Meine Jugend in Erfurt unter Hitler 1933–1945. Gerhard Laue

Meine Jugend in Erfurt unter Hitler 1933–1945 - Gerhard Laue


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und Vorbereitung

       Die Dreharbeiten

       Die Uraufführung

       Presse-Echo

       X EIN BLICK VORAUS - EIN BLICK ZURÜCK

       Einige Worte zum Schluss

       Grußworte

       Der Autor Gerhard Laue

       Unsere Hla lebt weiter fort

       Dank an

I

      Es kann sich niemand die Zeit aussuchen, in welche er hineingeboren wird. Mein Schicksal war es, dass es bei mir die Ära des Nationalsozialismus gewesen ist. Als Hitler am 30. Januar 1933 an die Macht kam, war ich gerade mal 4 ½ Jahre alt. Natürlich habe ich damals noch nicht begriffen, was für eine Bedeutung dieser Vorgang hat. Aber, ich bin groß geworden in dieser Zeit und habe bis zum Kriegsende – und damit auch dem Ende dieser Ära – nichts Anderes gekannt.

      Natürlich haben diese 12 Jahre mich und meine Altersgenossen geprägt. Wie könnte das auch anders sein! Bei all dem Erlebten – positiv wie auch negativ – war es das große Maß an Erfahrung, welches wir aus dieser Zeit mitgenommen haben.

      Nach 1945 hat sich die Welt verändert. Wir haben den Krieg verloren. Mit allen seinen schrecklichen Folgen. Die Sieger verloren nur wenig später ihr riesiges Kolonialreich. Das waren riesige Umwälzungen, die es in diesem Ausmaß vorher und auch danach nicht wieder gegeben hat.

      Es war eine Zeit, die scheinbar nur der richtig erklären kann, der sie selbst erlebt hat. Dieser frenetische Jubel! Diese wie hypnotisiert wirkenden Massen! Es war der reine Wahnsinn! Sogar mir als Zeugen aus dieser Zeit fällt es schwer, nachzuvollziehen und zu begreifen, was damals in der Mehrheit der Bevölkerung vor sich gegangen ist.

      Mit diesem Buch will ich versuchen, den Leser in die für uns alle unbegreiflichen Jahre von 1933-1945 hineinzuführen.

      Wenn es mir gelingt, etwas mehr Verständnis für das aufzubringen, was die eigenen Groß- und Urgroßeltern damals veranlasst hat, sich so zu verhalten, wie sie es in ihrer Mehrheit getan haben, dann hat das Buch seinen Zweck erfüllt. Die Zeiten sind wahrlich nicht gut gewesen, als ich am 14. Juni 1928 in der Erfurter Moritzwallstraße das Licht der Welt erblickte.

      Es war die Zeit der Weimarer Republik. Gefühlt gab es alle acht Wochen eine neue Regierung!

      Der verlorene erste Weltkrieg, der vor zehn Jahren zu Ende gegangen war und die große Inflation von 1923, hatten tiefe Spuren hinterlassen. Wie Millionen Andere auch, hatten meine Großeltern und die vielen Verwandten ihr ganzes Barvermögen verloren. Alle mussten sie wieder bei Null anfangen. Und das unter erschwerten Bedingungen. Die Arbeitslosigkeit war mit sieben Millionen – bei 66 Millionen Einwohnern – riesengroß. Und wer Arbeit hatte, der hat meist nicht viel verdient. Das Geld reichte für Viele für die Miete und für einen sparsamen Lebensunterhalt.

      Das wurde auch unter Hitler nicht anders. Da floss das meiste Geld in die Prestige-Projekte der neuen Machthaber. Der private Sektor wurde vernachlässigt. Auch vor dem Krieg herrschte schon Mangel an vielen Gütern des täglichen Bedarfs. Die Butter war rationiert. Die Wohnungsnot war groß. Als es begann besser zu werden, kam der Krieg. Da wurde alles noch schlimmer.

      Sie haben damals eng zusammengehalten. Und sie haben sich damals gegenseitig geholfen – die Alten!

      Trotzdem kann ich auf eine behütete Kindheit zurückblicken, wofür ich meinen Eltern und Großeltern vom Herzen dankbar bin.

