Kalte Zukunft. Benjamin Blizz

Kalte Zukunft - Benjamin Blizz


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ich halte es für meine Pflicht, Sie darüber zu informieren.«

      Estella stutzte. Sabotage? Sie würde auf jeden Fall ein ernstes Wörtchen mit Blinow und Heckler wechseln müssen. Wenn es etwas gab, das Hawkes Enterprises großschrieb, dann war das Sicherheit. Keine Meldung zu erstatten, selbst wenn kein begründeter Verdacht vorlag, war unverantwortlich. Sie mussten für alles gewappnet sein.

      »Können Sie mir erklären, worauf sich Ihr Verdacht gründet?«

      »Ja, Ma’am.« Fritzsch berichtete ihr detailliert von seinen Vermutungen und den Stellungnahmen, die er von Cable Inc. angefordert hatte.

      »Die Kabelbrände können durchaus durch Materialversagen hervorgerufen werden, das ist nicht einmal ungewöhnlich, aber ich verstehe trotzdem Ihre Besorgnis«, sagte Meinhard. »Viel gravierender erscheint mir jedoch die Bedrohung durch die Trojaner-Angriffe. Dem sollten wir unbedingt nachgehen.«

      Dass leichtsinnige Hacker versuchten, auf den Zentralrechner zuzugreifen, kam des Öfteren vor, doch das Netzwerk der PECS-Anlage war nicht internetgebunden, was bedeutete, dass sich jemand auf anderem Wege Zugang verschafft haben musste.

      Estella bedachte den Sicherheitschef mit einem dankbaren Lächeln. »Sie haben richtig gehandelt, Herr Fritzsch. Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen und werde mich umgehend darum kümmern. Würden Sie mir einen Gefallen tun?«

      »Ja, Ma’am?«

      »Verstärken Sie die Wachmannschaften – und bewahren Sie Stillschweigen gegenüber den Gästen. Wir können es uns nicht leisten, sie zu beunruhigen. Ach ja, und hören Sie bitte auf, mich Ma’am zu nennen.«

      »Ja, Ma’am.«

      Estella verdrehte die Augen. Als sie sah, dass Fritzsch wie festgewurzelt vor ihr stehen blieb, wurde sie wieder ernst. Irgendwas bedrückte ihn, das merkte sie ihm an.

      »Gibt es noch etwas?«

      »Ja …« Fritzsch zögerte. »Mr. O’Brien hat Wind von der Sache bekommen. Er weiß, dass wir die Beduinen verdächtigen. Er hat Ling und mich dahingehend ausgefragt.«

      »Und was haben Sie ihm gesagt?«

      »Ich habe es nicht dementiert. Er sagte, Sie hätten ihn zu mir geschickt.«

      Estella stöhnte. Das fehlte ihr gerade noch. Ausgerechnet O’Brien, der ihr noch vor wenigen Stunden klargemacht hatte, dass er nur schreiben würde, was er persönlich auch vertreten könne! Sie würde ihn, so gut es ging, ablenken müssen.

      Fritzsch eilte aus dem Raum, offensichtlich beschämt, einen Fehler begangen zu haben. Sie machte ihm keinen wirklichen Vorwurf. Die wenigen Augenblicke mit Shane hatten ausgereicht, um ihr vor Augen zu führen, wie einnehmend der Mann sein konnte.

      Sie stand auf, ging um den Schreibtisch herum und blickte auf die Anlage hinaus. Wenn es wirklich eine Bedrohung gab, würde sie sie aufspüren und neutralisieren. Was in der Wüste für Aufregung sorgte, konnte ihnen auch zu Hause gefährlich werden, und das Schlimmste war eine brodelnde Gerüchteküche. Die Zukunft war schon steinig genug, da fehlten gerade noch schlechte Kritiken und Hiobsbotschaften.

      Ihre Gedanken schweiften erneut ab, während sie so dastand und in die Ferne schaute. Sie ertappte sich dabei, wie sie an O’Brien dachte und sich vorstellte, wie es wohl wäre, ihm bei einem weniger förmlichen Anlass zu begegnen. Vom ersten Moment an hatte sie gespürt, dass er eine schwierige, wenn nicht gar unangenehme Persönlichkeit war; trotzdem hatte sie eine gewisse Sympathie für ihn empfunden. Er war ein Macho, aber immerhin mit Stil, wie er selbst gesagt hatte.

      »Estella, reiß dich zusammen«, sagte sie laut zu sich selbst. Aber gut sieht er ja schon aus …

      Kapitel 7

      »Bingo!«, schrie Meier enthusiastisch, als sein mit Brachialgewalt abgeschlagener Golfball durch Zufall die Fahne touchierte und etwa einen halben Meter vom Loch entfernt auf dem Green liegen blieb.

