Ich muss meinen Weg gehen .... Gerhard Klein
ihnen bedanke ich mich sehr herzlich, dass sie sich auf dieses Vorhaben eingelassen haben, ihre Lebensgeschichten zur Verfügung gestellt und sehr persönliche Einblicke zugelassen haben.
Am Gelingen dieser Filmporträts und der Entstehung dieses Buches waren viele Menschen beteiligt – mit großer Leidenschaft. Herzlichen Dank dafür!
Allen voran bedanke ich mich bei den FilmemacherInnen, denen es in Zusammenarbeit mit den Kamerateams und Cuttern immer wieder gelingt, authentische, berührende, überraschende und verdichtete Porträts zu gestalten. Außerdem bei der TV-Produktionsfirma Cinevision – bei Herbert Martinschitz und seinem gesamten Team –, die mit großem Einsatz die Sendung FeierAbend im Auftrag des ORF herstellt. Und bei Verena-Maria Kalenda, Sarah-Julia Stroß und Ursula Unterberger, die äußerst sorgfältig viele Interviews und Gespräche exzerpiert haben.
Last but not least bedanke ich mich ganz besonders bei Gerhard Frühling. Ohne ihn gäbe es dieses Buch nicht – von ihm stammt die Idee dazu. Er hat uns HerausgeberInnen und AutorInnen außerdem „den Blick von außen“ geschenkt. Ihm verdanken wir viele wertvolle kritische Anmerkungen und Änderungsvorschläge.
Barbara Krenn
Sendungsverantwortliche von FeierAbend
Einer von innen
Der unbeugsame Bischof an der Seite der Indios
„Ich bin glücklich! Trotz allem! Ich habe nie daran gezweifelt, dass das mein Weg ist. Keinen einzigen Augenblick in meinem Leben!“
Seit rund 50 Jahren ist Erwin Kräutler mit den Ureinwohnern, der indigenen Bevölkerung, am Xingu in Amazonien/Altamira unterwegs. Erst als ihr Priester – seit 1982 als ihr Bischof. Dass sich der gebürtige Vorarlberger für die Rechte der Ureinwohner und gegen die Zerstörung des Amazonasgebiets einsetzt, ist manchen ein Dorn im Auge. Viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Bischofs haben ihr Engagement bereits mit dem Tod bezahlt. Erwin Kräutler selbst hat schon viel in Kauf genommen: 1983 wird er wegen der Teilnahme an einer Solidaritätsaktion mit Landlosen von der Militärpolizei verhaftet und misshandelt. Vier Jahre später überlebt der Kirchenmann einen Mordanschlag schwer verletzt. Kein Grund jedoch für Erwin Kräutler, nicht weiterhin Missstände, Ausbeutung, Plünderung und Raubbau öffentlich anzuprangern, kompromisslos ein Leben in Würde für alle Menschen zu fordern. Immer wieder ruft er zum verantwortungsvollen Umgang mit „unserer Mit-Welt“ auf.
Mit Vehemenz protestiert der Vorarlberger auch gegen das Wasserkraftprojekt „Belo Monte“, das am Xingu, einem Seitenfluss des Amazonas, errichtet wird. Der Fluss, der Lebensraum für die indigene Bevölkerung ist, wird zu zwei Stauseen in der Größe des Bodensees aufgestaut. Rund 30.000 Menschen sollen aus dem Gebiet verdrängt und ihrer Lebensgrundlage beraubt werden. Ureinwohner von 18 verschiedenen ethnischen Gruppen sind vom Eingriff bedroht. „Die Menschen wissen nicht, wo sie hinkommen. Das hat man bis heute nicht besprochen. Altamira wird dadurch zu einer Halbinsel in einem toten See, in einem faulen See, mitten im tropischen Gebiet. Das ist eine Brutstätte für Plagen, Mücken und Krankheiten. Man sagt, es werden nur 30.000 Menschen direkt davon in Mitleidenschaft gezogen. Was sind 30.000 Menschen zu 200 Millionen Brasilianern? Aber ich kenne diese Menschen! Das sind Kinder, das sind Frauen, das sind Männer, das sind alte Leute, die dort wohnen. Ich kenne sie!“, klagt Erwin Kräutler an.
