Speisenmanagement in der Sozialverpflegung. Wilfried von Eiff
In die Studie eingeschlossen waren auch den Krankenhäusern zugehörige Ernährungsexperten, Küchenberater und Speisenanbieter.
Vier Befragungs-Cluster wurden gebildet: Krankenhäuser bis zu 300 Betten, mittlere Krankenhäuser, 300 bis 600 Betten in ländlichen Gebieten, Krankenhäuser in Ballungsgebieten und Maximalversorger sowie Universitätskliniken.
Die Studie wird zukünftig in verschiedenen Schwerpunktbereichen vertieft: Patientenzufriedenheit, Herstellerangebote, Marktentwicklung.
Die Datenerhebung erfolgte auf Basis strukturierter Interviews, eines anonymisierten Fragebogens und ergänzender Interviews, wobei der Fragebogen als Leitfaden benutzt wurde. Der Fragebogen wurde auf der Grundlage einer Vorstudie (an 22 Patienten sowie 3 Krankenhaus-Geschäftsführern) entwickelt. Um die Meinungsbilder und individuellen Präferenzen zu erfassen, wurden die Antwortmöglichkeiten teilweise auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) abgebildet und teilweise auf Basis der Kano-Abfragetechnik erfasst; offene Fragen komplettierten den Fragebogen. Ziel war es, Zusammenhänge zwischen Patientenzufriedenheit und ausgewählten Leistungsmerkmalen in folgenden Leistungsbereichen zu erkennen:
• Verpflegungsqualität (Auswahl, Geschmack, Temperatur)
• Organisationsqualität (Flexibilität, Pünktlichkeit, …)
• Ambiente/Zimmerausstattung
• sonstige Einflüsse (Besteck, Geschirr, Hygiene/Sauberkeit, …)
Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS, die Überprüfung der Datengüte anhand von Chi-Quadrat-Test und Cronbachs Alpha. Ermittelt wurden Mittelwert und Standardabweichung. Die Bestimmung der einzelnen Merkmale wurde mithilfe bivariater Analysemethoden durchgeführt (partielle Korrelation; Regressionsanalyse).
Darüber hinaus wurden eine Wichtigkeits-/Zufriedenheit-Matrix sowie ein Importance-Grid mit den Daten der Leistungsmerkmale entwickelt. Die Ergebnisse aus den offenen Fragen sowie die Informationen aus den Interviews dienten als empirische Grundlage für die Bestimmung des „Cut-off Points“, der es ermöglicht, die verschiedenen Leistungsmerkmale im Hinblick auf ihre Bedeutung zur Bildung einer Patientenmeinung gegeneinander einzugrenzen.
Glossar Methodik
Kano-Technik (nach Prof. Noriaki Kano; Universität Tokio): Erhebungstechnik, um festzustellen, welche Leistungsmerkmale eines Produktes den Kunden lediglich zufrieden stellen, Begeisterung hervorrufen oder sogar zur Unzufriedenheit beitragen. Diese drei Kategorien haben erhebliche Bedeutung für die Weiterempfehlungsbereitschaft und die Markentreue von Kunden.
Likert-Skala: Skalierungsverfahren zur Messung persönlicher Einstellungen, die mittels sog. „Items“ abgefragt werden. Beispiel: „Das Speisenangebot ist abwechslungsreich“, mögliche Ausprägungen: Trifft eher zu; trifft eher nicht zu; weder/noch.
Prioritätenmatrix (Importance Grid): Beurteilung von Leistungsmerkmalen eines Angebots auf Basis von Wichtigkeit aus Sicht des Patienten und gleichzeitig unter dem Aspekt der tatsächlichen Erfahrung, die der Patient mit den Leistungsmerkmalen gemacht hat.
Beispiel: Eine Leistung, die vom Krankenhaus besonders effizient und kundenwirksam erbracht wird, aber vom Kunden nicht direkt wahrgenommen wird (z. B. reibungslose Organisation) ist eine Null-Stärke. Wird diese Leistung jedoch vernachlässigt und es kommt zu Wartezeiten, wird daraus schnell eine Kernschwäche.
Werte-Radar: Vom Autor entwickeltes vergleichendes Prioritätenprofil unter Verwendung mehrerer Beurteilungskriterien auf Basis subjektiver Einschätzungen.
