Indianische Heilpflanzen. Felix R. Paturi
Frische rohe oder getrocknete Erdnüsse sind ein hervorragendes Blutreinigungsmittel.
Herzasthma behandeln Medizinmänner mit Bitterstoffen der Rosskastanie.
Harmonie des Ganzen
Wenn von Heilpflanzen die Rede ist, denkt der durchschnittliche Europäer sofort an die Pflanzenheilkunde, an die Phytotherapie also. Die mag zwar sehr unterschiedliche Gesichter haben - reicht sie doch vom Kräuterteegemisch aus Großmutters Hausrezeptesammlung und vom bitteren alpenländischen Verdauungsschnapserl bis hin zur standardisierten Wirkstoffauszugsdroge der modernen pharmazeutischen Industrie. Dahinter steckt jedoch immer der gleiche Grundgedanke: Bestimmte Pflanzen enthalten bestimmte organisch-chemische Substanzen, die auf irgendeine Weise krankheits- oder organspezifisch wirken, wenn der Mensch sie seinem Körper zuführt. Diese »aufgeklärte« naturwissenschaftliche Betrachtungsweise teilen die meisten Naturvölker nicht.
Ironie der Medizingeschichte: Im 16. Jahrhundert trug ausgerechnet die Begegnung spanischer Eroberer der Neuen Welt mit indianischen Medizinmännern und ihrem riesigen Heilpflanzenschatz maßgeblich zur Entwicklung der Haltung bei, die Europäer heute gegenüber der Pflanzenheilkunde einnehmen.
Heilung des lebendigen Ganzen
Der europäische Geist ist analytischer Natur. Er seziert und untersucht dann - zwangsläufig - Leichen, denn was man erst einmal in Einzelteile zerstückelt hat, ist kein lebendiges Ganzes mehr.
Die Naturkenner der Stammesvölker kümmern sich nicht um derartige einzelne Scherben, sie schenken ihr Augenmerk dem heilen Ganzen, also dem Leben mit all seinen komplexen Erscheinungsformen und Zusammenhängen. So repariert denn der europäische Arzt Schäden und Defekte, der Medizinmann hingegen bringt außer Tritt geratene Harmonien wieder ins Gleichgewicht. Das trifft auf den heilenden Indio ebenso zu wie etwa auf die Medizinmänner Schwarzafrikas, die Kräuterkundigen Zentralasiens oder die Ärzte der traditionellen chinesischen Medizin.
So weiß denn auch der durchschnittliche europäische Arzt nach abgeschlossener Ausbildung in der Regel weit mehr über zahlreiche einzelne Krankheiten als über die integrale Funktion des gesunden Gesamtorganismus. Kein Wunder, dass nicht zuletzt vor diesem Hintergrund in Europa und überall dort, wo heute die europäische Kultur ihren Einzug genommen hat, ein äußerst gestörtes Verhältnis des Menschen zur Natur herrscht. Steht er schon aus traditioneller christlicher Sicht selbst außerhalb dieser - denn er gibt vor, Gott habe ihm befohlen, sich die Natur untertan zu machen -, so trägt die moderne Naturwissenschaft das ihre zu diesem absurden Weltbild bei, indem sie alles, was sie nicht messen und begreifen kann, als »übernatürlich« und damit als Humbug abtut. Diese Denkweise gipfelt in dem Unwort »Umwelt«, das der Europäer arrogant benutzt, um die gesamte Schöpfung außer sich selbst und seiner Technik zu bezeichnen. »Welt« wäre ein treffenderer Ausdruck, doch der würde den zivilisierten Menschen peinlicherweise zwingen, sich selbst wieder als einen integralen Teil des Ganzen zu betrachten und sich nicht elitär darüber zu stellen.
Neben den Spaniern übernahmen auch andere europäische Eroberer indianische Heilpflanzenkenntnisse in ihren Wissensschatz.
Der Mensch in Harmonie mit sich und der Welt
Dieses gravierenden Unterschieds zwischen der europäischen Weltauffassung und dem Weltbild der Stammesvölker muss sich bewusst sein, wer sich mit indianischer Heilkunde befassen will. Sie ist nicht mehr als die schulmedizinische Phytotherapie, sie ist etwas ganz anderes, denn sie hat andere Ziele: Sie will keine lokalen Schäden beheben, sie strebt die Harmonie des Ganzen an. Indianische Heiler stellen auch nicht die Harmonie einer kranken Leber wieder her, sondern die des gesamten Organismus; und nicht nur diese, sondern die Harmonie des gesamten Lebewesens. Dazu gehört nicht allein der Körper, dazu gehören auch Geist und Seele.
