Die Schlacht um Viedana: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 2). Jork Steffen Negelen

Die Schlacht um Viedana: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 2) - Jork Steffen Negelen


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und jeder soll seinen Kindern einen Kuss von mir auf die Stirn drücken. Möge uns unser Schöpfer gnädig sein.«

      Mit einem Ruck drehte sich der König um und verließ die Galeere. Für ihn war die Besichtigung beendet. Er stieg auf sein Pferd und rief dem Admiral zu: »Wir treffen uns in einer Stunde auf Eurem Flaggschiff.« Dann gab er seinem Pferd die Sporen und preschte mit seinem Gefolge zur Stadtburg. Der Admiral sah ihm nach. Als der König nicht mehr zu sehen war, ging er selbst von Bord der Galeere und gab einem Hauptmann der Hafenwache den Befehl zum Entzünden der Kriegsflamme. Dieses Signal verstand jeder Mann, jedes Weib, ja sogar jedes Kind in Krell sofort. Die Menschen strömten zu Tausenden in den Hafen und wollten ihre Seemänner und Soldaten auf den Galeeren verabschieden. Bevor der König eine Stunde später zum Flaggschiff seines Admirals eilte, stattete er noch dem Leuchtturm einem Besuch ab. In der Flamme des Krieges entzündete er eine Fackel. Diese trug er selbst zum Admiral und übergab sie ihm feierlich. Für alle war dies das Signal zum Aufbruch.

      Als die Frauen und Kinder ihre Männer und Väter weinend verabschiedeten, jubelten die zurückbleibenden Soldaten ihren Kameraden auf den Galeeren zu. Jetzt hatte für sie das Warten ein Ende. Zum Schluss hielt der König vor dem Flaggschiff noch eine kurze Ansprache. »Bürger von Krell und ganz Avanura! Heute ist die Entscheidung gefallen. Ich habe den Befehl zum Entzünden der Flamme des Krieges gegeben. Wir ziehen gegen die Obinarer und all ihre Verbündeten. Mein Bruder wird in Viedana davon erfahren und selbst zu den Waffen greifen. Dann werden wir gemeinsam siegen. Wir müssen eine große Gefahr bannen. Wir haben lange genug verhandelt. Immer wieder haben die Obinarer unsere Handelsschiffe angegriffen und jedes Mal haben sie behauptet, nicht sie, sondern die Piraten wären es gewesen. Doch jetzt ist die Stunde der Vergeltung angebrochen. Wir werden sie für ihre verdammten Lügen bestrafen. Der gute Admiral Gohtas von Albog wird unsere Flotte zu neuen ruhmreichen Siegen führen!«

      Ein ohrenbetäubender Jubel überflutete den Hafen. Mit Fahnen und bunten Tüchern wurde gewunken und das Volk ließ immer wieder den König und seinen Admiral hochleben. Dann legten die Galeeren eine nach der anderen von ihren Liegeplätzen ab. Die Segel der stolzen Schiffe blähten sich im Wind und langsam nahmen sie Fahrt auf. Gohtas ließ seine Ruderer an die Ruderbänke gehen, damit sich sein Flaggschiff an die Spitze setzen konnte. Es war erst vor kurzem erbaut worden und eine Nichte des Admirals hatte die Galeere Silberne Stute getauft. Gohtas war hoch zufrieden, sie nahm sehr schnell Fahrt auf und lag gut im Wind. Die Soldaten, die an den Ruderbänken waren, hatten nicht viel Mühe, ihr Flaggschiff an die Spitze der Flotte zu bringen. Die Silberne Stute hätte in Friedenszeiten wohl jedes Rennen gewonnen.

      Gohtas schaute, zusammen mit dem Kapitän der Silbernen Stute, den anderen Galeeren zu. Immer wieder gab er einem der Matrosen Anweisungen für Flaggensignale. Als alle Galeeren in ihrer vorgesehenen Position waren, wandte sich Gohtas dem Kapitän zu. »Sagt, Kapitän Lionos, ist diese Galeere nicht Euer erstes eigenes Kommando?«

      Der junge Kapitän grinste über das ganze Gesicht. »Das wisst Ihr bestimmt so gut wie ich, Admiral. Ich hatte bisher immer das Vergnügen, auf Eurem Flaggschiff zu dienen. Kein Schiffsknecht kennt Euch so gut wie ich. Ihr habt mehr als zweihundert Galeeren unter Eurem Kommando, doch ausgerechnet auf Eurem Flaggschiff bekomme ich mein erstes Kommando als Kapitän.«

      Gohtas musste nun selbst lächeln. »Ich gebe zu, dass ich das so gewollt habe. Doch ich wollte den besten Mann der Flotte auf diesem Posten haben. Ich kenne keinen, der Euch in irgendeiner Weise gleicht. Ihr seid der Beste, und deshalb seid Ihr für mich so wichtig. Sollte ich ausfallen, so muss ich sicher gehen, dass es noch einen gibt, der mich im Notfall vertreten kann. Ich habe in meiner Kabine genaue schriftliche Order für einen solchen Fall hinterlassen.«

      Kapitän Lionos war für den Admiral gleich in mehrfacher Hinsicht unentbehrlich. Er kannte alle Pläne und wusste genau, wie man eine so große Flotte zu führen hatte. Gohtas nannte ihn oft in Gedanken seinen Meisterschüler. Von Anfang an hatte er ihn härter arbeiten lassen als jeden anderen. Oft musste Lionos in den alten Büchern lesen und die Taktiken früherer großer Admiräle studieren. Doch es hatte sich gelohnt. Wenn dieser Krieg vorbei war, dann wollte sich Gohtas endgültig zurückziehen und den jungen Kapitän Lionos als seinen Nachfolger vorschlagen. Der König würde gewiss nicht nein sagen.

