Bionik. Bernd Hill

Bionik - Bernd Hill


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       durch Sturm

       f

       Durchbiegung

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       Es ist ein ästhetisch anzuschauendes und stabiles

       System miteinander verbundener langer Rippen

       und dazwischen liegender kurzer Stege, welche

       die erforderliche Steifigkeit der großen Blatt-

      membran erzeugen. Man nennt es auch das

       Prinzip der radialen Verrippung.

       Ob die Struktur der Blattunterseite der Rie-

      senseerose Vorbild für das Überdachungssystem

       des Londoner Kristallpalastes auf der Weltausstel-

      lung von 1851 war, wird in Büchern und Zeitschriften

       unterschiedlich gedeutet.

       Die Fachleute sind hier unterschiedlicher Meinung. Manche gehen davon aus,

       dass eine Analogie der Struktur zwischen Blattunterseite und Überdachungs-

      system besteht. Andere dagegen verneinen diese Aussage.

       Blattunterseite der

       Riesenseerose

       Londoner Kristallpalast

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       Welche Aussage ist nun richtig? An welchem Vorbild hat sich der englische

       Architekt und Erbauer des Kristallpalastes, Joseph Paxton, orientiert? Gab es

       überhaupt ein Vorbild für den Kristallpalast? Fragen über Fragen. Machen wir

       Die Analogiebildung ist eine Methode zur Gewinnung und Übertragung von

       Erkenntnissen über den Aufbau und die Funktion bzw. das Verhalten von

       Pflanzen und Tieren auf technische Sachverhalte.

       Analogiebildung

       l

       Muschelschale

       Restaurantdach

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       uns mit der forschend-entdeckenden Arbeitsweise und dem Denkstil Paxtons

       vertraut, dann finden wir Antworten auf unsere Fragen.

       Ab 1828 konstruierte und baute Paxton Gewächshäuser, um neu entdeckte

       und wertvolle Pflanzenarten aus den Tropen im kühlen Klima Englands zu

       kultivieren. Paxton, der sich auch wissenschaftlich mit Botanik beschäftigte,

       gab ab 1831 mehrere Botanische Zeitschriften heraus. Nach der Entdeckung der

       Riesenseerose standen in diesen Zeitschriften mehrere Veröffentlichungen über

       ihre botanische Beschreibung. Dadurch gewann Paxton genaue Erkenntnisse

       über ihren Bau und ganz besonders über das Stabilisierungsprinzip ihrer großen

       Blattflächen, ein an der Blattunterseite angeordnetes Netz von strahlenförmigen

       und konzentrischen Rippen. Sicherlich fand man hier Anregungen und erste

       Lösungsansätze für das Bauprinzip der Glaseindeckung von Gewächshäusern.

       Auch setzte sich in dieser Zeit im Gewächshausbau die Erkenntnis durch, dass

       geneigte Glasflächen mehr Licht durchlassen als eben angeordnete. Aufbauend

       Das „Great Observatory“

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       auf diesen Informationen erfand Paxton 1832 das Prinzip des gefalteten Glas-

      daches. Dieses Berg- und Tal-Dachsystem wurde „Ridge- and furrow-System“

       genannt.

       Nach diesem Prinzip baute Paxton 1836 aus Gusseisen und Glas ein großes

       Gewächshaus in Chatsworth, das so genannte „Great Observatory“. Es bestand

       aus bogenförmigen Längsträgern, an denen sich beiderseits die Stege für die

       Glaseindeckung befanden.

       Paxton wurde damit als Spezialist eines materialsparenden Bauverfahrens in

       Leichtbauweise schnell bekannt.

       Als es 1846 in England erstmals gelang, den Samen der Riesenseerose zum

       Keimen zu bringen, war die Zeit reif, ein spezielles Gewächshaus für diese Seerose

       zu bauen. 1849 errichtete Paxton ein solches Glashaus in dem schon im Herbst des

       gleichen Jahres erstmals die Riesenseerose blühte. Anlässlich der Eröffnung dieses

       neuen Gewächshauses hielt Paxton eine Eröffnungsrede und sagte: „Die Natur war

       der Ingenieur. Die Natur hat ein Blatt hervorgebracht mit Längs- und Querträgern

       und Stützen die ich, von ihr geliehen und sie in diesem Gebäude umgesetzt habe.“

       Dieses Gewächshaus hatte ein horizontales Faltglasdach, welches er sich 1850

       patentieren ließ.

       ERFINDUNG DURCH PRINZIPÜBERTRAGUNG

       Paxton diente das Stabilisierungsprinzip der Blattunterseite der Riesenseerose hier

       sicherlich als Anregung für die Konstruktion seiner Gewächshäuser. Es ist anzu-

      nehmen, dass er das System von Längs- und Querrippen mit anderen Materialien

       und Größenverhältnissen auf seine Gewächshausbauten übertrug. Ihm ging es

       nicht darum die Rippenanordnung von der Blattunterseite zu kopieren, sondern

       um die Übertragung des zugrunde liegenden Prinzips. Beim Riesenseerosenblatt

       handelt es sich ja um eine schwimmende Konstruktion, bei der die Blattrippen im

       Wasser neben der Trage- und Stützfunktion auch die Aufgabe haben, die seitlich

       wirkenden Wellenbewegungen aufzunehmen. Außerdem handelt es sich beim

       Blatt um eine ebene, kreisförmige Struktur. Bei der Dachkonstruktion dagegen

       hat man es mit einer räumlich gefalteten Rechteckanordnung zu tun. Prinzipiell

       sind jedoch aus statischer Sicht die Grundelemente miteinander vergleichbar.

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       Die Längsbalken des Gewächshausdaches entsprechen den längeren radialen

       Blattrippen. Die kurzen, kreisförmig angeordneten Zwischenstreben des Riesen-

      seerosenblattes übernehmen beim Faltdach die unterspannten Querbalken aus

       Holz. Die vielen eingebauten Glasscheiben entsprechen insgesamt der Blatt-

       membran der Riesenseerose.

       Prinzip der radialen Verrippung bei der Riesenseerose

       und bei der Kuppel des Kristallpalastes

       Konstruktionsdetail

       Die Statik ist ein Teilgebiet der Physik, in dem der Ruhezustand eines Körpers

       unter dem Einfluss der auf ihn wirkenden Kräfte beschrieben wird.

       i

       Statik

      


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