Doch auch damit nicht genug. Ein einzelner Mensch kann in sich alleine nicht harmonisch und deshalb gesund leben, wenn er nicht auch in Harmonie mit seinen Mitmenschen und in Harmonie mit der Natur lebt.
Wer also glaubt, in diesem Buch Rezepturen vorzufinden, die ihm sagen, mit welchen indianischen Heilpflanzen er welche Wehwehchen kurieren kann, ohne weiter darüber nachdenken zu müssen, warum sein Körper überhaupt in Disharmonie geraten ist und ohne daraus Konsequenzen für seinen künftigen Alltag zu ziehen, der mag dieses Werk aus der Hand legen und weiterhin vom Arzt verordnete Pillen schlucken. Auch sie werden seine Leiden lindern und manche Krankheit heilen; die Frage ist nur, mit welchen Nebenwirkungen und für wie lange. Denn die kranke Seele heilen sie nicht.
Felix R. Paturi
Die Lebensphilosophie der Indianer
Das Wort »Indianer« birgt etwas Primitives, Atavistisches. Doch schon in unserer Kindheit - beim Indianerspielen - ging gleichzeitig eine starke Faszination davon die Anziehungskraft einer weit verbreiteten und hochkomplexen Kultur. Ob in Süd-, Nord- und Mittelamerika, in Grönland oder Asien - überall sind die Zeugnisse der indianischen Kulturkreise zu finden. Millionen interessierter Europäer besuchen jedes Jahr in Mexiko die Kultstätten der Maya und Azteken. Durch die Tempel der Maya, die Jagdtechniken der nordamerikanischen Indianer und die Mythen der Indios ist die Lebensphilosophie aller indianischen Kulturen auch für uns von Bedeutung. Der Weiße Mann kann lernen - und muss es auch, will er sein Überleben auch in weiterer Zukunft sichern.
Wissenschaft und indianisches Denken
Der Erkenntnisweg der Wissenschaft
Kurz vor seinem Tod erklärte der große Naturwissenschaftler Sir Isaac Newton (1643-1727): »Ich weiß nicht, als was ich der Nachwelt erscheinen mag, doch mir scheine ich nur wie ein Knabe gewesen zu sein, der an der Küste spielt und hin und wieder einen glatteren Kiesel oder eine schönere Muschel als gewöhnlich findet, während doch der große Ozean der Wahrheit gänzlich unentdeckt vor mir lag.«
Und als sich 1958 Wolfgang Pauli, einer der bedeutendsten und genialsten Physiker des 20. Jahrhunderts, anschickte, diese Welt zu verlassen, vertraute er seinem wissenschaftlichen Lieblingsassistenten sinngemäß an, er habe jetzt kognitiv eine Gesamtschau der kosmischen Realität erfahren, doch diese sei derart erhaben und beeindruckend, dass sie das Verständnis der Naturwissenschaftler unserer Tage bei weitem überfordere. Er wolle diese Erkenntnis mit ins Grab nehmen, denn er beabsichtige, als renommierter Wissenschaftler zu sterben und nicht als Phantast und Spinner abgetan zu werden. Es muss also wohl noch andere Erkenntniswege geben als jenen lebenslänglicher brillanter wissenschaftlicher Forschung, und vielleicht sind diese Wege sogar die zuverlässigeren.
Ironie des Schicksals
Selbst die von Newton bescheiden als »glattere Kiesel« und »schönere Muscheln« apostrophierten Erkenntnisse erwiesen sich zwei Jahrhunderte später als gar nicht so ungewöhnlich glatt und schön, als Albert Einstein, Max Planck und andere mit neuen Einsichten die bis dahin als Fundament der Naturwissenschaft betrachtete Newtonsche Physik zum Einsturz brachten.
Natürlich protestierten zunächst Hunderte von Wissenschaftlern gegen die Einsteinsche Revolution namens Relativitätstheorie, denn sie forderte Umdenken und das Aufgeben scheinbar sicherer Positionen. Nicht anders verhielt sich später Albert Einstein selbst, als er auf Werner Heisenbergs Entdeckung der Undeterminiertheit subatomarer Teilchen, der er wissenschaftlich nicht widersprechen konnte, 1927 rein emotional mit den Worten reagierte: »Gott würfelt nicht«.
Später forderte dann der bedeutende Quantenphysiker Niels Bohr rigoros eine »endgültige Ablehnung der Idee der Kausalität« und »eine radikale Revision unserer Haltung gegenüber dem Problem der physikalischen Realität«. Heute, wenige Jahrzehnte später, ist er mit dieser Forderung nicht mehr allein, nachdem es 1992 dem Kölner Experimentalphysiker Günter Nimtz unwiderlegbar gelang, Informationen