      Meier spielte grauenhaft. Er schlug mit enormer Kraft ab, jedoch ohne jegliches Feingefühl. Shane ignorierte die Schadenfreude auf dem Gesicht des Topmanagers und konzentrierte sich stattdessen auf seinen eigenen Schlag – er atmete beim Ausholen ein und beim Schwung wieder aus. Der Ball flog eine perfekte Kurve, kam sachte auf und rollte zielgenau auf das Loch zu.

      »Sie spielen gut!«, meinte Meier, ohne dass es auch nur ansatzweise aufrichtig geklungen hätte.

      Nichts, was aus seinem Mund kam, klang aufrichtig. Wenn Shane abergläubisch gewesen wäre, wäre er sogar so weit gegangen, zu behaupten, den Mann umgebe eine böse Aura, denn alles, was er tat, die Art, wie er gestikulierte, artikulierte, ja sogar wie er atmete, zeugte von Verachtung gegenüber seiner Umwelt und seinen Mitmenschen. Jedes scheinbar freundliche Wort troff nur so vor Sarkasmus.

      Überwiegend besaßen nur gefühlskalte und herablassende Persönlichkeiten wie Meier das Zeug zu Top-Managern. Man musste bereit sein, über Leichen zu gehen, wenn man in entsprechend hohe Wirtschaftspositionen gelangen und dort überleben wollte. Shane hätte es nicht gekonnt. Man mochte ihm zwar nachsagen, ein arroganter Arsch zu sein, aber im Gegensatz zu Menschen wie Meier besaß er ein Gewissen. Das unterschied ihn von ihnen.

      »Mr. O’Brien, wie denken Sie über die Zukunft?«

      Shane stöhnte innerlich. Ein Haken, es gab immer einen Haken! Sogar bei einer simplen Einladung zum Golfspielen.

      »Die Jedi werden die Macht ergreifen«, antwortete er betont gleichgültig und wandte den Blick ab.

      »Sind Sie in der Pubertät stecken geblieben? Auf eine vernünftige Frage kann ich doch wohl auch eine vernünftige Antwort erwarten, oder?«

      »Erwarten können Sie sie, aber das heißt nicht, dass sie auch bekommen.«

      Meiers Gesicht lief rot an. Ein Wunder, dass sein Golfschläger noch nicht das Zeitliche gesegnet hatte. Shane wartete einen Moment, bevor er fortfuhr.

      »Sie wollen wissen, wie ich mir die Zukunft ausmale? Menschen wie Sie wird es dort jedenfalls nicht mehr geben und ebenso wenig die Überzeugungen, für die Sie stehen. Die Welt wird sauberer, gesünder und ausgeglichener sein. Vielleicht wird das Leben nicht mehr ganz so luxuriös sein, aber allemal lebenswerter als heute. Beantwortet das Ihre Frage?«

      »Überaus.« Meier versenkte den Ball. »Sie müssen wissen, und ich sage das ganz offen, ich bin nur ein kleiner Fisch, ein Nichts im Vergleich zu den Vorstandsvorsitzenden der OPEC oder anderer Organisationen. Die würden sich auf einer popeligen Öko-Veranstaltung wie dieser nicht einmal dann blicken lassen, wenn das Leben ihrer Kinder auf dem Spiel stünde. Auch wenn das für Sie schwer vorstellbar sein mag, im Gegensatz zu denen bin ich ein weltoffener Gentlemen. Warum sonst sollte ich mich für das Konzept interessieren?«

      »Wenn Sie dem Ganzen nicht abgeneigt sind, warum betonen Sie dann immer das Gegenteil?«, fragte Shane – und spürte im selben Moment Verärgerung in sich aufsteigen. Meier erzählte ihm diese kleine, nette Geschichte doch bestimmt nicht ohne Hintergedanken.

      »Tun wir nicht alle, was wir tun müssen? Und erzählen Sie mir jetzt nicht, Sie würden keine vorgefertigten Meinungen vertreten. Ich habe einen Ruf und eine Karriere zu verlieren, dazu stehe ich. Was ist mit Ihnen?«

      »Sie sind meiner Frage ausgewichen«, insistierte Shane, um nicht weiter auf Meiers Pseudo-Gewäsch eingehen zu müssen.

      »Stimmt«, bestätigte er knapp.

      Das Golfspiel war mittlerweile zum Erliegen gekommen, und weder Shane noch Meier machten Anstalten, es wieder aufzunehmen. Über die Fahne hinweg starrten sie sich finster an.

      »Natürlich gibt es für alles eine Ursache«, sagte Meier nach einer Weile. »Aktion – Reaktion. Ich habe Sie nicht ohne Grund gefragt, wie Sie sich die Zukunft vorstellen.«

      Shane wartete schweigend ab, was als Nächstes folgen würde.

      »Sehen Sie, die Zukunft rast unaufhaltsam auf uns zu«, fuhr Meier fort. »Was jetzt ist, ist jetzt schon Vergangenheit.«

      »Wenn


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