King Artus und das Geheimnis von Avalon. Pierre Dietz
reichen zum Glück nicht aus, um ihn aufzustöbern.“
Der Hintertriebene wäre in der Lage diese Aussage zu bestätigen, denn in der Abwesenheit Vortigerns hat dieser die meiste Zeit erfolglos mit Suchen verbracht. Das bleibt sein Geheimnis.
„Für dich ist ein Schutzbau erforderlich“, formuliert Ardagus seinen hinterlistigen Plan, „das dich und dein Gold behütet. Baue einen festen Turm auf einem Hügel namens »Erfil«27. Dieser erhebt sich westlich von »Condate«. Folge der Römerstraße Richtung »Sulis«.“
„Kehrt Hengist zurück, um mir zur Seite zu stehen?“
„Wenn du dich bis zur Rückkehr der Sachsen nicht selbst schützt, kommt jede Hilfe zu spät!“
„Ich baue eine Kirche und bitte Gott um Unterstützung!“
„Erwarte von Gott, in solch einem Gebäude, gegen die Schwerter deiner Feinde, keinen Beistand! Nur der von mir erdachte Turm rettet dein Leben! Eile dich! Die Zeit ist knapp!“
„Weshalb ein Bauwerk außerhalb der sicheren Stadt errichten und nicht innerhalb des »Castrums« von »Condate«?“
„In diesen Mauern bist du nicht vor den Feinden aus deinen eigenen Reihen geschützt.“
„Zeige mir, wo sich dieser Hügel ist! Diesmal begleitest du mich dorthin!“
Unterhalb des Hügels »Erfil« ist eine Zeltstadt entstanden, in der emsiges Treiben herrscht. Vortigern lässt die kostspieligen Mietsklaven unbarmherzig von seinem Baumeister antreiben. Das Fundament ist gegraben. Die ersten Steine sitzen aufeinander. In der Nacht weckt lautes Getöse die erschöpften Arbeiter. Der Turm ist in sich zusammengebrochen. Noch in der Dunkelheit begibt sich ein Bote nach »Condate«. Am späten Nachmittag erreicht der Reiter die Stadt.
„Mein »Reix«! In der letzten Nacht hat uns ein seltsamer Vorfall verstört!“
„Ich habe befürchtet, du meldest mir einen Angriff der »Pictonen«.“
„Der Berg hat gebebt. Grauenvolle Geräusche sind aus seinem Inneren gedrungen. Schreckliche Angst hat unsere Herzen erfasst, da mit einem lauten Krachen die Grundmauern deines Turmes nachgaben und das Gerüst mit in die Tiefe gerissen hat!“
„Der Druide hat mir den Baumeister als den Besten empfohlen!“
„Der Einsturz ist nicht mit rechten Dingen zugegangen!“
„Die Mietsklaven sind die Schuldigen! Verstehen diese Untauglichen ihr Handwerk nicht? Der Erbauer möge die Mannschaft austauschen!“
„Dunkel ist die Nacht gewesen und die Arbeiter haben geschlafen. Nur üble Geister oder finstere Dämonen haben die Kraft, ein solch solides Bauwerk zu zerstören!“
Zweimal stürzt der Bau erneut ein, ein drittes Mal spricht der Bote vor. Vortigern lässt den Druiden Ardagus kommen.
