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Hilfe und Betreuung abgesichert werden und wenn ja, was ist genau mit «Hilfe» oder «Betreuung» gemeint? Sollen pflegende Angehörige direkt entschädigt werden und wenn ja, wer sind denn nun diese pflegenden Angehörigen? Soll eine Subjektfinanzierung im Vordergrund stehen und die pflegebedürftigen Personen erhalten Gelder, mit denen sie eigenständig ihre Pflege- und Betreuungsdienstleistungen einkaufen können? Und wohl am wichtigsten: Wer finanziert eine Pflegeversicherung? Soll es Kopfprämien wie in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung geben oder sollen die Beiträge nach Einkommen berechnet werden, welche gar paritätisch mit den Arbeitgebenden getragen werden? Zahlen Personen jeden Alters in diese Pflegeversicherung ein oder erst ab einem bestimmten Alter? Will man – und wenn ja wie – die Arbeitgeber in die Pflicht nehmen, dass sie informell pflegenden und betreuenden Arbeitnehmern Pflegetage und Pflegeurlaube oder gar ein Recht auf eine Teilzeitstelle gewährleisten müssen?
Die wohl am schwierigsten zu beantwortende Frage ist die nach der Finanzierung einer solche Pflegeversicherung. «Wer zahlt?» Eine Frage, die ich oft von Thomas Gächter gehört habe. Die heutige Pflegefinanzierung in der Schweiz ist nicht gut gelöst. Die Kosten für Hilfe und Betreuung tragen in erster Linie die Betroffenen selbst. Das setzt falsche Anreize, so Thomas Gächter: «Durch die Pflegekosten wird Eigentum vernichtet, das kommt einer Enteignung der Erben gleich», sagt er. Das Signal sei verheerend: «Man ist blöd, wenn man spart, denn man kann es nicht den Kindern vererben.» Der fehlende Anreiz zu sparen sei wiederum schlecht für den Staat, denn schon Bismarck habe gewusst: «Wir brauchen Bürger und Bürgerinnen, die etwas zu verlieren haben. Diese tragen den Staat mit.»[36]
Fest steht, dass so es so nicht weitergehen kann. Um es mit den Worten von Thomas Gächter zu einer möglichen Pflegeversicherung auszudrücken: «Das Wie weiss ich nicht (…) aber das Ob ist klar: Dass man etwas machen muss, wissen alle.»[37]
1 Beste Grüsse an Philipp Egli. ↵
2 Martina Filippo, Sozialversicherungsrechtliche Absicherung unentgeltlich pflegender Personen im Erwerbsalter, Zürich/Basel/Genf, 2016. ↵
3 Abgesehen von den Betreuungsgutschriften der AHV (Art. 29septies AHVG). ↵
4 Ausführlich dazu Filippo (Fn. 2), S. 57 ff. ↵
5 Ausführlich dazu Filippo (Fn. 2), S. 101 ff. ↵
6 Francesca Colombo/Ana Llena-Nolaz/Jérôme Mercier/Frits Tjadens, Help Wanted? Providing and paying for long-term care, OECD Health Policy Studies, OECD Publishing 2011. ↵
7 https://de.statista.com/themen/5019/pflege-in-der-schweiz/. ↵
8 Siehe auch Filippo (Fn. 2), S. 7 ff. ↵
9 Eine Zusammenfassung weiterer Zahlen und Fakten mit zahlreichen Verweisen auf entsprechende Studien findet sich bei Filippo (Fn. 2), S. 7 ff. ↵
10 Siehe dazu Demenz in der Schweiz 2020, Zahlen und Fakten, Alzheimer Schweiz (abrufbar unter https://www.alzheimer-schweiz.ch/de/publikationen-produkte/produkt/demenz-in-der-schweiz-zahlen-und-fakten). ↵
11 https://www.curaviva.ch/News/Indirekter-Gegenvorschlag-zur-Pflegeinitiative/oJcLa0PA/PEZNL/?lang=de&m=0. ↵
12 Zum Ganzen Synthesebericht, Förderprogramm «Entlastungsangebote für betreuende Angehörige 2017–2020», 7. Dezember 2020, S. 4 (abrufbar unter https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/strategie-und-politik/nationale-gesundheitspolitik/foerderprogramme-der-fachkraefteinitiative-plus/foerderprogramme-entlastung-angehoerige.html). ↵
13 Vgl. auch https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-80596.html. ↵
14 https://www.curaviva.ch/News/Indirekter-Gegenvorschlag-zur-Pflegeinitiative/oJcLa0PA/PEZNL/?lang=de&m=0. ↵
15 Zum Ganzen Filippo (Fn. 2), S. 188. ↵
16 Ob die Sozialversicherungen informelle Pflege- und Betreuungsleistungen überhaupt entschädigen sollen, ist zu diskutieren. ↵
17 Ausführlich dazu Filippo (Fn. 2), S. 57 ff. m.w.H. ↵
18 Filippo (Fn. 2), S. 134. ↵
19 Synthesebericht (Fn. 12), S. 6. ↵
20 Zum Ganzen Filippo (Fn. 2), S. 19. ↵
21 Zum Ganzen Filippo (Fn. 2), S. 22 f. ↵
22 Synthesebericht (Fn. 12), S. 27. ↵
23 Vgl. dazu Flurina Meier/Beatrice Brunner/Golda Lenzin/Sarah Heiniger/Maria Carlander/Andrea Huber, Betreuung von Seniorinnen und Senioren zu Hause: Bedarf und Kosten, Eine Studie im Auftrag von Pro Senectute Schweiz: Schlussbericht, November 2020, S. 59 f. ↵
24 Zum Ganzen Meier et al. (Fn. 23), S. 56. ↵
25 Vgl. zum Ganzen Meier et al. (Fn. 23), S. 59. ↵
26 Filippo (Fn. 2), S. 101. ↵
27 Thomas Gächter, Wozu noch Erbrecht?, in: Pflegerecht 2019, S. 70–77, S. 72. ↵
28 Synthesebericht (Fn. 12), S. 79. ↵
29 https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/strategie-und-politik/politische-auftraege-und-aktionsplaene/aktionsplan-pflegende-angehoerige.html.