Das große Sutherland-Kompendium. William Garner Sutherland
das Os sphenoidale ist tiefer und das Os occipitale steht höher. Es kann auch einen lateralen Strain geben. Dann befindet sich die Basis des Os sphenoidale links und die Basis des Os occipitale rechts oder das Os sphenoidale rechts und das Os occipitale links. Man benennt diese Muster am einfachsten nach der Stellung des Corpus sphenoidalis, da dies dann die Position des Proc. basilaris des Os occipitale impliziert.
Unter bestimmten Umständen kann die Schädelbasis durch traumatische Kräfte komprimiert sein. Diese Kräfte zeigen sich am Schädel des Erwachsenen als Kompression an den Gelenkverbindungen. Bei Neugeborenen und Kindern können Traumen ebenfalls eine Kompression hervorrufen. Zusätzlich können diese Kräfte, die mit dem Wachstum akkumulieren, dafür sorgen, dass ein schon bestehendes Muster komprimiert wird. Diese Patienten werden manchmal ‚Kinder mit festen Köpfen‘ genannt. Wenn Ihre diagnostische Vorgehensweise einen derartigen Zustand aufdeckt, spricht man ganz einfach von Kompression der Schädelbasis.
ZEICHNUNG I–17: SCHEMATISCHE MUSTER DER SPHENOBASILAREN VERBINDUNG
Beachten Sie, dass bei vertikalen und lateralen Strains Os sphenoidale und Os occipitale in der gleichen Richtung um parallele Achsen rotieren.
Vertikaler Strain hoch: Als Folge der Knochenrotation steht die Basis des Os sphenoidale relativ erhöht, wohingegen der basilare Anteil des Os occipitale relativ abgesenkt ist.
Lateraler Strain rechts: Als Folge der Knochenrotation ist die Basis des Os sphenoidale relativ nach rechts verschoben, der basilare Anteil des Os occipitale dagegen relativ nach links.
Ich nutze den Kontakt am Schädeldach für eine systematische Diagnose des Zustands und der Muster an der Schädelbasis. Das heißt, ich wende sämtliche Bewegungstests aller von mir beschriebenen Muster an. Sie können auch andere Kontakte benutzen, Ihre eigene diagnostische Vorgehensweise entwickeln und dadurch jederzeit zum gleichen Verständnis des Mechanismus Ihres Patienten kommen. Ihre visuelle und palpatorisch beobachtende Routine liefert Ihnen zahlreiche Details. So wird Ihnen klarer, was man durch die Diagnose der Außenseite über die Gestalt der Innenräume erfahren kann.
Ich möchte nochmals betonen, wie wichtig es ist, Os sphenoidale und Os occipitale als Räder zu visualisieren. Bei diesem Bild können Sie einen bestimmten Ort auf einer Speiche des Rades oder auf seinem Umfang bestimmen. Lokalisieren Sie das Foramen magnum auf dem Rad des Os occipitale. Sie fühlen, dass sich das Foramen magnum nach vorne und ein wenig nach oben bewegt, sobald sich das Os occipitale in Flexion dreht. Gleiches gilt, sobald das Os sphenoidale zirkumrotiert. Sämtliche Speichen des Rades werden auf einen anderen Platz gedreht. Diese Tatsache kann Sie bei Ihrem Verständnis unterstützen.
DAS SAKRUM UND SEINE BEZIEHUNG ZUR SCHÄDELBASIS
Richten Sie nun Ihre Aufmerksamkeit auf das Foramen magnum des Os occipitale. Die intraspinale Dura mater, eine Fortsetzung der inneren Schicht der Dura mater des Schädels und ihrer Verdoppelungen, ist am Rand des Foramen magnum solide befestigt. Weiter ist sie nicht am Atlas, sondern an den Körpern des zweiten und dritten Halswirbels befestigt – das heißt, auf dieser Höhe am Lig. longitudinale posterior.
Von dort hängt sie wie ein hohles Rohr den Rückenmarkskanal hinunter, bis sie das Sakrum erreicht.71 Im Canalis sacralis ist die intraspinale Dura mater am Lig. longitudinale posterior auf der Höhe des zweiten sakralen Segments befestigt. Da die Membran nicht dehnbar ist, leuchtet es Ihnen ein, dass bei einer kleinen Bewegung des Os occipitale nach vorne und oben während der Inhalation das Foramen magnum und die damit verbundene Membran ihrerseits ein wenig nach vorne und oben gezogen werden. Sie können sehen, wie die Membran aufsteigt und das Sakrum mitnimmt. Dies ist die Reziproke Spannungsmembran des Rückenmarkskanals, die intraspinale Reziproke Spannungsmembran.
Welche Auswirkung hat dieses Geschehen auf das Sakrum? Das Sakrum ist zwischen den Ilia in zwei L-förmigen Gelenkverbindungen aufgehängt. Während der Inhalation wird die Basis sacralis nach posterior angehoben, und der Apex wird nach vorne bewegt. Anschließend, während der Exhalation, fällt die Speiche – das Foramen magnum – zurück auf einen tieferen Stand und die Basis sacralis sinkt nach vorne in ihre Extensionsposition. Dabei bewegt sich der Apex sacralis posterior. Hier diskutieren wir das Prinzip der Reziproken Spannungsmembran im Rückenmarkskanal, die das Foramen magnum am Os occipitale mit dem zweiten sakralen Segment verbindet. Sie werden diese Information noch benötigen.