Abb. 16: Das Patientenkollektiv der CKM-Studie zur Speisenversorgung in Krankenhäusern.
Ergebnisse der CKM-Studie
• Jeder vierte befragte Patient (26 %) ist der Meinung, das Abendessen werde zu früh gestellt (siehe Abb. 17);
Abb. 17: Zufriedenheit mit den Essenszeiten.
• 42 % der Patienten verpassen ein Essen aufgrund organisatorischer Prioritäten des Behandlungsbetriebs (z. B. Untersuchung, Störung aufgrund der Behandlung von Mitpatienten auf dem Zimmer); 74 % dieser Patienten erhielten eine Ersatzmahlzeit;
• 9 % der Patienten waren nach dem Essen hungrig und erhielten keine weiteren Speisen;
• 10 % der Patienten ersetzten oder ergänzten das Krankenhaus-Essen durch Nahrung aus der Cafeteria;
• 28 % erhielten das Essen zumindest gelegentlich lauwarm oder kalt serviert, 3 % beklagten regelmäßig kaltes bzw. lauwarmes Essen;
• mindestens 30 % der Patienten sind von nicht eingehaltenen Hygienestandards in der Speisenversorgung betroffen;
• fast 20 % der Patienten sind an hochwertigen Speisen interessiert;
• Patienten sahen sich durch mangelhafte Speisenqualität veranlasst, für eine selbstständige und selbst finanzierte Speisenversorgung zu sorgen;
• nur 10 % sind bereit, für besonders hochwertige Menüs einen Aufpreis zu bezahlen, wobei sich die Zuzahlungsbereitschaft in den Grenzen von 1,– bis 10,– Euro pro Mahlzeit bewegt (maximale Obergrenze liegt im Durchschnitt bei 3,86 Euro, siehe Abb. 18)
Abb. 18: Patienteninteresse an Feinschmeckermenüs und Zahlungsbereitschaft.
• 42,5 % der befragten Patienten beurteilen ihren Klinikaufenthalt mit „sehr gut“ oder „ich bin begeistert“.
• 12,8 % bewerten die Versorgung mit Speisen und 18 % der Befragten die Getränkeversorgung als „sehr gut“ oder „ich bin begeistert“ (siehe Abb. 19)
Abb. 19: Gesamtzufriedenheit mit Speisen- und Getränkeversorgung.
Überträgt man die Ergebnisse der CKM-Studie in die Systematik einer Prioritätenmatrix, so wird deutlich, dass Zimmerausstattung und Geschmack des Essens zu den Begeisterungsfaktoren gehören, durch die Loyalität und Weiterempfehlungsbereitschaft ausgelöst werden. (siehe Abb. 20 und 21). Als Erfolgsfaktor sind Diätassistentinnen auf Station zu identifizieren. Die Existenz von beratenden Diätassistentinnen wird als Kernstärke wahrgenommen, deren Fehlen als Kernschwäche. Diätassistentinnen vermitteln das Gefühl der „Patientennähe“, des „Sich-Kümmerns“, wodurch der Wunsch nach „Information“ und des „Eingehens auf individuelle Bedürfnisse“ erfüllt wird.
Abb. 20: Bedürfnispyramide
Abb. 21: Die Leistungen eines Krankenhauses müssen mit den Erwartungen des Patienten konfrontiert werden. Daraus lassen sich strategische Konsequenzen und Handlungsschwerpunkte ableiten. Das Nicht-Vorhandensein von Diätassistentinnen oder der Verzicht auf eine reibungslose Organisation stellt sich als Kernschwäche heraus.
1.3.2 Sicht des Krankenhaus-Managements
Die Befragung von 42 Krankenhaus Geschäftsführern erfolgte auf einem Fachkongress mit Hilfe eines Fragebogens. Der Fragebogen setzte sich aus fünf Fragen zusammen aus den Bereichen: Zubereitungsverfahren, Convenience-Grad, Patientenzufriedenheit, Budget der Speisenversorgung und Beschwerden über Speisenqualität.
Schaut man zunächst auf die in den Häusern der Befragten angewendeten Speisenzubereitungsverfahren, so zeigt sich, dass
• 55 % der Befragten in