Rotz am Backen, Scheiß am Been - ach wie ist das Läähm scheen. Klaus Eulenberger

Rotz am Backen, Scheiß am Been - ach wie ist das Läähm scheen - Klaus Eulenberger


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ordentliches Zaumzeug mit Zügeln benötigt?“

      Hannes richtete unseren Handwagen auf und lud alles wieder auf – den Kübel mit Gemüse und den leeren Wassereimer. Dann nahm er die Deichsel in die Hand und zog los mit der Bemerkung: „Um den Paul müsst ihr euch selbst kümmern. Passt ja auf, dass er nicht ausreißt. Wenigstens einen Strick um den Hals hättet ihr der Ziege legen können, ihr habt richtiggehend keine Ahnung. Ich werde alles der Frau Straßburger, Herrn Straßburger und euren Müttern sagen. So geht das nicht, ich mach das einfach nicht mehr mit. Was ihr euch einbildet – am liebsten würde ich euch mal richtig verprügeln.“

      Tatsächlich hob Hannes die Hand und wollte uns eine knallen. Da Lothar ihm am nächsten stand, hätte es ihn erwischt. Er war aber sehr schnell und drehte sich rasch um und war weg. Obwohl ich ziemliche Angst vor Hannes hatte, maulte ich: „Hannes, wenn du uns etwas tust, dann fliegst du endgültig raus. Das hat der Opa bereits gesagt. Ich sage meiner Mutter, der Oma und dem Opa Bescheid. Du wirst schon sehen – warte nur ab!“

      Nun bekam Hannes auf einmal Angst und redete auf mich ein: „So schlimm war das nun auch wieder nicht gemeint. Ihr müsst aber in Zukunft mehr fragen und nicht einfach irgendwas machen, wovon ihr keine Ahnung habt. Am besten, wir sagen ganz einfach, dass es nicht ganz geklappt hat mit der Ziege und beschuldigen uns nicht gegenseitig. So kann euch nichts passieren und mir auch nicht. Einverstanden?“ Aha, dachte ich, da hat er jetzt doch Angst bekommen vor Opa. Gut, dass ich so energisch rangegangen bin. Das muss ich mir für die Zukunft merken.

      Also marschierten wir gemeinsam, Lothar war inzwischen wieder zurückgekommen, zu unserem Dreiseitenhof. Die Ziege wurde wieder im Stall angebunden und wir räumten den Leiterwagen weg. Hannes schaffte den Gemüsekübel in den Kuhstall und Lothar schleppte den leeren Wassereimer wieder an seine Ursprungsstelle. Wir waren wieder zu Hause.

      Wir merkten schon, als wir auf den Hof einrückten, dass irgendetwas anders als sonst war. Aus dem Haus und vor allen Dingen aus dem Kuhstall drangen laute, aufgeregte und heftige Stimmen. Wir gingen näher heran und sahen, dass Tante Friedel und Tante Erika heftig in Fehde lagen. Sie waren beide sehr aufgeregt und brüllten sich ohne Rücksicht an. Friedel stand, gemeinsam mit Tascha, oben auf dem Heuwagen, welcher halb außerhalb des Tores und halb im Kuhstall stand. Sie hatte eine Mistgabel in der Hand und war glühend rot im Gesicht. Ihr Kopftuch, welches sie trug, war verrutscht und ihre struppigen Haare hingen wirr hervor. Wir hörten nur: „Alles muss ich hier allein machen, Heu aufladen, Heu abladen, Tiere füttern, ausmisten, melken und so weiter und so fort – das ist eine unheimliche Schinderei. Und was tust du? Du hängst ständig in deinem Zimmer rum und kümmerst dich um deine Tochter Elisabeth. Das ist alles. Wir haben hier aber ein Bauerngut und müssen uns alle davon ernähren.“

      Erika konterte: „Die Gretel arbeitet aber auch nicht mit auf dem Feld oder im Stall.“

      „Die Gretel arbeitet in der Gemeinde, gibt davon Geld an uns alle ab und außerdem haben wir große Vorteile, dass sie in der Gemeinde ist, da wir so über alles Bescheid wissen. Ich meine damit, dass sie uns Wissen vermittelt, was günstig anzubauen ist, wie die Preise für Hähnchen, Eier und so weiter sind – all das ist von Vorteil für uns. Außerdem kümmert sie sich um unsere Kinder. Sie würde das auch für die Elisabeth tun.“ Der Streit ging immer weiter so in diese Richtung, er wurde sogar noch heftiger. Wir gingen zu Oma hinein, die das schon mitbekommen hatte und gerade zu den Streitenden gehen wollte.

      „Erika, Friedel – hört sofort mit dem Gebrüll auf. Im Übrigen, du kennst meine Meinung, Erika, du solltest ganz einfach einmal mitarbeiten, so wie es alle tun und wirst sehen, dass es eine ziemlich harte Arbeit ist, es muss aber sein.“

      Erika zitterte am ganzen Leibe und schrie zurück: „Ich hab genug mit meiner Familie zu tun. Ich weiß überhaupt nicht, was ihr wollt. Hoffentlich kommt der Heinel bald nach Hause, ich werde mich bei ihm über euch beschweren. Ihr benehmt euch unmöglich zu mir und meinem Kind.“ Sie war über alle Maßen beleidigt und rannte mehr, als das sie ging, davon – in den ersten Stock zu ihrem Zimmer.