Aufgrund der unmittelbaren Verbindung des Os occipitale mit dem Sakrum können Sie verstehen, dass es eine unwillkürliche Beteiligung des Sakrum an der physiologischen Aktivität des kranialen Mechanismus gibt. Ein Studium des Sakrum, das zwischen den Ilia aufgehängt ist, zeigt uns die Ähnlichkeit mit dem Os sphenoidale, das unterhalb der beiden Ossa frontalia aufgehängt ist. Das Sakrum zeigt in seinem Mechanismus eine Einheitlichkeit in Bezug auf seine unwillkürliche Bewegung zwischen den Ilia und der Bewegung des Os sphenoidale. Ein intensives Studium der Anatomie der Verbindung von Ilia und Sakrum zeigt uns transversal und quer verlaufende Bänder, aber keine Muskeln.
Diese Information weist auf eine gelenkartige Mobilität hin, welche sich von der haltungsbedingten Beweglichkeit der Ilia in Bezug auf das Sakrum unterscheidet.
Die Experimente, die zu der Schlussfolgerung führten, dass Schädel und Sakrum innerhalb eines Primären Atemmechanismus als Einheit funktionieren, waren von außen her betrachtet nicht dramatisch, aber überzeugend und klinisch wertvoll.
Ich entdeckte bei meinen Experimenten, dass ich ein kleines Kissen unter dem Apex sacralis so platzieren konnte, dass das Sakrum in seine Flexionsposition angehoben wurde (Basis sacralis posterior und Apex sacralis anterior). Ich konnte das Kissen auch unter die Basis sacralis legen und das Sakrum damit in seine Extensionsposition bringen. Dann fand ich heraus, dass, wenn ich das Kissen dort unten beließ, etwas im Schädel passierte, das auf eine Verbindung zwischen Sakrum und der normalen Fluktuation der Zerebrospinalen Flüssigkeits-Tide hinwies. Dies vermittelte mir mehr als bloße Informationen. Es war eine Erweiterung meines Wissens.
DIE ZEREBROSPINALE FLÜSSIGKEIT IN DIAGNOSE UND BEHANDLUNG
Unser nächstes Thema ist die Diagnose und Behandlung des Schädels mithilfe der Zerebrospinalen Flüssigkeits-Tide. Ich hatte gezögert, dieses Phänomen in meiner Fakultät zu erwähnen, weil es mir als das Unheimlichste erschien, das man sich vorstellen kann. Ich habe Sie gebeten, Ihre Aufmerksamkeit auf die Potency der Tide zu richten. Sie besitzt mehr INTELLIGENZ und Potency als jede blinde Kraft, die ohne Schaden anzurichten von außen angewandt werden kann. Die Zerebrospinale Flüssigkeit mit jenem ‚höchsten bekannten Element‘ kann für Sie arbeiten. Sollten Sie im Zweifel über die richtige Diagnose sein, lassen Sie die Tide für sich arbeiten. Sie können die Tide zu einem Bereich des Schädels dirigieren und die Wirkung mit Ihrer empfangenden Hand spüren. Wenn Sie einen Rebound feststellen, stößt sie gegen etwas, das ihre Fluktuation behindert. Wenn es an einer bestimmten Stelle eine Blockade gibt, kommt es wieder und wieder zu einem Rückprall. Liegt keine Blockade vor, spüren Sie lediglich ein sanftes Nachgeben mit der Bewegung. Sie können sich darauf verlassen, dass dies etwas ist, was Ihnen die Wahrheit sagt. Sie können dieses Phänomen sowohl in der Behandlung als auch in der Diagnostik verwenden. Es kann auch eine weitere Person die Fußsohlen anfassen, während Sie die Tide dirigieren, und dabei den gleichen Rückprall spüren. Eine Deutung des Rückpralls der Tide gibt Ihnen Informationen.
Angenommen Sie dirigieren zum Beispiel die Tide vom rechten Fuß zur gegenüberliegenden Seite des Kopfes, sagen wir zur linken Sutura okzipitomastoidea. Bitten Sie den Patienten, den rechten Fuß dorsal zu flektieren. Wenn der Patient einen membranösen Strain des Gelenks der linken okzipitomastoidalen Gelenkverbindung hat und Sie in Kontakt mit dem Fuß sind, werden Sie etwas spüren, was sich anfühlt, wie stürmische Wellen, die an eine Felsküste schlagen. Die Tide hat sich aufgestaut und Sie können dies unten am rechten Fuß ganz deutlich spüren, nicht am linken. Verstehen Sie, worum es hier geht?
Nehmen wir als weiteres Beispiel an, dass es einen membranösen Strain im frontosphenoidalen Bereich gibt, der sowohl kleine