Speisenmanagement in der Sozialverpflegung. Wilfried von Eiff
vorgesetzt, die bereits auf weit unter 70° Celsius abgekühlt sind und ihre biologische Konsistenz verändert haben. Erwiesen ist auch, dass Speisen, die nach Cook-and-Freeze oder Sousvide-Verfahren regeneriert wurden, einen höheren Vitamingehalt aufweisen als Speisenprodukte jeder anderen Regenerationsform. Auch die Meinung: „Eine krankenhauseigene Küche lässt sich kostengünstiger betreiben“, gilt als widerlegtes Vorurteil. Da bei Cook-and-Freeze für das Krankenhaus praktisch kein Ausschuss anfällt und eine nahezu unbegrenzte Speisenvielfalt möglich ist, ist es sowohl auf der Kostenseite wie auch im Hinblick auf das Patientenmarketing jeder anderen Regenerationsform überlegen.
„Die krankenhauseigene Küche ist investitions- und kostenintensiver als jede andere Regenerationsform: Sie ist hinsichtlich Hygienerisiken anfälliger und im Hinblick auf Speisenvielfalt und Angebotsflexibilität eingeschränkter im Vergleich zu anderen Regenerationsformen, insbesondere im Vergleich mit Cook-and-Freeze bzw. dem Sousvide-Verfahren.“
Für Krankenhäuser empfiehlt sich eine Speisenversorgungskonzeption, die sämtliche Sonderkostformen abdeckt und dabei eine grammgenaue Kalibrierung entsprechend der diätischen Vorgaben je Patient garantiert (= Auslieferung standardisiert kalibrierter Einzelportionen). Das Cook-and-Freeze-Verfahren nach dem Manufaktur-Konzept ermöglicht eine diätische anforderungsgerechte Speisenproduktion zu vergleichsweise niedrigen Kosten.
Als wirtschaftlichste und gleichzeitig hygienisch sichere sowie angebotsflexible Form der Speisenherstellung und Regeneration hat sich das „Cook-and-Freeze-Verfahren“ herausgestellt. Gegenüber einem konventionellen „Cook-and-Serve-Betrieb“ hat „Cook-and-Freeze“ für das Krankenhaus folgende Vorteile:
• 40 % weniger Küchenfläche (weniger Lager, geringe Produktionsfläche, weniger Sozialräume)
• geringerer Technik- und Gebäudebedarf (Vermeidung von Investitionskosten, geringere Folgekosten bei Energie, Wartung)
• 25 % geringerer Personalbedarf (Reduktion bei Speisenverteilung im Verhältnis 4:1; Wegfall der Speisenproduktion; Reduktion bei Reinigungs- und Verwaltungspersonal). Bei „Cook-and-Serve“ leistet 1 Vollzeitstelle etwa 400 bis 500 Beköstigungstage im Monat. „Cook-and-Freeze“ ermöglicht eine Relation von 1 Vollzeitstelle zu 1.000 und mehr Beköstigungstagen im Monat.
• Die hygienisch unbedenkliche Haltbarkeitsdauer beträgt für „Cook-and-Freeze“ 10 Monate, für „Sousvide“ 21 Tage, für „Cook-and-Chill“ 3 Tage und „Cook-and-Serve“ 1 Tag: „Cook-and-Freeze“ ermöglicht daher eine hohe Angebotsflexibilität bei nahezu Null Ausschuss. Gleichzeitig ist die Kostensituation transparent und planbar. Ein abwechslungsreicher und qualitativ hochwertiger Speisenplan ist mit einem Materialeinsatz von 3,30 – 3,50 € je Menü erreichbar.
• „Cook-and-Freeze“ ermöglicht eine komprimierte Speisenorganisation mit kontinuierlicher Personalauslastung! Eine Schicht portioniert und verteilt, eine Schicht spült.
Abb. 8: Haltbarkeit ist die Voraussetzung für null Schwund, Angebotsflexibilität und Hygienesicherheit.
Das vom CKM entwickelte Bewertungskonzept des „Werte-Radar“ macht anhand ausgewählter Kriterien die Unterschiede zwischen den verschiedenen Speisen-Herstellungs-/Regenerationsmethoden transparent (siehe Abb. 9). Jedes dieser Kriterien ist durch Kennzahlen, Subkriterien, Benchmarking-Informationen und Bewertungsrelationen näher charakterisierbar.
Abb. 9: Das Werte-RADAR verdeutlicht die Unterschiede zwischen den verschiedenen Produktions-/Regenerations-alternativen und macht Entscheidungen rund um die Speisenversorgung transparent.
