Die 40 bekanntesten archäologischen Stätten entlang der Via Agrippa in Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Peggy Leiverkus
in der Form einer Matrone – zu sehen unten im Museum – beweisen. Der Name der hier angebeteten Matrone war Caiva. Als Muttergottheit erfüllte sie wahrscheinlich auch die Funktion einer Schutz-Patronin, wie etwa eine Patentante. Vielleicht errichteten die Gutsbesitzer selbst hier oben ihr ganz persönliches Matronenheiligtum. Andererseits lassen die zahlreichen Gebäude innerhalb des Tempelbezirkes vermuten, dass hier möglicherweise auch Priester gelebt haben könnten. Die Form des im Grundriss erhaltenen Tempels ist typisch für diese Gegend, sie ist sozusagen eine Hybridform aus keltischem und römischem Heiligtum mit einer viereckigen cella (Innenraum des Tempels) und einem darum liegenden überdachten Säulengang. In der Mitte der cella war meistens die Statue des Gottes abgebildet, der in dem Tempel verehrt wurde. Dies könnte neben oder nach Caiva übrigens auch Hercules gewesen sein, worauf der Fund eines Löwenkopfes hindeutet.
Literatur:
Schiffer. T.: Auf Römerwegen durch die Eifel. Rheinbach 2014. 50.
Rheinisches Landesmuseum Trier (Hrsg.): Führer zu archäologischen Denkmälern des Trierer Landes. Trier 2008. 156 f.
66 Räume, 14 Mosaike, drei Bäder, ein eigener Tempel und vier Ecktürmchen statt der üblichen zwei. Wer hier gewohnt hat, besaß eine Menge Geld und wollte das auch zeigen. Vielleicht traf sich hier die Trierer High Society, um Geschäfte zu machen und ausschweifende Partys zu feiern.
06 RÖMISCHE VILLA OTRANG BEI FLIESSEM – WER HAT DIE SCHÖNSTE VILLA?
DEUTSCHLAND | Rheinland-Pfalz |
Nur 800 m östlich der Via Agrippa befand sich, einen Tagesmarsch nördlich von Augusta Treverorum, ein prunkvolles Anwesen von enormem Ausmaß: die Villa Otrang bei Fließem. Noch heute liegt sie außerordentlich malerisch und einsam an einem seichten zum Kylltal hin abfallenden Hang und ist über die Via Agrippa, auf deren Trasse die B51 gebaut ist, zu erreichen.
Die villa rustica wurde wahrscheinlich im 1. Jh. n. Chr. erbaut und anschließend immer wieder erweitert, bis sie im 5. Jh. vermutlich im Zuge des Germaneneinfalls zerstört wurde.
Ihre Grundform entspricht dem im nördlichen Gallien verbreiteten Typ der Eckrisalitvilla. Sie bestand aus einem langgezogenen rechteckigen Haupthaus, das von einem vorgelagerten Säulengang (Portikus) und zwei an den Enden vorspringenden Eckräumen, den sog. Risaliten, gesäumt wurde. Allerdings verfügte das Haupthaus noch über zwei weitere Risaliten an der Rückseite und umfasste somit eine Fläche von 360 m2, auf der sich im 3. Jh. 66 Zimmer befanden, von denen 14 mit einem Mosaikfußboden ausgestattet waren. Noch dazu verfügte die Villa über drei Bäder und einen eigenen kleinen Tempelbezirk südlich des Geländes, der heute leider nicht mehr sichtbar ist (Abb. 14).
Wer könnte in so einem luxuriösen Anwesen gewohnt haben? Die Ausstattung lässt vermuten, dass die Anlage nicht allein als wirtschaftliches Gut genutzt wurde, sondern die Sommerresidenz einer reichen Persönlichkeit aus der römischen Oberschicht war, vielleicht aus dem 40 km entfernten Augusta Treverorum. Die vielen Trakte und Zimmer wurden vielleicht auch als Gästewohnungen genutzt, so kann man sich gut vorstellen, dass in manch lauer Sommernacht Gesang und Musik bis zur Via hinüberdrang, wenn der Hausherr mit seinen Gästen aus der Stadt ein ausschweifendes Fest feierte. Dabei gab er sich sicherlich nicht bescheiden, denn immerhin hatte er die besonders weitläufige Konstruktion seines Hauses und die zahlreichen Mosaike mit ihren geometrischen und floralen Mustern nicht nur für sein eigenes Vergnügen oder gar für seine Dienerschaft anlegen lassen. Sie dienten vor allem auch der Repräsentation. Man kann sich gut vorstellen, dass die vielen reichen Großgrundbesitzer im südlichen Germanien um die aufwendigste und kreativste Ausstattung ihrer Gutshäuser konkurrierten. Man denke z. B. an das sagenhafte Mosaik in der nahe gelegenen Villa Nennig (siehe 14, S. 64) oder den repräsentativen Innenhof und das Bad in der Villa Borg (siehe 13, S. 58).
