Roter Glamour. Dominique Manotti

Roter Glamour - Dominique  Manotti


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nicht nach mir suchen. Für sie bin ich gestorben. Tot.

      Draußen sonniges Wetter, es ist Sommer, aber die Büros der Renseignements Généraux der Polizeipräfektur von Paris sind wie immer düster und trist, hellbraun gestrichene Wände, Linoleumboden, Metallmöbel und kleine Fenster, die genau nach Norden auf einen Innenhof gehen. In Macquarts Büro drei bequeme Velourssessel, Halogenlampen, die immer an sind, auf dem Tisch eine Zeitung, aufgeschlagen auf Seite zwei, Rubrik »Freie Meinung«. Darüber gebeugt drei Männer um die fünfzig in dunklen Anzügen, die Chefs der RGPP, wie der Zentrale Nachrichtendienst kurz genannt wird.

      »Unterzeichnet Guillaume Labbé. Wer ist dieser Guillaume Labbé?«

      Macquart richtet sich auf. »Meiner Meinung nach das Pseudonym von Bornand.«

      »Dem persönlichen Berater des Präsidenten?«

      »Aus welcher Quelle hast du das?«

      »Simple Schlussfolgerung. Guillaume ist der Vorname des Abbé Dubois.« Für einen Moment herrscht Schweigen. »Der Berater des Regenten …« Schweigen. »Also jedenfalls, Bornand hat sich dem Porträt, das die Memoirenschreiber des 18. Jahrhunderts vom Abbé zeichnen, immer verwandt gefühlt: intelligent, dem Laster nicht abgeneigt, ein Mann mit Einfluss und Verbindungen … So gesehen scheint mir das Pseudonym Guillaume Labbé leicht durchschaubar. Ich meine mich sogar zu erinnern, dass er es schon einmal benutzt hat. Das muss in meinen Akten stehen.«

      »Wenn du es sagst.«

      Sie beginnen zu lesen, Schulter an Schulter.

      In gewissen Pariser Zeitungen jagt ein Regierungsskandal den nächsten: der Laden muss schließlich laufen.

      »Wenn wirklich er dahintersteckt, ist das eine ganz schöne Dreistigkeit. Er selbst diktiert doch dem Bavard Impénitent, der auf so was spezialisiert ist, die Hälfte seiner Leitartikel …«

      Erst haben sie sich in aller Ausführlichkeit darüber verbreitet, wie die französischen Geheimdienste auf Anordnung des Verteidigungsministers in einem neuseeländischen Hafen das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior versenkt haben, das in der Kampagne gegen die französischen Atomtests im Pazifik im Einsatz war, und dass ganz nebenbei auch ein portugiesischer Journalist dran glauben musste. Jetzt machen gewisse Vertreter des »investigativen« Journalismus großes Getöse um den Fall der sogenannten »Iren von Vincennes« und bezichtigen die Männer vom Antiterrorstab des Élysée …

      »Das ist Bornand, mit Sicherheit. Er selbst hat diesen Stab doch ins Leben gerufen, er hat seine Mitglieder ausgesucht, er hat ihn direkt dem Präsidenten unterstellt und dafür gesorgt, dass er niemandem Rechenschaft schuldig ist. Also hat er natürlich ein Interesse daran, dass er Erfolge vorweisen kann. Denn sonst geht er mit hoch.«

      »Es ist Bornand. Er hat ein Faible für diese gutaussehenden Soldaten, die Mauern erklimmen und schneller schießen als ihr Schatten.«

      »Die sind attraktiver als wir, das muss man zugeben.«

      »Ich darf doch um etwas mehr Ernsthaftigkeit bitten, meine Herren.«

      … sie hätten den irischen Terroristen, die sie im August 1982 kurz nach dem tödlichen Attentat in der Rue des Rosiers festgenommen haben, die Waffen selbst untergeschoben.

      Der erste Fall hat bei unparteiischen Beobachtern einige Fragen zur Arbeitsweise der französischen Geheimdienste aufkommen lassen: verblüffendes Unvermögen oder komplizierte Machenschaften, die sich gegen Regierung wie Sozialisten richten? Und wo ist die undichte Stelle, dank der ein paar französische Journalisten besser und schneller informiert waren als die neuseeländischen Ermittler?

