... und die Geist lachte. Hermann Küster

... und die Geist lachte - Hermann Küster


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wurde Glaube domestiziert?

       3 Zur Unterscheidung von Gotteserfahrung und nur vorgegebener Gotteserfahrung; zur Unterscheidung der Geister

       4 Wie man sich für Gotteserfahrungen/Begegnungen mit der Geist Gottes fit halten kann

       ANHANG

       Einige Pauluszitate zur heiligen Geist

       DANK

       Fußnoten

VORWORT

      Ich meine mit die Geist die Geist Gottes!

      Das muss ich erklären.

      Denn wir sind es gewohnt, in der männlichen Form von Gottes Geist zu reden: der, nicht die Geist Gottes. In unserer Sprache ist Geist männlich. In vielen anderen ebenfalls. In den Ursprachen unseres Glaubens hingegen, in der Sprache, die Jesus Christus sprach, Aramäisch, und im Hebräischen, in der seine Bibel verfasst war, ist Geist (Gottes) vorwiegend weiblich: RUCHA (Jahwe) bzw. RUACH (Jahwe). Die Heilige Geist, die Geist Gottes kann folglich als die weibliche Komponente Gottes oder als die weibliche der Kommunikationsformen, der Wahrnehmungsgestalten, in denen Gott uns begegnet, angesehen werden. Von der Dreieinigkeit Gottes, der Trinität, die besagt, „dass Gott in der Begegnung mit den Menschen seine Gestalt ändern kann“1, rede ich daher als von Gott Vater, Sohn und Heilige Geist. Folgerichtig spreche ich auch nicht mehr ausschliesslich in männlicher Form von Gott. Das ist also theologisch aufgrund des Sprachbefundes wohlbegründet. Und von der Achtsamkeit gegenüber den Frauen geboten, die sich zu Recht daran stören, wenn von Gott, auch von Gottes Geist, ausschliesslich als von einem Maskulinum die Rede ist. Es ist also keineswegs bloss übertriebene Rücksichtnahme auf „mimosenhafte weibliche Empfindlichkeiten“, wie mir etwa einmal an den Kopf geworfen wurde, wenn ich auch in weiblicher Form von Gott und seiner Geistkraft rede. Ich halte es auch nicht für ein verzichtbares oder gar nebensächliches Detail, ob wir es tun oder nicht! Mir ist es wichtig, weil die ausschliesslich männliche, die patriarchale Rede von Gott – selbst da, wo sich von den beiden Ursprachen unseres Glaubens her die weibliche angeboten hätte! – gravierende unerfreuliche Folgen in Gesellschaft und Kirche gehabt hat. Sie hat nämlich wesentlich dazu beigetragen, dass das Patriarchat, also die Vorherrschaft der Männer über die Frauen, religiös begründet und sanktioniert und die Gleich-Gewichtigkeit, die Gleich-Wertigkeit der Geschlechter jahrhundertelang verhindert wurde, von denen doch in einigen biblischen Schriften immerhin – zumindest ansatzweise – durchaus die Rede ist. Im Anbetracht dieser Tatsache sollte es selbstverständlich sein, auch in weiblicher Form von Gott zu reden. Besonders natürlich dort, wo es sich eben von den Ursprachen der Bibel her nicht nur anbietet, sondern geradezu geboten ist. Dabei ist mir durchaus immer bewusst, dass Gott weder Mann oder Frau noch Mann und Frau, sondern darüber hinaus noch viel mehr – zum Beispiel Geist an sich, Kraft an sich, Liebe an sich – und eben der „ganz andere“2 ist.

      Wo ich von der Geist rede, ist immer Gottes Geist gemeint. Die Geist, die Gott ist, als die Gott uns begegnet, als die Gott wirkt und die von Gott ausgeht.

      In meinen Erzählungen lege ich aus den oben genannten Gründen selbst denjenigen verfremdeten Figuren (siehe dazu 4) in ihrem Reden über Gottes Geist die weibliche Form in den Mund, welche diese, un-verfremdet, nie verwendet haben.

