Grundlagen Recht für Wirtschaftswissenschaftler. Johannes Dietlein

Grundlagen Recht für Wirtschaftswissenschaftler - Johannes  Dietlein


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©NWB Verlag GmbH & Co. KG, Herne
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ISBN: 978-3-482-78651-8

      Vorwort

      Die Einführung in Grundlagen des Rechts gehört seit jeher zu den tragenden Säulen des Studiums der Betriebswirtschaftslehre sowie der Volkswirtschaftslehre. Zur Einarbeitung in die relevanten Teildisziplinen des Öffentlichen Rechts, des Bürgerlichen Rechts sowie des Gesellschaftsrechts mussten die Studierenden bislang auf eigenständige und oft heterogene Lehrmaterialien zurückgreifen. Das vorliegende Grundlagenwerk geht einen anderen Weg und hat es sich zum Ziel gesetzt, die Lernziele im Bereich des Rechts durch ein einheitliches und zugleich kompaktes Lehrbuch zu vermitteln. In seiner homogenen Konzeption ermöglicht dieses Werk nunmehr eine schnelle Aufnahme und Wiederholung des Vorlesungsstoffs aller maßgeblichen Rechtsbereiche. Zudem wurden bereichsübergreifende Grundfragen in einem kurzen Einführungskapitel vorangestellt, was erhebliche Synergieeffekte in der Stoffvermittlung generiert. Durch Kontrollfragen mit Antwortteil am Ende des Buches können die Studierenden schließlich ihren jeweiligen Wissenstand problemlos überprüfen und etwaige Lücken schließen.

      Bei der Konzeption und Abfassung des Kompaktlehrbuches konnten die Autoren auf langjährige Erfahrungen als Dozierende in der universitären Ausbildung junger Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler zurückgreifen. Besonderer Wert wurde auf eine verständliche und übersichtliche Stoffaufbereitung gelegt. Für Anregungen und Kritik sind die Autoren jederzeit dankbar.

      Besonderer Dank für engagierte Unterstützung bei der Erstellung des Werkes gilt schließlich Herrn Henner Gött, LL.M., Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre der Universität Düsseldorf, sowie Frau Sandra Schellhase.

      Sollte die Begeisterung, die die Autoren und ihre Mitarbeiter bei der Erarbeitung des Buches getragen hat, auf unsere Leser überspringen, so wäre das der schönste Lohn für unsere Arbeit.

      Düsseldorf, im Juli 2015 Johannes Dietlein Dorothee Endriss Andreas Feuerborn

      Teil 1: Grundlagen

      § 1 Rechtsgebiete

      1Das deutsche Recht unterscheidet zwischen dem Privatrecht (auch Zivilrecht genannt) und dem Öffentlichen Recht. Während das Privatrecht die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander regelt, befasst sich das Öffentliche Recht maßgeblich mit der Organisation des Staates und seiner Untergliederungen sowie den Rechtsbeziehungen des Staates zu den Bürgern. Zum öffentlichen Recht gehört formal gesehen auch das Strafrecht, welches jedoch aufgrund seiner zahlreichen Besonderheiten als eigenständiges Rechtsgebiet wahrgenommen wird.

      2Die Abgrenzung beider Großbereiche ist mitunter schwierig. Nach heute vorherrschendem Verständnis ist darauf abzustellen, ob die maßgebliche Norm ausschließlich den Staat bzw. eine seiner Untergliederungen als Hoheitsträger berechtigt oder verpflichtet (sog. Sonderrechtslehre). Ist dies der Fall, liegt eine öffentlich-rechtliche Norm vor, anderenfalls ist die Norm zivilrechtlicher Natur.

      Beispiel § 433 BGB regelt die Rechte und Pflichten eines Kaufvertrags. Die Norm ist zivilrechtlicher Natur, da nicht speziell der Staat berechtigt oder verpflichtet wird. Auch der Kauf eines Dienstwagens durch die Landesregierung ist damit dem Zivilrecht zuzuordnen. Umgekehrt ist die Erhebung der Einkommensteuer allein dem Staat vorbehalten, sodass die einschlägigen Gesetze dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind.

      3Relevant wird diese Frage etwa bei der Bestimmung der für Rechtsstreitigkeiten zuständigen Gerichtsbarkeit. In Deutschland gibt es für verschiedene Sachgebiete insgesamt fünf Gerichtsbarkeiten: die ordentliche Gerichtsbarkeit sowie die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit. Jede Gerichtsbarkeit besteht aus einer oder mehreren Landesinstanzen sowie einem Bundesgericht als oberstem Instanzgericht.

      Beispiel Der Instanzenzug in der Ordentlichen Gerichtsbarkeit: Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof.