      »Feuer frei auf den Auslandsnachrichtendienst.«

      Der zweite Fall ist noch zwielichtiger. Die »investigativen« Journalisten, die dieses Mal am Werk sind, beziehen ihre Informationen allesamt aus ein und derselben Quelle: von einem psychisch labilen Individuum mit fragwürdigem Charakter, dessen Zeugenaussage seit mehr als einem Jahr in den Pariser Redaktionsbüros die Runde macht, ohne dass man ihr bislang irgendwelchen Glauben geschenkt hätte. Zudem steht diese Person, wie allgemein bekannt ist und wie sie auch selbst zugibt, auf der Gehaltsliste einer unserer großen Polizeidienste, und dies just in dem Bereich, der auch die Geheimdienste interessiert.

      »Sieh mal einer an …«

      »Der Inlandsnachrichtendienst gerät unter Beschuss. Die RG scheinen vorerst auf wunderbare Weise verschont zu bleiben.«

      »Er ist heute nicht richtig in Form.«

      Haben diese »investigativen« Journalisten sich eigentlich einmal gefragt, wie vertrauenswürdig diese Person ist? Haben sie den Versuch unternommen, die Informationen, die sie ihnen geliefert hat, mit anderen Quellen abzugleichen? Mitnichten.

      Das Ziel ist klar: Die Diskreditierung des Antiterrorstabs des Präsidenten, jenes aus Gendarmen und Polizisten bestehende Team um den Präsidenten der Republik, dessen Aufgabe es ist, seine Sicherheit zu gewährleisten und den Kampf gegen den Terrorismus zu organisieren. Ein erstaunlich effizientes Team, das alle Angelegenheiten, mit denen es befasst war, vorangebracht hat und das, auch das darf gesagt werden, mit der Verhaftung der Iren im August 1982 der Ausbreitung des Terrorismus in Frankreich einen entscheidenden Schlag versetzt hat.

      Einmütig richten sich die drei Männer auf.

      »Ich wette, er glaubt das wirklich.«

      »Große Literatur.«

      Der Antiterrorstab des Präsidenten arbeitet auch weiterhin daran, sämtliche Informationen über den Terrorismus zentral zu erfassen und zu speichern, und ist bestrebt, auf diesem Gebiet die verschiedenen involvierten Polizei- und Gendarmerieorgane – und das sind viele – zu koordinieren, weshalb ihm im internationalen Räderwerk gegen den Terrorismus entscheidende Bedeutung zukommt. Kurz, seine Rolle ist überaus positiv und macht den Weg frei für die Schaffung eines dem Präsidenten zur Seite gestellten Sicherheitsrats nach Vorbild des amerikanischen NSC, der ihm Analysen und Zusammenfassungen bezüglich der nationalen Sicherheit liefern kann.

      »Kein Zweifel, das ist Bornand. Der hat sich schon an die Amerikaner gehalten, als er noch in der Pubertät war.«

      »Wir haben ihn unterschätzt. Der Mann ist ein Poet.«

      Wer hat also ein Interesse daran, dieses im Aufbau begriffene, äußerst wichtige Räderwerk zu diskreditieren? Nun, eben jene traditionellen Organe der französischen Polizei, die sich bedroht fühlen, jene, deren Inkompetenz, Ineffizienz, interne Querelen und mörderisches Konkurrenzdenken jeden Tag aufs Neue sichtbar werden, jene, deren Führungskräfte Angst haben, ihre Macht und ihre Privilegien zu verlieren. Und die, daran muss wohl kaum erinnert werden, Präsident Mitterrand nie ins Herz geschlossen haben.

       Guillaume Labbé

      »Was halten Sie davon?«, fragt Macquart.

      »Was hat den bloß geritten? Wenn er es ist. Kein Jahr mehr bis zu den Wahlen, und in allen Umfragen, unsere eigenen inbegriffen, stehen die Sozialisten als Verlierer da. Vielleicht nicht gerade der richtige Zeitpunkt für einen Krieg zwischen der Privatpolizei des Präsidenten und den regulären Polizeiapparaten.«

      »De facto gibt es diesen Krieg bereits. Gegen den Antiterrorstab des Präsidenten. Die Pressekampagne über die Iren von Vincennes kommt nicht von ungefähr. Ich glaube, Bornand hat sich einfach aufs falsche Ziel eingeschossen, es ist sein alter Hass gegen die regulären Polizeiapparate, der da wieder hochkommt.«

      »Sturm im Wasserglas oder echte Gefahr?«

      »Bornand – wenn er es denn ist – ist ein persönlicher Freund des Präsidenten, natürlich einflussreich, aber auch ein Querschädel, der zunehmend isoliert dasteht.«

      »Das heißt, viel Lärm um nichts …«

      »Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ich werde mir seine Akte noch einmal vornehmen.«

      ***

      Seit


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