      Wir leben in einer seltsamen Zeit. Einerseits sind die allgemeine Hektik, die Reduzierung des Menschen auf zwei Funktionen – die des Rädchens im Wirtschaftsgetriebe, das klaglos zu funktionieren hat und anderen Falles einfach ausgewechselt wird, und die des Konsumenten, dessen Lebenszweck im Kaufen und Verbrauchen besteht –, die unheimliche und schier unverarbeitbare Fülle an Informationen, die tagtäglich mehr oder minder ungefiltert auf uns einbrandet, dem Geistigen spinnefeind. Andererseits merken die Menschen, dass ihnen diese Dimension fehlt und dass dies ein Verlust ist; so wächst das Verlangen nach und ist allenthalben die Rede von „Spiritualität“ und davon, wie wichtig es für Körper, Geist und Seele sei, sie zu leben. Die Spiritualität, die dann resultiert, ist allerdings oftmals eine Spiritualität ohne spiritus, jedenfalls ohne spiritus sanctus, also ohne die Geist. Auch unter Christen ist es vielfach so. Auch „in christlichen Kreisen“ sucht man vermehrt spirituelle Erfahrung in der Umarmung von Bäumen, im Aufsuchen sogenannter „Kraftorte“, in indianischen Schwitzhütten, in der Lektüre der Flut von Büchern über Engel und in Übungen, durch welche fühlbare Beziehungen zu diesen vermeintlich oder auch tatsächlich hergestellt werden können. Das alles ist nicht falsch. Es mag für den menschlichen Geist bereichernd und hilfreich sein und kann zweifellos zu einem achtsameren und nachhaltigeren Umgang mit der Natur führen und wäre dann durchaus zu begrüssen. Aber es ist nicht Spiritualität im eigentlichen Sinne, denn es geht dabei in erster Linie um den menschlichen Geist und dessen Bedürfnisse, es ist sozusagen ein Ausgleichssport für den so oft missachteten und zu kurz kommenden menschlichen Geist; es geht nicht um die Verbindung zu der Geist. Christus aber hatte genau diese Verbindung im Sinn, als er uns für die Zeit bis zu seiner Wiederkehr nicht Bäume, Kraftorte, Schwitzhütten und Engel als Tröster, erleuchtende, auferbauende, Lebenskraft vermittelnde Elemente verheissen hat, sondern die Geist Gottes. Sie zu erfahren, mit und in ihr zu leben – das wäre wahrhaftige Spiritualität.

      Warum suchen selbst „christliche Kreise“ Spiritualität woanders? Warum ist ihnen die Geist so unwichtig geworden, dass sie sich nicht mehr dafür interessieren, wie mir einmal ein Buchhändler gesagt hat?

      Ich denke: weil heute weithin – und eben selbst unter Christen – bezweifelt wird, dass die Geist Gottes „da“ sei und wirke. Es wird argumentiert: Wenn die Geist Gottes noch tätig wäre, müsste es doch in der Welt und wenigstens unter Christen weniger zweifelhaftes Verhalten, weniger buchstabenlastige Gesetzlichkeit und Unbeweglichkeit, dafür aber mehr Lebendigkeit, Liebe, Fröhlichkeit, Aufgeschlossenheit und Begeisterung geben, als es ganz offensichtlich der Fall ist. Man spüre auch persönlich so nichts davon, dass die Geist Gottes noch wirksam sei. Wo denn, bitte schön? Wann denn wohl? Da sei doch nichts. Da rege sich nichts. Man spüre nichts! So ist die Wahrnehmung vieler Menschen. Sie bereitet ihnen Glaubensnot. Man muss das ernstnehmen.

      Menschen, die meinen, dass die Geist Gottes nicht mehr wirke, haben, meiner Erfahrung nach, meist eine verzerrte Sichtweise und Erwartungshaltung. Dies möglicherweise, weil sie ihre Erwartungen an das Wirken der Geist Gottes an spektakulären Ereignissen wie etwa dem in der Pfingstgeschichte im Neuen Testament überlieferten orientieren. Auch bei vielen sehr ernsthaften und ernstzunehmenden Mitchristinnen und Mitchristen herrscht, scheint mir, die Meinung vor, wenn in Gottesdiensten und sonstigen Versammlungen von Christen nicht die Post abgehe, wenn nicht mit erhobenen Händen und verzückt geschlossenen oder dann verdrehten Augen laut gejubelt werde, wenn nicht wenigstens ein paar Menschen zitternd zu Boden fallen und wenn nicht in Zungen geredet werde, wenn nichts geheimnisvoll Übersinnliches und Unerklärliches geschehe, dann sei es nichts gewesen mit der Ereignung und dem Wirken der Geist Gottes.

      Nun will ich nicht in Abrede stellen, dass sich das Wirken der Geist Gottes auch in solchen Phänomenen ereignen kann. Aber wenn ausschliesslich sie als deren Ereignung erwartet werden, dann ist das höchst gefährlich.

      Ich sehe im Wesentlichen drei Gefahren:

      Erstens: Die Neigung wächst, die genannten Phänomene (auto)suggestiv zu erwirken.


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