      Die Verwaltungsgerichte etwa sind gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zuständig, sodass es hier auf die Abgrenzung zum Privatrecht ankommt.

      4Im Privatrecht existiert als zentrale Kodifikation das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), in dessen fünf Büchern allgemeine Regeln, z. B. zur Rechtsfähigkeit und zu Rechtsgeschäften, Regeln über vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse sowie das Sachen-, Familien- und Erbrecht enthalten sind. Daneben gibt es zahlreiche Sondergesetze, die jeweils spezielle Materien regeln und die allgemeinen Regeln des BGB modifizieren oder ergänzen. Hierunter fallen z. B. das Handelsgesetzbuch (HGB), welches den Rechtsverkehr unter Kaufleuten regelt, oder besondere Regelwerke über einzelne Gesellschaftsformen (z. B. GmbHG, AktG).

      5Das Öffentliche Recht umfasst zunächst das Verfassungsrecht (synonym: Staatsrecht), welches üblicherweise in die Bereiche Grundrechte und Staatsorganisationsrecht gegliedert wird. Weiterhin gehört zum Öffentlichen Recht das Verwaltungsrecht, welches in einen allgemeinen (insbesondere Organisation, Handlungsformen, Verwaltungsverfahren, Staatshaftungsrecht) und einen besonderen Teil (einzelne Regelungsmaterien, z. B. Polizei- und Ordnungsrecht, Baurecht, Kommunalrecht, Gewerberecht usw.) unterteilt wird. Auch das gesamte Prozessrecht sämtlicher Gerichtsbarkeiten zählt zum Öffentlichen Recht. Auf überstaatlicher Ebene gehören zum Öffentlichen Recht das Völkerrecht und das Europarecht (Recht der Europäischen Union).

      § 2 Rechtssubjekte; objektives und subjektives Recht

      6Rechtsnormen regeln die Rechtsbeziehungen zwischen Rechtssubjekten. Als solche Rechtssubjekte kennt das Recht sog. „natürliche Personen“ (Menschen) und juristische Personen, also durch das Recht geschaffene Rechtssubjekte (z. B. Kapitalgesellschaften als juristische Personen des Zivilrechts oder Gemeinden als juristische Personen des Öffentlichen Rechts). Eine Art „Zwischenform“ bilden bestimmte Personenmehrheiten, denen das Recht Rechte und Pflichten zuweist, ohne sie aber als juristische Personen zu benennen, wie etwa Personenhandelsgesellschaften. Allein Rechtsubjekte können Träger von Rechten und Pflichten sein. Keine Rechtssubjekte, sondern sog. Rechtsobjekte, sind Tiere, Sachen und Rechte. Auch diese werden zwar von Rechtsnormen erfasst, allerdings nur insoweit, als das Verhalten von Personen in Bezug auf diese Objekte geregelt wird (s. aber auch § 90 a BGB).

      Beispiel Vorschriften über das Eigentum eines Tierhalters an einem Pferd regeln nicht das Verhalten des Pferdes selbst, sondern die Rechte und Pflichten des Eigentümers gegenüber anderen Personen, z. B. zur ausschließlichen Nutzung (vgl. § 903 BGB) oder zur artgerechten Tierhaltung (vgl. § 2 TierSchG).

      7Juristische Personen sind, da sie rechtliche Konstruktionen sind, nicht aus sich heraus handlungsfähig. Sie handeln durch Organe (z. B. der Geschäftsführer einer GmbH oder der Bürgermeister eine Gemeinde). Die Funktionen eines Organs werden von natürlichen oder anderen juristischen Personen ausgeübt (sog. Organwalter). Handelt also ein Organwalter für die juristische Person, wird diese Handlung nicht ihm persönlich, sondern der juristischen Person zugerechnet.

      Beispiel Geschäftsführer M der X-GmbH schließt mit K einen Kaufvertrag über den Kauf eines Pkw zum Preis von 30.000 €. Handelt er dabei für die X-GmbH, kommt der Kaufvertrag zwischen ihr und K zustande. Handelt er dagegen für sich selbst, kommt der Vertrag zwischen K und ihm zustande (zu Vertragsschluss und Stellvertretung, vgl. Rn. 299 ff.und Rn. 387 ff.).

      8Das Öffentliche Recht kennt drei Grundformen von juristischen Personen, nämlich Körperschaften, Stiftungen und Anstalten. Körperschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie Mitglieder haben. Klassische Gebietskörperschaften sind die Gemeinden, die Länder sowie der Bund. Keine Mitglieder, sondern nur „Nutzer“ haben die sog. Anstalten, zu


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