Experiment Ella. Fay Ellison

Experiment Ella - Fay Ellison


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geboten hätte, hätte sie ihm ins Gesicht gespuckt.

      „Weiter Schätzchen, du willst dich doch frisch machen.“

      Wenn hier jemand eine Dusche benötigte, dann er, aber das konnte sie ihm unmöglich sagen, vermutlich brächte sie ihn auf dumme Gedanken. Sie fragte sich, warum so ein intelligenter Mann wie Sauer einen solchen primitiven Pavian beschäftigte. Vermutlich fühlte er sich in dessen Gegenwart überlegen und sicherer, kam es ihr in den Sinn. Der Spaziergang endete in einem Badezimmer, das den Charme einer Jugendherberge verströmte. Zumindest hatten die Duschen Vorhänge.

      „Ausziehen! Runter mit den Klamotten, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.“ Sein anzügliches Grinsen machte sie noch wütender.

      „Sie können mich mal, gar nichts werde ich machen!“ Er glaubte doch nicht im Ernst, dass sie sich vor ihm entkleidete wie bei einer persönlichen Peep-Show. Ella sah, wie sich seine Ader über der rechten Augenbraue vergrößerte und seine Gesichtsfarbe von Weiß auf Rot wechselte.

      Gefährlich leise fuhr er sie an. „Ich würde dich gern mal, aber der anschließende Ärger wäre größer als das Vergnügen. Und sei froh, wenn ich nicht über die Verbote hinwegsehe und es mir doch noch anders überlege.“

      Mit seiner Zunge machte er eindeutige Bewegungen, dann schob er Ella unter die Dusche. Sekunden später prasselte Wasser auf sie nieder. Sein hässliches Lachen hallte von den Fliesenwänden wider. Wie hatte er das gemacht? Verdattert sah sie auf die Wand und suchte die Armaturen. Scheinbar war es doch keine Jugendherberge, sondern ein fernbedienbares Waschhaus. Genauso unvorbereitet, wie das Wasser angestellt wurde, verebbte der warme Schauer wieder.

      „Na, willst du dich jetzt endlich ausziehen und duschen? Wenn du willst, helfe ich dir dabei.“ Er grinste breit und fand offensichtlich Gefallen daran, sie zu provozieren.

      Das Unbehagen, das sie in seiner Nähe verspürte, breitete sich wie eine eisige Decke über ihr aus. Sie hatte keine andere Wahl. Auf keinen Fall wollte sie von diesem Typen entkleidet werden. Der Kittel klebte sowieso schon wie eine durchsichtige Gardine an ihrer Haut. Schnell schloss sie den Duschvorhang, woraufhin er das Wasser wieder anstellte. Nachdem sie sich des feuchten Lappens entledigt hatte, ließ sie das warme Wasser auf ihren nackten Körper prasseln und versuchte, ihr Zittern unter Kontrolle zu bringen. In ihren Schläfen begann es unangenehm zu pochen, eine Reaktion auf die Panik, die diese Situation bei ihr auslöste. Kampflos aufgeben kam nicht in Frage. Sie rieb sich die geröteten Handgelenke. Es gab immer einen Ausweg und sie würde ihn finden, es brauchte lediglich einen guten Plan. In der Schule schon hatte man sie für ihre Kreativität bewundert. Gut, sie war alles andere als ein weiblicher MacGyver, aber bei einem Versuch sollte es nicht bleiben. So schnell gab sie nicht klein bei. Sie benötigte etwas Zeit, damit sie sich besser im Gebäude zurechtfinden und dann im richtigen Augenblick fliehen konnte. Sie hoffte nur, dass es bis dahin nicht zu spät wäre.

      Ein kläglicher Plan.

      Mechanisch schäumte sie sich mit Duschgel ein und ging dazu über, sich die Haare zu waschen. Als sie fertig war, verlangte sie ein Handtuch. Hinter dem Vorhang wartete sie darauf, dass er es ihr reichte. Zusätzlich erhielt sie einen trockenen Bademantel, den sie sich schnell überzog.

      „Kann ich auf die Toilette gehen?“ Sie musste sich zurückhalten, ihm nicht die Augen auszukratzen.

      „Klar, Schätzchen.“ Er nickte nach rechts.

      Sie ging in diese Richtung, seinen widerlichen Blick spürte sie im Rücken. Sie sah sich auf der Toilette um, auch hier keine Fluchtmöglichkeit. „Verdammter Mist.“ Sie müsste also weiter abwarten. Als sie herauskam, überbrachte der Pavian schon die nächste Botschaft. „Marie wird dich jetzt übernehmen und für das Treffen fertig machen.“ Die eindeutigen Stoßbewegungen seines Beckens toppten sein anzügliches Grinsen.

      „Das kann ich allein.“ Das ging zu weit.

