In Leipzig – danach. Ursula Weißig

In Leipzig – danach - Ursula Weißig


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vertragen konnten, mit. Meine Mutter ging dann meistens doch für einen halben Tag zur Arbeit und kam mittags nach Hause. Ich wurde von einer Frau aus dem Haus in der Zwischenzeit betreut. Also stieg ich auch mal wieder zu Tante Rothe hoch. Die Tür war immer offen, ich musste nur hineingehen und laut rufen: „Ich bin’s, die Ursel, wo seid ihr?“

      Die Stimmen kamen aus dem Wohnzimmer. Damals hatte noch keiner einen Fernseher, wenn man etwas von seiner Umwelt, dem Geschehen auf der Straße mitbekommen wollte, musste man am Fenster gucken. Im geöffneten Fenster lagen dann für diesen Zweck, damit es auch bequem genug ist, die Sofakissen. Man legte die Unterarme drauf und hatte so eine gute Position zum Rausgucken. Die Kissen lagen auf dem inneren Fensterbrett. Auf das äußere Fensterbrett stellte sich die Hausfrau höchstens noch, wenn beim Fensterputzen die Oberlichter mit sauber werden sollten. Was natürlich, je höher man wohnte, nicht ganz ungefährlich war.

      Die Frauen waren also beim Fenstergucken, die zwei großen Mädchen an dem einen Fenster, ihre Mutter und die Nachbarin am anderen. Es gab für sie keinen Grund, das „Schauspiel“ zu unterbrechen, weil ich nun kam. Kleine Kinder wurden einfach auf ein Kissen gesetzt, um die Taille festgehalten und haben mitgeguckt.

      Vom dritten Stockwerk aus hatten wir eine tolle Sicht über das kleine, gegenüberliegende Haus hinweg auf den Kohlenhof. Dort kamen große Autos mit Braunkohle oder Briketts vorgefahren, alles wurde mit Getöse abgeladen, die Staubwolke stieg bis in den Himmel. Es kamen auch viele Leute, die Kohlen kaufen wollten, mit dem Handwagen oder mit einem Tafelwagen, auf den wurden Säcke mit Briketts geladen. Weil er nur eine Achse in der Mitte hatte, deshalb auch nur zwei Räder, sah es immer lustig aus, wenn der schwer beladene Wagen losfahren sollte. Dazu musste man nämlich an dem einen Ende die Handstange runter drücken damit die Ladefläche waagerecht stand. Erst dann setzte sich der Wagen in Bewegung. Manchmal schwebte der Mann kurzzeitig mit seinen Füßen über dem Boden, ehe der Wagen wieder in die Schräge kippte. Mit Spannung wartete ich ab, wie der Wagen in Bewegung kam.

      Wer von den beiden Erwachsenen nun an diesem Tag auf die Idee kam, mich auf das äußere Fensterbrett zu setzen, weiß ich nicht. Entweder, weil sie selbst zu breit waren und ich bei keinem dazwischen passte, oder weil sie mir eine gute Sicht verschaffen wollten. Da saß ich nun auf dem Sandsteinsims, spürte zwei starke Arme um mich herum, vor mir der Abgrund, drei Stockwerke tief. Direkt unter mir die Fenster unserer Wohnung, daneben schaute auch jemand am Fenster, das war unsere Nachbarin.

      Die rief auch bald nach oben: „Na, dass du da mal nicht runterfällst!“

      Der Mensch zu den Armen um meine Taille sagte nur: „Ich halte sie schon fest, die will doch alles richtig sehen.“ Ich war aber letzten Endes nicht so begeistert von meinem erweiterten Ausblick, ging der doch hauptsächlich in die Tiefe. Ein Fensterbrett nach dem anderen, immer tiefer, bis ich das Pflaster auf dem Fußweg sah.

      Ich hatte plötzlich Angst, die Warnung von unten war sicher berechtigt und ich wollte ganz schnell rein. Also wollte ich nur noch runter vom Fensterbrett.

      Wahrscheinlich habe ich meinen Eltern von meiner Angst beim Fenstergucken erzählt, denn von dem Zeitpunkt an war das Verhältnis zu der Familie etwas gespannt.

      Es kann natürlich auch sein, dass unsere Nachbarin einen solchen Schreck bekommen hat, als sie meine Füße über sich schweben sah, dass sie bei meinen Eltern gepetzt hat. Jedenfalls war es das erste und letzte Mal, dass ich auf einem äußeren Fensterbrett saß oder stand. In meinem eigenen Haushalt habe ich später keine Fenster von außen geputzt.

      Etwas ist aber in meinem Bewusstsein zurück geblieben und wurde zum Albtraum. In diesem Traum, steige ich von einem oberen Stockwerk aus dem Fenster und gehe mit den Füßen zuerst von Sims zu Sims nach unten, immer den Blick abwärts. Mir ist dabei bewusst, dass ich unten ankomme. Nach dem Motto: Alles wird gut.

      Die Höhenangst ist mir bis heute geblieben.

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