Perlen ohne Glanz. Gerd Willms
und marschierte los.
Er hatte den längeren Weg nach Hause gewählt, weil er fit werden wollte. Bald würde er feststellen, dass der längere Weg noch aus einem anderen Grund der richtige gewesen war.
Erwin ging bis zur Mitte des Dorfes, dann schwenkte er nach rechts in eine schmale Gasse ein und befand sich nach 500 Metern auf einem schmalen Landweg. Der bog bald nach rechts ab. Erwin ging wieder in Richtung Wohnheim. Rechts von ihm lag das Dorf, in dem »eine wunderbare Frau« arbeitete, links erhoben sich einige Kilometer entfernt die Berge. Auf beiden Seiten breiteten sich weite Kornfelder aus. Vor ihm lag ein kleiner Wald. So, wie es aussah, führte der Weg in den Wald hinein. Eine wunderschöne Gegend, dachte er. Er breitete beide Arme aus, sog das Duftgemisch aus Blumen und Korn tief ein und sagte laut: »Ich liebe das Land, den Wald und die Berge. Es ist so schön hier!« Ungewollt hatte er sich dabei in Richtung Dorf gedreht.
Der Weg führte tatsächlich durch das kleine Wäldchen und Erwin gelangte schnell wieder auf ein freies Feld. Er hatte einen weiten Blick nach vorn. Ja, da ging es etwas bergab zum See. Vorn rechts von ihm lag das Wohnheim. Und links tauchte jetzt das Haus mit dem roten Dach auf, das er von seinem Fenster aus gesehen hatte. Er nahm sich vor, das Anwesen mal aus der Nähe anzuschauen.
An der Kreuzung blieb er stehen. Der Landweg, der weiter zum See führte, wurde hier von einer asphaltierten Straße gekreuzt, die vom Dorf hinauf zum Haus verlief. Rechts, nur wenige Meter von der Kreuzung entfernt, stand ein buschiger Haselnussbaum einsam in der Landschaft. Zwei Tauben saßen halb verdeckt auf einem Ast dicht nebeneinander.
Erwins Aufmerksamkeit richtete sich auf das große Haus links von ihm. Ein umgebauter Bauernhof, ging es ihm durch den Kopf. Links der Stall, rechts das Wohnhaus. Alles sauber und gepflegt. Das ganze Gelände mit einem hohen grünen Drahtzaun umgeben. Wer wohnt hier wohl?, fragte er sich und gab sich gleich selbst die Antwort: »Wahrscheinlich eine wichtige Persönlichkeit!« Seine Vermutung bestätigte sich, als er nach links auf den asphaltierten Weg abbog und die Einfahrt sah. Ein schwarzes Auto stand vor der Tür. Eine Wache. Das Haus wird sicher bewacht! Es hätte ihn gereizt, noch näher heranzugehen, um herauszufinden, ob wirklich ein Mann mit einem Gewehr im Auto saß. Aber vielleicht ein andermal, entschied er.
Er ging zurück, vorbei an der Kreuzung, wo die Tauben schliefen, und beschleunigte seinen Schritt. Zum Abendessen wollte er zu Hause sein. Hinter ihm wieherte ein Pferd und er vernahm eine fröhliche Kinderstimme. Aber das kümmerte ihn jetzt nicht, er war müde und hatte Hunger. Er hatte nur noch den gedeckten Abendbrottisch im Sinn.
Nach zehn Metern blieb er ruckartig stehen, als wäre er an eine unsichtbare Wand gelaufen. Er schaute zurück. Ein Pferd?! Nein, das war nicht irgendein Pferd, das war Lia! Es gab keinen Zweifel, er hatte seine Lia gehört.
Erwin drehte sich viel zu hastig um. Es wurde ihm schwindlig. Er blieb einen Augenblick ruhig stehen und atmete tief durch. Dann marschierte er entschlossen auf den Eingang zu, vor dem der schwarze Wagen stand. Er würde dem Mann mit dem Gewehr erklären, wer er war und was er wollte.
An der Stelle, wo die Wege sich kreuzten, blieb er stehen und dachte: An der »Taubenkreuzung« habe ich Lia wiedergefunden. Und er stellte fest, dass es ihn außerordentlich berührte. Es war mehr als Wiedersehensfreude. Lia hatte nur gewiehert, aber es hatte sich angefühlt, als hätte sie ihm zugerufen: »Erwin, du stehst nicht zufällig an dieser Kreuzung.« Er ahnte, dass etwas Bewegendes auf ihn zukam. Sein Blick wanderte wieder Richtung Dorf.
Schon die Begegnung mit der Verkäuferin war ihm so tief unter die Haut gegangen. Ja, er hatte sie als Frau nett und anziehend gefunden. Aber da war mehr! Erwin überlegte, was es gewesen sein könnte, fand aber keine Antwort. Was passiert hier eigentlich mit mir?, fragte er sich. Es waren gute, mächtige Gefühle, die sich in ihm breitmachten, aber sie verunsicherten ihn auch. Es fühlte sich an, als wäre da noch jemand anderes im Spiel. Dies war ihm fremd, er hatte so was noch nie erlebt.
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