      „Sweetheart, das kann schon sein, aber wir wollen doch, dass alles perfekt für dein Date ist. Das Risiko, dass du absichtlich zur Vogelscheuche mutierst, wird mein Boss nicht eingehen.“

      Er wischte sich den Schweiß mit dem Ärmel des Pullovers von der Stirn. Wie auf ein Zeichen ging die Tür auf und eine robust gebaute Frau betrat den Raum. Sie erinnerte an eine Altenpflegerin. Sie trug eine weiße Hose, T-Shirt und Gesundheitsschuhe. Der Kurzhaarschnitt wirkte pflegeleicht. Freundliche Augen ließen die Frau um einiges jünger erscheinen, als sie wahrscheinlich war. Ella wollte sie unsympathisch finden, denn immerhin arbeitete sie für diese Irren.

      „Hallo, ich bin Marie.“

      Was sollte das entwaffnende Lächeln? Sollte sie die Rolle einer Vertrauensperson spielen? Ella war total erschöpft. Sie versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie in Marie niemals etwas anderes sehen könnte als einen Feind. Um sich nicht noch mehr emotional und körperlich zu entkräften, folgte sie der Frau nach Aufforderung, ohne Schwierigkeiten zu bereiten. Der angrenzende Raum, der von hellen Grüntönen dominiert wurde, erinnerte Ella an einen Operationssaal eines Krankenhauses. Die spartanische Einrichtung bestand aus einer Frisierkommode, einem Stuhl und einem Kleiderhaken. Auch hier kein Fenster. Marie reichte ihr Reizwäsche und ein rotes, figurbetonendes Kleid. Erneut erwachte ihr Kampfgeist.

      „Das soll doch wohl ein Scherz sein?“ Schamesröte trat ihr ins Gesicht. „Sie wollen nicht im Ernst, dass ich das hier anziehe?“

      „Ich bin nicht dafür verantwortlich.“ Marie legte die Wäsche auf die Kommode und sah sie bedauernd an. „Es gibt allerdings auch eine Alternative, ich weiß aber nicht, ob Ihnen das besser gefällt.“

      „Die da wäre?“

      Marie neigte den Kopf und lächelte. „Gehen Sie nackt.“

      Das waren ja tolle Aussichten. Widerwillig griff sie nach den schwarzen Spitzenstrümpfen und zog sie über. Die Reizwäsche bändigte kaum ihre üppige Oberweite, was wohl so gewollt war. Nicht gewohnt, derartige Wäsche anzuziehen, fühlte sie sich wie ein Flittchen. Das Kleid saß wie eine zweite Haut, die hohen Pumps komplettierten das Outfit einer Professionellen. Marie baute ihr eine Hochsteckfrisur, von Spangen gehalten, die mit roten Strasssteinen besetzt waren. Als sie ihr Spiegelbild betrachtete, war es das erste Mal, dass sie ihr gutes Aussehen hasste.

      Endlich war Marie fertig und sagte aufmunternd: „Sie sind wunderschön.“

      Das mochte stimmen, aber es war nicht ihr Stil. So gut aussehend wurde selten jemand zum Schafott geführt. Jetzt war es gleich so weit, dann durfte sie zum Essen mit dem Zuchthengst. Wenn sie bis vor kurzem noch Hunger verspürt hatte, so war er ihr soeben abhandengekommen. Als sie an diesen Unbekannten dachte, wurde Ella mulmig. Ob er wohl auch gezwungen wurde, diese Scharade mitzuspielen? Wenn ja, wie wollten sie ihn dazu bringen? Man konnte doch schließlich einen Gefangenen nicht ohne Weiteres dazu bewegen, sich mit einer Fremden zu paaren. Vermutlich bekam er unter Stress nicht mal einen hoch.

      Sie stellte sich gerade diese Situation vor, als ein Mann wie ein Baum sie in Empfang nahm, um sie zum Treffen zu geleiten. Sie spürte, wie ihr Tränen der Machtlosigkeit in die Augen traten. Der Typ sah wie der Zwillingsbruder des Pavians aus. Seine Glatze wirkte poliert und der Oberkörper durch Muskelaufbaupräparate künstlich aufgepumpt. Er brauchte nichts zu sagen, seine Blicke sprachen Bände. Mit zittrigen Knien stand Ella auf und ging zu ihm rüber. Als sie ins Straucheln geriet, packte er sie und verhinderte, dass sie unsanft zu Boden ging. Sie verkniff sich ein Danke. Höflichkeitsfloskeln schienen ihr momentan unangebracht.

      Als sie am Ende des Ganges in einen Fahrstuhl stiegen, stellte sie anhand der Anzeige fest, dass sie sich im Keller des Gebäudes befanden. Unendlich langsam fuhren sie Stockwerk um Stockwerk hinauf. Während der Fahrt nach oben gab es keinen Zwischenstopp und somit keine weitere Möglichkeit für einen erneuten Fluchtversuch. Der Typ musterte sie unverschämt. Seine lüsternen Gedanken waren offensichtlich. Auch da schien er sich vom anderen Idioten nicht zu unterscheiden. Als sich die Tür im zehnten Stock öffnete, war ihr fast schon egal, was dahinter auf sie wartete. Hauptsache, sie war nicht mehr mit diesem Kerl allein.

      Ohne einen Flur zu durchqueren, gelangten sie in einen kleinen restaurantähnlichen Raum. Der einzige


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