wie sieht in dieser Situation die ideale Vorgangsweise aus?
Den Trend, dass immer öfter Angebotsanfragen per E-Mail in die Kanzleien kommen,