Abb. 14 Doppelter Denkmalschutz: Reste der Villa Otrang und Schutzhäuschen aus dem 19. Jh.
Wer die Villa heute besichtigt, wird anstatt von einem prächtigen Herrenhaus von lauter kleinen, z. T. hübsch im Fachwerkstil errichteten Hütten und einigen römischen Säulenresten auf dem Hof empfangen. Diese Schutzhütten stehen ebenso wie die unter ihnen verborgenen Mosaike und Bäderreste unter Denkmalschutz. Wilhelm IV. ließ sie noch als Kronprinz errichten, nachdem er 1833 die Ausgrabung besichtigt hatte und der Schönheit der gefundenen Mosaike verfallen war. In einer dieser Hütten ist heute ein kleines Restaurant untergebracht, in dem man römische Speisen und Getränke wie Fladenbrot mit Moretum (eine Käsepaste mit viel Knoblauch) oder Mulsum (süßer Honigwein) genießen kann.
Literatur:
Rheinisches Landesmuseum Trier (Hrsg.): Führer zu archäologischen Denkmälern des Trierer Landes. Trier 2008. 106 f.
Immer diese Germanen! Ihrer Heimsuchung im 3. Jh. ist es zu verdanken, dass von der Straßensiedlung Beda nichts übriggeblieben ist. Als neuer Wachposten für die Via Agrippa wurde anstelle des Dorfes später ein Kastell errichtet – das die Erscheinung der Altstadt bis heute prägt.
07 BITBURG – BEDA: RASTEN IN SICHEREN MAUERN
DEUTSCHLAND | Rheinland-Pfalz |
Wahrscheinlich im Zuge der Baumaßnahmen der Via Agrippa wurde um 10 n. Chr. die Raststätte Beda als erste Station nördlich von Augusta Treverorum Richtung CCAA gebaut. Eine Bauinschrift für einen Wachturm aus dem Jahr 245 n. Chr. sowie die Erwähnung in dem antiken Straßenverzeichnis Itinerarium Antonini belegen, dass die Straßenstation sich zu einer richtigen Siedlung (vicus) entwickelt hat – die allerdings um das Jahr 275 n. Chr. von den Germanen wieder zerstört wurde.
Abb. 15 Im Grundriss der Altstadt von Bitburg zeichnet sich das spätrömische Kastell ab.
Abb. 16 Bitburg, Reste der Befestigungsmauer des spätantiken Kastells.
Um das Jahr 340 n. Chr. wurde dann anstelle der zerstörten Straßensiedlung ein Kastell erbaut, wahrscheinlich um die Via Agrippa im Falle erneuter Einfälle zu sichern (Abb. 15). Die Reisenden im 4. Jh. waren vermutlich froh, wenn nach einer anstrengenden Reise durch locker besiedeltes Gebiet und noch dazu in solch unsicheren Zeiten die ca. 3,80 m dicken Mauern der Befestigungsanlage mit ihren 13 Türmen in Sichtweite kamen. Wie früher durch den vicus führte die Via Agrippa auch jetzt noch mitten durch Beda hindurch, es gab im Norden und im Süden jeweils ein Tor.
Auf der 2 ha großen Fläche dieses Kastells steht heute immer noch die Altstadt von Bitburg, denn die gut befestigte Anlage bot nachfolgenden Generationen immer wieder Wohnraum und Schutz und wurde so in ihrer Grundform erhalten. Den Verlauf der Via Agrippa kann man heute auf der Hauptstraße nachvollziehen.
Auf einem archäologischen Rundweg kann der Besucher die sichtbaren Reste des Kastells erkunden und damit gleich die Altstadt kennenlernen, während ein leichter Duft von