Die gesellige Hausfrau 1892. Isa von der Lütt
schon höre ich wieder die Tatsächliches-Fordernde meiner Leserinnen ungeduldig werden! Schnell also zurück zu unserem
Chinesischen Bazarfest.
Der ganze Aufbau wird derselbe wie bei dem chinesischen Tee der Gräfin X. Hause sein, nur den größeren Verhältnissen des offiziellen Lokales angepaßt.
Zudem wird eine fachmännische Autorität erschmeichelt werden, um einen kulturhistorischen Vortrag über China mit Lichtbildern zu halten. Ein belletristisch erprobte Persönlichkeit, vielleicht Reporter von Ruf, der die China-Expedition begleitete, soll frische, lebendige Geschichten und Geschichtchen erzählen, vorplaudern. Der Zauberer soll noch intensiver und breiter auftreten, das chinesiche Schauspiel – zu möglichster Vollendung entwickelt – der Glanzpunkt des Abends werden. Buden mit allen nur möglichen chinesischen Lebensspezialitäten werden in üppigster Fülle aufgeschlagen sein. Chinesische Gerichte, vor allem Reis, sind bei bezopften Köchen zu haben, Tee wird in reizenden „Teehäusern“, echt, die Untertasse auf der Obertasse liegend, genommen.
Chinesische Literatur wird, in Übersetzung, von den Buchhändlern besorgt. Ein eigenes, kurzes, originell verfaßtes Büchlein erscheint speziell dafür. Verschiedene chinesische Weisheits-Sprüche 5) werden auf Postkarten verfielfältigt, während das Hauptkorps dieser ewig jungen Modekinder die chinesische Mauer, ihre ruhmreichen Erstürmer und andere chinesische Motive zeigt.*)
Zwei Tage des Festes sollen mit hohen Eintrittspreisen gute Einnahmen erzielen, der dritte soll dem Volke gehören d. h. sehr niederer Eintritt soll allen die Teilnahme ermöglichen, wobei eventuell auch trotzdem die Menge gutes Resultat für den Zweck des Unternehmens bringen kann.
In der ersten Komiteesitzung, welche über diese chinesische Idee zu beraten hatte, zeigte es sich, wie sehr sich mit der allgemeinen Ausdehnung unserer nationalen Gesichtskreises durch Kolonieen und Flotte auch der Horizont der Bazare zu einem überseeischen erweitert hat. Mußte auch der Vorschlag einer begeisterten Flottenvereinlerin, ein Schiff darzustellen, als zu kostspielig verworfen werden, so erwiesen sich doch Dinge wie italienische Nacht ec. als vollkommen verblühte Blumen. Jetzt blühen nur mehr exotische.
In der Tat wurde sehr über einen Kolonial-Bazar, in ähnlicher Ausführung wie der chinesische, debattiert. Ebenso auch über einen den ganzen Erdkreis umfassenden Aller Welt- oder Von-Nord-nach-Süd-Bazar.
Ja dieser letzte hatte sogar Aussicht gehabt, die chinesische Idee zu besiegen, hauptsächlich ein paar mutwilliger, junger Frauen wegen, welche es sich reizend dachten, als Eskimo-Weibchen in einer Eskimohütte Tran (Tee) zu schenken, Eis- und Eisbärfelle zu verkaufen.
Nicht weniger dankbar als Bazare auf solch ethnographischer Grundlage sind solche auf
historischer und kulturhistorischer.
Für einen solchen plädierte sehr überzeugend der Schriftführer des Vereins, ein selbst sehr „historischer“ Fachmann: Vergangene, namentlich in der Städte-Blütezeit des 15. und 16. Jahrhunderts gefeierte Volksfeste, festliche Äußerungen aus Anlaß eines bedeutsamen, geschichtlichen Ereignisses aus der Stadt, in welcher der Bazar stattfinden soll, seien äußerlich ebenso anziehend, als innerlich erfreulich. Würden auch im allgemeinen größere Momente, wie Kaisereinzüge, Tourniere ec. als zu kostspielig wegbleiben müssen, so bliebe doch noch ein großer Schatz verwendbarer, kulturhistorischer Lebensäußerungen z. B. auch Aufführungen der Werke zeitgenössischen Dichter (wie es etwa in Nürnberg mit Werken von Hans Sachs der Fall wäre).
Am besten eignet sich für einen historischen Bazar die Rokokozeit, in einer zeitlich etwas weiten Ausdehnung. Zeitgemäße theatralische Aufführungen (siehe auch das „Schäferspiel in Rokoko“ im zweiten Teil), ein Mozartsches Quartett, von Rokokoherren in einem Mozart-Zimmer gespielt; ein, vom Spinett begleitetes, von Rokokopaaren getanztes Menuett, vielleicht auch eine von guten Dilettanten aufgeführte Glucksche Oper, oder ein Singspiel, Stammbuchblätter in Form der unentbehrlichen Postkarte, ein Stammbuch, Original und reproduziert, (mit Autographen, Moment-Photographien in Silhouetten-Art) – all dies und dergleichen mehr ist ebenso gefällig, als leicht durchführbar.