      Gohtas übergab Lionos das Kommando und zog sich in seine Kabine zurück. Der Kapitän stand nun allein neben dem Steuermann und sah, wie die anderen Galeeren wegen der aufkommenden Nacht die Positionslichter entzündeten. Die Flotte segelte vorbei an den Felsenriffen einer längst versunkenen Insel, an deren Namen sich niemand mehr erinnern konnte. Lionos sah sie wie schwarze Gestalten im Meer sitzen. Schon so manches schöne Schiff war in stürmischer Nacht an diesen Riffen für immer verlorengegangen und viele arme Seemänner hatten das mit ihrem Leben bezahlt. Deshalb wurden die Felsenriffe auch Seemannstod genannt. An die Reling gelehnt, schaute Lionos in Gedanken versunken diesen gefährlichen Riffen nach.

      Was dort wohl an Schätzen für immer versunken sein mag? Vor dem geistigen Auge des Kapitäns öffneten sich unwillkürlich die sagenhaftesten Schatztruhen. Er meinte, Gold und Edelsteine in unermesslicher Fülle und Pracht zum Greifen nah zusehen. Doch der Steuermann brachte ihn mit einer Frage in die Wirklichkeit zurück. »Kapitän, es ist bereits finstere Nacht. Wollt Ihr nicht schlafen gehen?« Lionos wachte aus seinen Gedanken auf. »Ja, ja, das ist bestimmt eine gute Idee. Ich weise noch die Wachen ein und lege mich dann aufs Ohr.«

      Nach dem die Wachen genau eingewiesen waren verschwand auch der Kapitän in seine Kabine. Der Steuermann sah ihm kopfschüttelnd nach. Ein Glück das es eine sternenklare Nacht war, da war das Navigieren kein Problem.

      Am nächsten Morgen wurden die Besatzungen schon recht früh geweckt. Die Alarmglocken läuteten. Hoch oben auf dem Mast hatten die Wachen im Ausguck ein Schiff entdeckt. Als es die Flotte bemerkte, hatte es ein halsbrecherisches Wendemanöver durchgeführt und versuchte nun mit aller Kraft zu entkommen. Gohtas erschien auf dem Deck. Lionos hatte gerade die Verfolgung befohlen. Auch einige andere Galeeren der Flotte beteiligten sich daran. Der Kapitän stellte sich neben seinem Admiral. »Wollt Ihr selbst die Verfolgung befehligen, mein Herr, oder wollt Ihr noch ein wenig diesen wunderbaren Morgen genießen und zuschauen? Ich habe schon das Bugkatapult in Stellung bringen lassen.«

      Gohtas sah sich die Manöver der flüchtenden Galeere aufmerksam an. »Behaltet das Kommando. Achtet aber darauf, dass Ihr die Ruderer nicht zu lange an den Riemen lasst. Wir brauchen sie für unseren Angriff. Am besten ist es, wenn sie beim Rudern in Wein getauchtes Brot bekommen.«

      Lionos nickte zustimmend und gab die entsprechenden Befehle weiter. Unten, auf den Ruderbänken, legten sich die Soldaten mit aller Kraft in die Riemen. Die Gehilfen des Rudermeisters tauchten große Stücke Brot in Weinkrüge und stopften es den Soldaten in den Mund. Der Rudermeister selbst gab mit einer großen Pauke den Takt vor. Bei jedem Schlag zogen die Soldaten ihre Ruder durch das Wasser des Meeres.

      Lionos stand oben auf dem Kommandodeck neben dem Admiral. Angestrengt sahen beide zu der Galeere. Der Abstand blieb jetzt in etwa gleich. Lionos schüttelte den Kopf. »So wird das nichts werden. Seht mein Admiral, im Wasser treibt ihre Ladung. Sie haben ihre Ware über Bord geworfen. Wir müssen unbedingt bis auf Schussweite herankommen. Ich lasse stärker am Wind segeln.« Der Kapitän rief dem Steuermann einen Befehl zu. Einen Augenblick später lag die Silberne Stute stärker am Wind und holte tatsächlich langsam auf. Stück für Stück näherte sie sich der feindlichen Galeere auf Schussweite. Die Spannung wuchs mit jedem Atemzug. Gohtas befahl Lionos beim Steuermann zu bleiben, er selbst wollte das Katapult übernehmen. Als der Admiral am Bug ankam, ließ er es mit einer Steinkugel laden und für den ersten Schuss ausrichten. Dann schätzte er die Entfernung zu den Flüchtenden. Die Bedienungsmannschaft sah ihn erwartungsvoll an. Doch der Admiral schüttelte den Kopf. »Da müssen wir wohl noch einen Augenblick Geduld haben. Ich würde ihnen am liebsten den Mast wegschießen, doch wir müssen noch näher heran.«

      Gohtas drehte sich um und sah zum Großsegel. Es blähte sich im Wind und trieb mit aller Macht die Galeere voran. Der gleichmäßige Takt der Pauke des Rudermeisters war zu hören. Der Admiral lief zur Luke, die nach unten zu den Ruderbänken führte. Damit der Rudermeister ihm überhaupt hören konnte, brüllte er mit aller Kraft seinen Befehl nach unten. »Rudermeister! Geh sofort auf Rammgeschwindigkeit


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