1.2.3 Rationalisierungsobjekt Speisenversorgung
Die Entwicklung der deutschen Krankenhauslandschaft in den Jahren 1998 bis 2010 zeigt, dass die Anzahl der Krankenhäuser zurückging, die Bettenzahl abgebaut und die Behandlungstage reduziert wurden (siehe Tabelle 1). Gleichzeitig verkürzte sich die durchschnittliche Patientenverweildauer von 10,1 auf 7,9 Tage erheblich, während die Fallzahlen (= Behandlungsfälle im Akutkrankenhaus) von 16,9 Mio. auf 18 Mio. anstiegen. Von dieser Entwicklung war auch die Speisenversorgung im Akutbereich extrem betroffen:
• Aufgrund des Kosten- und Rationalisierungsdrucks wurde Personal abgebaut – insbesondere in sog. patientenfernen Bereichen wie Speisenversorgung, Wäsche, Reinigung – was sich auf die Dienstleistungsqualität negativ auswirkte.
• Küchenbereiche wurden fusioniert, ausgelagert (Outsourcing) oder geschlossen.
• Aus hygienischen und qualitativen Gründen anstehende Investitionen für Verbesserungen in der Speisenversorgung wurden ausgesetzt.
Im gleichen Zeitraum (1998 bis 2010) hat sich der Markt für Krankenhausfusionen und -übernahmen dynamisiert. Da insbesondere in öffentlicher Trägerschaft stehende Krankenhäuser aufgrund des Investitionsstaus unter Kosten- bzw. Rationalisierungsdruck gerieten, wurden diese in besonderer Weise zum Übernahmeobjekt privater Klinikgruppen. Zwischen 1998 und 2010 hat die Zahl der Krankenhäuser in privater Trägerschaft deutlich zugenommen und die der öffentlichen und frei-gemeinnützigen Kliniken entsprechend abgenommen (siehe Tabelle 2).
Da gerade öffentliche Krankenhäuser primär durch die hauseigene Küche (Cook-and-Serve-Verfahren) versorgt werden und i. d. R. auch bestrebt sind, diese aus arbeitsmarktpolitischen Gründen zu erhalten, kann man davon ausgehen, dass zahlreiche Trägerwechsel mit Schließung oder Zusammenlegung von Küchen einhergehen.
Tabelle 1: Der Trend zur Fallzahlensteigerung bei gleichzeitiger Reduktion von Krankenhausbetten und Verweildauer hält an. Bei gleichzeitiger Zunahme der Fallschwere ändern sich die Anforderungen an die Speisenversorgung. Daten nach: Deutsche Krankenhausgesellschaft.
Tabelle 2: Trägerwechsel durch Fusionen und Übernahmen haben erheblichen Einfluss auf die Struktur der Speisenversorgung in Krankenhäusern (Küchenzusammenlegung, Schließung, Zurüstung von Convenience-Produkten, Umstellung auf Cook-and-Freeze). Daten nach: Deutsche Krankenhausgesellschaft.
Generell ist feststellbar, dass Fusionen und Übernahmen (M+A = Merger-and-Acquisitions) von Krankenhäusern seit der Einführung des DRG-Systems an Bedeutung zugenommen haben. Hierfür sind Rationalisierungseffekte die wichtigsten Auslöser. Ziel von Fusionen und Übernahmen ist u. a. die Bildung von sog. Versorgungsclustern (Abb. 10):
Abb. 10: Die Speisenversorgung ist ein klassischer Rationalisierungsbereich nach Fusionen und Übernahmen.22
Unter einheitlicher Leitung (Konzern) werden medizinische Leistungseinheiten der verschiedenen Versorgungssektoren (ambulant, stationär, rehabilitativ, pflegend) regional konzentriert, um komplexe Krankheitsbilder (z. B. Kardiologie, Onkologie) ganzheitlich zu versorgen und dem Patienten bei einem Besuch alle erforderlichen Leistungen anbieten zu können (One-Stop-Shop-Konzept). In solchen Cluster-Konstruktionen werden Leistungsangebote wie Speisenversorgung bevorzugt ausgelagert, um Kosten zu senken, die Qualität zu verbessern und Investitionen zu vermeiden.
Die Speisenversorgung ist ein besonders ergiebiger Rationalisierungsbereich. Für kleine Krankenhäuser (≤ 300 Betten) ist es eine effektive Rationalisierungsmaßnahme, die Speisenversorgung durch die eigene Küche des Konzernverbundes, durch Umstellung auf Convenience-Produkte oder durch Kombination von beidem. In großen Krankenhäusern (> 600 Betten) bieten sich unterschiedliche Rationalisierungsmaßnahmen an: vom Betrieb einer eigenen Küche mit Versorgung anderer Krankenhäuser bis hin zum Aufbau einer eigenen Küche mit Umstellung auf Cook-and-Freeze-Produktion.