Dieser anmutige Vorschlag unseres verehrten Geheimrats bringt mich auf einen der reizendsten Bazare, bei welchen ich mich je beteiligte. Derselbe wurde von einem Verein junger Mädchen – ein Verein zugunsten von Teeabenden für Ladnerinnen – abgehalten als
Blumen-Lauben-Bazar.
Die zugrunde liegende Idee war: den ganzen, nicht sehr großen Saal in einen Blumengarten mit Lauben zu wandeln, in welchen man Kaffee, Tee oder Schokolade – der Bazar wurde nur nachmittags von 2 – 8 abgehalten – trinken konnte.
Jede der jungen Damen hatte es unternommen, ihre Laube je mit einer andern Blume auszustatten. Die des Blumenmachens Kundigen fertigten selbst das ihnen Nötige; andere zogen arme Blumenmacherinnen zur Hilfe heran. Außerdem vermischten sich in den Zweigen der künstlichen Blumen auch lebende, um des Duftes willen, der übrigens auch den künstlichen beigebracht war.
Der Anblick dieses Saales war entzückend. Die Wände waren bis zur halben Höhe mit hellgrünem Stoff behangen. Davon hoben sich unendlich freundlich und freudig alle die Lauben – Rosen in jeder Art und Schattierung, Flieder, Clemathis, Goldregen, Schneeballen, Geißblatt, Kapuziner, Pfirsichblüte ec. – ab. In den Zwischenräumen standen grüne Sträucher, hingen blühende Gewinde.
Vor jeder Laube war je ein Gärtchen eingerichtet. Zierliche Gartenmöbel – meist aus der jungen Damen Häuser selbst geliehen – luden zum Genuß der Erfrischungen, welche jede Laubeninhaberin verkaufte. Die Laube hatte seitlich je eine Fensteröffnung mit Fensterbrett, bestanden mit blühenden Blumenstöcken und Sträußen zum Verkauf. In einzelnen dieser reizenden Fenster, doppelt reizend, wenn die Inhaberin anmutig die Speisen herausreichte, hingen niedliche Käfige mit Kanarienvögeln, welche fröhlich und stimmungsvoll in die lustige Welt hinauszwitscherten und sangen.
Die jungen Damen gingen alle in der Landestracht – holländisch – was ganz besonders anmutig zum allgemeinen Charakter stimmte.6)
Hellklingende, freundliche Weisen spielende Streichmusik erhöhte noch die fröhliche, sonnige Stimmung.
Der Blumengarten war drei Nachmittage geöffnet. Am dritten, Sonntags, zu Volkspreisen. An diesem wurden in letzter Stunde die künstlichen Blütenzweige der Lauben verkauft. Um Geringes, ohne den Reichen Schranken zu setzen, um Pfennige. Manche Arbeitersfrau, der solch ein Schmuck für ihr Heim sehr herrlich dünkte, ging glückselig damit nach Hause.
Für Unternehmungen mehr exklusiven Charakters und vornehmeren Stiles sind seit einiger Zeit
Kunst-Ausstellungen,
Ausstellungen von Kunstgegenständen, die in Privatbesitz sind, in Aufnahme gekommen. Es ist dies ein Gebiet, welches sich je nach der Ausführung, auch in Spezialitäten: nur Gold- und Silberarbeiten, nur Gemälde, nur Porzellan, nur Handarbeiten, sehr erfolgreich bebauen läßt. Am besten und feinsten eignet sich hierzu das Privathaus. Je vornehmer das Haus, das sich hierzu leiht, je besser der Zuspruch und pekuniäre Erfolg, welche noch gesteigert werden können, wenn sich die betreffende Hausfrau entschließt, in ihrem Haus, sei dies auch ein Palais, auch, wenigstens zu einer bestimmten Stunde, selbst zu empfangen.
In gleichem Charakter können auch die bekannten
Tee-Abende,
wie sie in Großstädten in christlichen Vereinen, Hospizen ec. der Brauch sind, nutzbar gemacht werden.
In X. hielt ein Wohltätigkeits-Verein unter dem Vorsitz der Fürstin A. H. in diesem Sinne einen Gesangs-Abend, welcher reiche Ernte trug. Die Grundlage dieses Unternehmens waren die aus Gefälligkeit gegebenen Lieder einer Konzertsängerin erster Klasse, der Schauplatz war der große Saal eines Klubhauses.
Jede der zwölf Komitee-Damen hatte je einen Raum im Saale als persönlichen Empfangswinkel