      Als Hitler am 30. Januar die Macht in Deutschland übernommen hat, war ich, wie bereits erwähnt, 4 ½ Jahre alt. Begriffen habe ich noch nichts. Aber an einige Vorgänge kann ich mich doch noch erinnern.

      Das war vor allem der nächtliche Lärm unten auf der Straße. Ich konnte nicht schlafen – auch wenn ich mich noch so tief unter der Bettdecke verkrochen habe.

      Wir wohnten damals im Norden der Stadt, einem reinen Arbeiterviertel. Da hatten sich kurz zuvor noch die Nazis und die Kommunisten erbitterte Straßenschlachten geliefert.

      Jetzt feierten die Sieger, voran die Schlägerkolonnen der SA, ausgiebig und lautstark ihren Sieg. Mit Pauken, Trompeten und klingendem Spiel zogen sie durch unsere nächtliche Straße. Laut grölend haben sie ihre brachialen Lieder gesungen. Lange Fackelzüge erhellten die Nacht.

      Diese Horrornächte sind mir bis heute im Gedächtnis geblieben.

      Schon nach wenigen Tagen der Hitlerregierung hat es niemand mehr gewagt, sich über den Lärm zu beschweren.

      Auch in unserem Haus gab es einige begeisterte Hitler – Anhänger. Ich weiß noch, wie mich damals ein Nachbar zur Seite genommen hat. Mit wichtigem Gesicht hat er mir gesagt: „Wenn du jetzt jemandem begegnest, der eine Uniform anhat, dann musst du ihn grüßen. Das geht so: „Du musst den rechten Arm nach vorn strecken und dabei laut „Heil Hitler“ rufen.“

      Er machte mir das vor und ich hatte kapiert.

      Männer in Uniform hatte ich schon gesehen. Das waren die zwei Polizisten, die den ganzen Tag mit geschultertem Gewehr die Stollbergstraße auf und ab gegangen sind.

      An denen wollte ich jetzt das ausprobieren, was ich gerade gelernt hatte. Meinen Spielkameraden hatte ich vorher den neuen Gruß beigebracht.

      So vorbereitet zogen wir Dreikäsehochs – ich war mit 4 ½ der Älteste – voll Tatendrang in die Stollbergstraße. Das war direkt um die Ecke.

      Auch wir gingen nun die Straße auf und ab. Genau wie die Polizisten. Aber in die Gegenrichtung. Bei jeder Begegnung grüßten wir die Polizisten ganz stramm mit dem neuen Gruß. Es hat Spaß gemacht. Ganz offensichtlich auch den Polizisten. Die haben mitgemacht und immer freundlich zurück gegrüßt.

      Wir wurden mutiger und grüßten bei jeder Begegnung lauter und zackiger. Schnell ausgesprochen wurde aus dem „Heil Hitler“ bald ein „Heitler“.

      Meine kleine Schwester, gerade 3 Jahre alt geworden, war auch mit dabei. Sie hat uns „Großen“ alles nachgemacht. Nur nicht ganz so stramm. Sie hatte ihr Spielzeug, einen kleinen Handfeger, mitgebracht. Und so ergab es sich, dass sie einmal mit erhobenem Handfeger gegrüßt hat. Darauf haben ihr die freundlichen Polizisten gesagt, dass man den Führer nicht mit einem Besen grüßen darf. Ganz brav hat sie das dann auch nicht mehr getan.

      Weil es uns so gefallen hat, haben wir das Spielchen mit großer Ausdauer sehr lange fortgesetzt. Wir hatten unsere Freude. Und die Polizisten bestimmt auch.

      Ich habe erst 60 Jahre später erfahren, warum die Polizisten damals in der Stollbergstraße patrouilliert sind. Das geschah während eines Klassentreffens kurz nach der Wende.

      Da erfuhr ich erstmals, dass in der Feldstraße – nur 100 m von unserer damaligen Wohnung entfernt – in einem Hinterhoffabrikgebäude ein provisorisches Konzentrationslager errichtet worden war. Es soll das erste überhaupt gewesen sein.

      Vermutlich sollten die Polizisten Präsenz zeigen, um eventuell aufkommenden Unruhen im Umfeld dieses KZs vorzubeugen.


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