Die gesellige Hausfrau 1892. Isa von der Lütt
Die Entstehung des Schäferspiels
Das Orakel, ein Liebesrezept (Schäferspiel im Geschmack der Rokokozeit)
IV. Teil – Familienfeste – Festspiele, Aufführungen u. s. w.
Liebe und Heimat. Festspiel für Verlobung oder Polterabend
Die Speisekammer. Ein Scherz für Polterabend
Die Hausgeister. Ein Polterabendscherz
Übergabe einer Bibel Festspiel für Silberhochzeit, Polterabend, Geburtstag Jubiläum
Ein Psalm. Festspiel für goldene Hochzeit
V. Teil – Unterhaltungen verschiedener Art.
Ein Traum am Kamin. Ein Chradenspiel
Liebe? Sprichwörterdarstellungen. „Stille Wasser sind tief“. I.-VIII. Scene
Causerie. (Wortspiel über feu und feuer.)
„Salonliebe“. Dramatische Salonscene
VI. Teil – Das Überbrettl im Salon.
Das Recht der Persönlichkeit. Drama in 4 Akten und 4 Minuten
Das Überkind. Moderner Monolog
Über den Geist der Geselligkeit und von Festen überhaupt.
Wie weit, wie weit entfernt ist im allgemeinen unsere Geselligkeit von dem schönen Begriff froher Gemeinsamkeit; wie weit, wie weit entfernt sind im allgemeinen unsere Gesellschaften von dem schönen Begriff froher Feste, von dem edel-heiteren Reiz „froher Feste“ nach „saueren Wochen“.
Verpflichtung hier, Verpflichtung dort, sind das nicht allermeist die treibenden Punkte? Ist’s nicht meist dieser Geist des Zwanges, des Unfreiwilligen, zum mindesten der Geist der geschäftsmäßigen, gleichgültigen, gegenseitigen „Abtuns“, der uns aus unseren Gesellschaften so kalt anweht?
Manchmal wohl macht ein besonders gastlich denkendes Haus es seinen Gästen wärmer als gebräuchlich; manchmal wohl müht sich die Eitelkeit einer gesellig ruhmdürstigen Hausfrau, einen „besonders hübschen Abend“, ein „besonders schönes Fest“ zu erzielen.
Wie selten aber, wie verschwindend selten spüren die Geladenen den Geist wahrer Gastlichkeit, den Geist der Güte, den Geist der Liebe, einen Geist, der aus warmem Herzen lädt, nicht nur „wenn man muß“, sondern auch wen es und wer uns freut; einen Geist, der nicht nur den Mund, sondern auch das Herz lächeln läßt, einen Geist, der jeden Raum gleich lieblich erhellt – der prunkende Lüstre, die fürstlichen Wachskerzen in silbernen Kandelabern, oder auch nur die bescheidene, rosabeschirmte Lampe erleuchte ihn, – einen Geist, der das Wort: „hab’ deinen Bruder lieb“ sich deutet in: „hab’ deine Gäste lieb“.
Lächelt Ihr, meine jungen Freundinnen, seid Ihr erstaunt oder gar indigniert, daß ich die selbstlose, allgemeine, große Bruderliebe für eine so weltliche, unwichtige Sache, wie es Geselligkeit, Gesellschaften, Feste sind, fordere?
Tut es nicht, meine lieben Freundinnen, sondern denkt an die Hochzeit zu Canaan. Denkt, daß die liebliche Predigt dieser holden Jesusgeschichte uns sagt: nicht weltfremd, nicht weltfern ist wahrer Christusgeist! Kein Zweierlei gibt es für ihn, kein Leben jetzt in, jetzt außer diesem Geist. Das ganze Leben durchdringt er, ganz wie es ist in Leid und Freud. Immer ist er dabei, gekannt oder unerkannt, leise atmend, nicht in Sprüchen und Reden sich blähend. Nie verscheucht wird er von menschlicher Fröhlichkeit, sonnigem Lachen. Nie flieht er die Freude, die aus den Quellen schöpft, welche in den Heimatfluren der gottgeborenen Menschenseele des Guten, Wahren, Schönen rinnen und willig sich schöpfen lassen in die kleinsten Becherchen, in die mächtigsten Krüge.
Wohl der Hausfrau, die in diesem Geiste zu sich lädt, die aus diesen Quellen ihre Gäste labt!
Der lebendige Zauber der Gemeinsamkeit, des sich Aneinandererfreuens, Aneinandererhebens webt und schafft allzeit in ihrem Kreise. Sie adelt, beseelt, schmückt, füllt jedes ihrer Feste, um das sie sich ernstlich müht, das allen, aber auch jedem Freude bieten, jedem etwas geben will.
Und auch die Stunde flüchtigen, ausruhenden Geplauders an ihrem alltäglichen, stillen Teetisch ist niemals verloren. Nie wird man aus ihrem Hause gehen mit dem Gefühl einer vergeudeten Stunde oder schlimmer noch mit der halbbewußten, halb unbewußten, bitter nachschmeckenden Empfindung, Genosse, wenn auch vielleicht nur ein mitfortgerissener, neutraler Genosse gewesen zu sein bei etwas Ungutem, Unedlem, Unrechtem, sei’s auch noch so salonfähig verkappt in Erscheinung getreten.
Immer scheucht sie, die heitere, aber sichere Hüterin ihrer reinen, stolzen Herdesflamme – zwar nicht den willkommenen, lachenden Scherz, den schalkhaften Humor, die scharf sich kreuzenden Redeklingen, das übermütige Genecke, den pfeilsicheren Witz – nein, nie verbannt sie das Salz des Geistes und des Lebens aus ihrem Kreise, aber immer scheucht sie die häßlichen, harten, lieblosen, neidischen Nachtvögel der Menschenseele, die so oft in geselliger Unterhaltung emporflattern, davon.
Mit leiser Wendung erstickt sie die Reden, die erröten machen, lenkt sie ab den Pfeil, der verwunden, verschüttet sie den Tropfen, der vergiften sollte.
Sind aber doch einmal etwa gar zu viele andersgeistige Elemente in ihren Kreis geraten, und drohen diese den goldenen, appollinischen Wagen ihrer Geselligkeit in die allgemeinen,