Bis heute erhält der 74-Jährige Morddrohungen. Nur mit zwei Bodyguards, die ihm von der brasilianischen Regierung zur Seite gestellt sind, kann sich Erwin Kräutler in seiner Diözese bewegen. Das hindert ihn jedoch nicht für seine Überzeugung einzustehen: „Ich bin beauftragt, meinen Glauben dort zu leben, wo ich bin, und auch Stellung zu nehmen, wenn es darum geht, die Menschen, ein Volk zu verteidigen und für Gerechtigkeit einzutreten. Die ‚Mächtigen vom Thron stürzen und die Niedrigen erheben‘ bedeutet, dass alle Menschen das Recht haben zu leben und nicht nur Auserwählte. Nein! Alle haben ein Recht auf Leben!“
Spiritualität und Politik – Mystik und Widerstand: Für Erwin Kräutler sind diese Komponenten untrennbar miteinander verbunden. Am 6. Dezember 2010 wurde der austro-brasilianische Bischof, der von der Theologie der Befreiung2 geprägt ist, für sein Engagement mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Die Filmemacherin Bettina Schimak hat ein Porträt über Bischof Erwin Kräutler3 gestaltet4. Anlässlich eines seiner Österreich-Besuche hat sie den engagierten Kirchenmann im Oktober 2010 in Eisenstadt interviewt.
BETTINA SCHIMAK IM GESPRÄCH MIT BISCHOF ERWIN KRÄUTLER
BETTINA SCHIMAK:
Woher nehmen Sie die Kraft, für andere Menschen alles zu geben?
ERWIN KRÄUTLER:
Gute Frage. Ich würde sagen, es ist Gnade. Ich kann nicht sagen: „Ich habe das von mir aus so programmiert.“ Ich denke, dass ich berufen worden bin. Ich gehe diesen Weg, weil ich die Kraft dazu bekomme. Nicht dass ich ganz besondere Sachen mache, sondern dass ich einfach den Weg gehe, der mir vorgezeichnet worden ist. Ich glaube nicht an Zufälle. Die Hand Gottes ist über mir. Das klingt vielleicht sehr theologisch, aber ich glaube daran.
BETTINA SCHIMAK:
Es schaffen nicht viele, diesen Weg so zu gehen …
ERWIN KRÄUTLER:
Ich muss meinen Weg gehen. Du gehst deinen. Jeder muss seinen Weg gehen. Ich würde nie sagen: „Ich möchte den Weg einer anderen Person gehen.“ Ich muss versuchen, das zu tun, wovon ich überzeugt bin.
BETTINA SCHIMAK:
Was macht Ihnen dabei so viel Mut?
ERWIN KRÄUTLER:
Als ich von der Militärpolizei niedergeschlagen wurde, haben die Leute nicht geschrien: „Das ist ein Bischof!“ Nein, sie haben geschrien: „Das ist unser Bischof!“ Ich bin für dieses Volk da und dieses Volk ist umgekehrt für mich da. Als ich das erste Mal bedroht und unter Polizeischutz gestellt wurde, habe ich von meinem Volk so viele Liebeserklärungen bekommen wie nie zuvor in meinem Leben. In vielen Kirchen gab es an den Wänden Transparente, auf denen stand: „Wir lieben dich! Dein Leid ist unser Leid! Wir stehen auf deiner Seite!“ Ein anderes Beispiel: Eine Frau nahm mir am Ende eines Gottesdienstes das Mikrofon aus der Hand und verkündete, ich dürfte mit ihrer Liebe rechnen. Das ist das Wunderbare bei der Liebe: Man schenkt und wird beschenkt. Die Leute haben mir gezeigt, dass ich einer von ihnen bin. Das rührt mich beinahe zu Tränen. Da habe ich mir gedacht: Wenn es diese „Mafia“ gibt, die mich umbringen will – ich könnte es nie im Leben übers Herz bringen, diesen Menschen den Rücken zuzukehren. Es hält und stärkt mich, dass Kinder, Frauen und Männer mir immer wieder die Hand reichen und sagen: „Mach so weiter! Bitte! Wir sind bei dir, wir machen das miteinander!“ Ich opfere mich nicht für irgendjemanden auf. Es geht mir darum, mit den Menschen unterwegs zu sein, sie zu umarmen, zu halten und von ihnen gehalten zu werden.
BETTINA SCHIMAK:
Als Sie als junger Priester nach Brasilien gekommen sind, sind Sie als Missionar gekommen, haben vermutlich auf eine Art und Weise als Missionar gearbeitet – so, wie man das heute nicht mehr macht …
ERWIN KRÄUTLER:
Ja, natürlich. Ich bin 1965 nach Brasilien gekommen. Die Zeiten waren andere. Das Zweite Vatikanische Konzil5 war zwar