„Böse Mächte verhindern meine Rettung. Deine Götter taugen nichts!“
„Die Götter haben keine Zustimmung erteilt, weil du ihnen nicht geopfert hast!“
„Gott steht über allem Irdischen und verlangt keine Opfer.“
„Dein Gott ist weit weg. Versöhne dich mit den hiesigen Göttern!“
„Was ist deiner Meinung nach zu tun? Ich kenne mich mit euren heidnischen Gepflogenheiten nicht aus.“
„In der Zeit unserer Vorväter ist ein vaterloser Jüngling bei lebendigem Leibe in das Fundament eingemauert worden, um die Mächte der Unterwelt zu besänftigen.“
„Solch unchristliche Praktiken sind mir zuwider!“
„Dein Leben ist in Gefahr!“
„Wenn du der Auffassung bist, ein Mord besänftigt deine Götter, so kümmere dich selbst um die Ausführung!“
„Ich schaffe dir einen Jungen herbei. Das Opfer hast du selbst zu vollziehen, sonst wirkt der Zauber nicht!“
„Aus christlicher Sicht ist das ein Mord.“
„Sagt ein Heermeister, der unzählige Seelen zu den Göttern geschickt hat.“
„Das ist jeweils in einem fairen Zweikampf geschehen. In einer Schlacht oder Mann gegen Mann!“
„Ein dunkler Schatten umgibt dich.“
„Was erhoffst du, mir mit diesen Worten zu sagen?“
„Dein Handeln ist nicht immer so rein und voller Edelmut gewesen, wie du mir gegenüber behauptest.“
„Bezichtigst du mich der Lüge?“
„Mich betreffen deine Vorgehensweisen nicht! Komme mit den Allmächtigen ins Reine!“
„Bring mir den Jungen! Aber gehe unauffällig vor!“
„Ziehe die Arbeiter von der Baustelle ab. So hast du keine Zeugen.
Unterstelle mir für seine Ergreifung einen Trupp deiner Kämpfer!“
„Wen hast du für das Opfer vorgesehen?“
„Die Götter haben mir ihre Wahl mitgeteilt“, lügt der Druide. „An der Küste lebt bei einem Fischer ein elternloser Jüngling, der behauptet, seine Mutter sei eine Adlige aus dem »Veneti«, der Vater aber sei unbekannt. Sein Wesen versetzt die Menschen in Angst. Dieser Bastard ist der Sohn des gefallenen Gottes! Dies ist der Grund, weshalb die ehrbaren Götter seinen Tod verlangen.“
„Ich gebe dir zu deiner freien Verfügung mein Siegel für Anweisungen an meine Soldaten. Erledige, was zu vollbringen ist.“
Der dem Tod geweihte Junge fällt durch seine blasse Haut und seine schwarzen Haaren aus dem Bild der Einheimischen. Zunächst weigert sich der großgewachsene Außenseiter, Ardagus Folge zu leisten. Der Druide fordert seine Männer auf, ihn zu ergreifen. Eine unsichtbare Kraft bildet eine Wand. Wie gebannt stehen die Krieger tatenlos neben ihrem Anführer. Auf einmal entschließt sich der Sonderling, freiwillig mitzugehen. Die Soldaten folgen ihm mit respektvollem Abstand.
„Ich bin Merlin,“ stellt sich der Bartwuchslose unaufgefordert vor. „Ich habe mich auf den Weg zu dir gemacht, da ich sehe, wie viele Menschen dich am liebsten tot sehen. Dein ärgster Feind ist dieser falsche Druide, der vorhat, mich ebenfalls aus dem Weg zu räumen!“
Der Angeklagte hebt an, sich zu der Schuldzuweisung zu äußern. Eine ihm überlegene Macht hält ihn vom Sprechen ab.
„Wie kommst du darauf?“, ist Vortigern erstaunt.
„Ein wahrer Druide stellt sich niemals in den Dienst eines Heerführers.“
„Dieser wahre Druide wäre nicht mehr am Leben. Ich bestrafe jeden, der sich über mich zu stellen wagt! Beweise deinen Vorwurf!“
„Du hast vor, mich auf Rat dieses Scharlatans einzumauern.“
„Woher weist du, was ich mit dir vorhabe?“
„Ich sagte schon, ich bin ein Seher! Folge mir zu deinem Turm! Dort sage ich dir, aus welchem Grund das Bauwerk nicht fertig ist. Und nimm den Alten mit, der nicht in der Lage ist, das Problem zu beseitigen!“
Vortigern ist verwundert über die Art, wie der Knabe mit der flachen Nase und den kleinen Ohren mit ihm spricht. Dem »Reix« fehlt der Wille, sich gegen den Jungen durchzusetzen. Merlin weigert sich, ein Pferd zu besteigen, und läuft zu Fuß, weshalb die Reise eine gefühlte Ewigkeit lang dauert. Der Hügel rückt in sein Sichtfeld. Der junge Augur bleibt stehen und wartet auf eine Inspiration. An der Baustelle angekommen, befiehlt Merlin den Mietsklaven, ohne auf eine Reaktion des Statthalters zu warten,