      Oma ging zu meiner Tante, um sie zu beruhigen: „Friedchen, rege dich nicht so auf, wir wissen doch alle, dass du enorm viel für das Gut tust. Die Erika ist nun mal so. Sie hat zu uns kaum Kontakt, sie ist überhaupt kein Kollektivmensch und macht ihr Ding so für sich allein, etwas verknöchert, immer schnell beleidigt und immer etwas einsam. Die werden wir nicht mehr ändern – ich möchte mal wissen, wie der Heinrich zu ihr gekommen ist. Wahrscheinlich ist es doch so, dass er sie nur geheiratet hat, weil sie schwanger war. So etwas Ähnliches hat ihre Mutter, die Marie, schon angedeutet. Die Marie lässt sich ja auch kaum noch sehen, gestern Abend war sie wieder nicht beim Abendbrot. Wahrscheinlich machen sie sich oben in ihrem Zimmerchen etwas zurecht – sonderbares Benehmen. Man kann sich da nur wundern.“

      Tascha schaute mit schreckgeweiteten Augen auf das Krakeele und hatte offensichtlich große Angst. „Ach, kleine Natascha, schau nur nicht so traurig. Wir sind doch alle nett zu dir, bald gibt es Abendbrot, da sehen wir uns wieder in der Stube.“ Sie ging zu Natascha hin, die mit der Gabel in der Hand immer noch auf dem Heuwagen stand und flüsterte freundlich zu ihr: „Komm her, du kleines Mädchen, beuge dich mal herunter zu mir.“

      Natascha hatte unter Garantie null verstanden, aber erstaunlicherweise beugte sie sich zu Oma runter, die sie an der Hand tätschelte und die Wange streichelte: „Hab nur keine Angst, Kleine, es ist doch alles gut. Wir haben dich doch auch lieb.“

      Ich fand den immer wieder aufkommenden Streit mit Tante Erika nervend und aufregend – er vergiftete unser nettes Miteinander. Innerlich war ich ganz stark auf Friedels und Omas Seite, denn zur Tante Erika hatte ich keinen Kontakt und sie schien darauf auch keinen Wert zu legen. Ich wusste, dass Lothar die gleiche Meinung hatte: „Klaus, die Erika kann mir gestohlen bleiben, die ist einfach gegen mich, zieht immer ein langgezogenes Miesepeter-Gesicht. Da bekommt man richtig Schiss vor ihrer schlechten Laune.“

      Nach dem Abendessen sagte Mutti zu Oma: „Du, Mutti, ich habe etwas mit dir zu besprechen. Können wir das gleich hier in der Stube tun? Mir wäre lieb, wenn der Klaus gleich dabei sein könnte, da ich ihm, im Anschluss, noch etwas zu sagen habe.“

      Als ich das hörte, war mir sofort klar, dass ich wieder eine Reformande verpasst bekomme. „Mutti, können wir das nicht morgen erledigen?“

      „Nein, gleich im Anschluss!“

      Unsere Stube bestand aus zwei sehr großen Räumen. In dem einen aßen wir und der andere war mehr als gemütliche Wohnstube mit weichen Lehnsesseln, weichem Sofa und niedrigem Tisch eingerichtet. Von der Essstube ging man durch einen breiten Durchgang in eben diesen Teil. Hier fand die Geheimberatung statt. Ich kannte das schon, weil Mama, wenn sie mal ein ernstes Problem mit mir hatte, und das war relativ häufig, mich immer in die gleiche Ecke mitschleppte, um mit mir zu reden und zwar so, dass es niemand mitbekam.

      Nachdem das Abendbrot vorbei und alle hinausgegangen waren, fragte sie: „Denkst du, dass wir es verantworten können, dass der Johann mit dem Wittasch, Erhart in unsere zerbombte Wohnung in Chemnitz fährt, um dort noch Verwertbares zu holen?“

      „Was, meinst du den Wittsch – den Mörder? Das meinst du aber nicht im Ernst? Der hat doch einen so schlechten Ruf im Dorf. Am Ende passiert noch irgendetwas.“

      „Aber Oma, der Wittasch ist ein ganz passabler Mensch. Das, was man über ihn spricht, glaube ich einfach nicht. Für mich ist er kein Mörder. Die Verhandlungen waren und er wurde freigesprochen – Punkt um!“

      „Muss es denn gerade däääär sein – wer weiß, was die Leute über uns dann reden.“

      „Oma – es ist weit und breit der einzige, der ein Auto hat. Er hat doch den ‚F7‘ mit der Holzkarosse. Auf alle Fälle hat der einen großen Laderaum und der Mann ist auch durchaus beweglich und intelligent. Für mich ist das größere Problem, dass der Johann als Kriegsgefangener unser Gut nicht verlassen darf. Du musst dir aber mal überlegen – wir haben fast alles verloren. Nachdem, was ich gesehen habe, ist das Bad vollkommen zerstört, die Schlafstube auch, aber aus Vorsaal, Küche und Stube könnten wir noch etwas holen. Der Herbert und ich – wir haben ja fast gar nichts mehr, außer dem, was wir auf dem Leibe tragen. Ich bin einfach


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