Genießen in Friaul. Silvia Trippolt-Maderbacher
Aus der Tavernetta-Küche: Rosmarin-Kaninchen mit Speck und Mangold.
6 | CASSACCO: »Mulino Ferrant«
Mühlen-Idyll
Dieses Buch enthält, wie gesagt, keine professionelle Gastrokritik und ist auch kein klassifizierender Gastroguide. Hier finden Sie lauter persönliche Erfahrungen, die meine Familie und ich auf unseren kulinarischen Wanderungen durch das Friaul gemacht haben. Zugegeben, ich tu mir schwer mit Guides zum Thema Essen und Trinken. Warum ich das so sage: Ich besitze mehr oder weniger jeden einschlägigen Band, den es im Alpen-Adria-Raum gibt. Und was ich überhaupt nicht mag ist, wenn persönliche Lieblingslokale ignoriert und Lieblingsspeisen ohne Grund für »out« erklärt werden (z. B. gratinierte Jakobsmuscheln, Wolfsbarsch, Schokokuchen mit flüssigem Kern).
Und da sitze ich wieder einmal in der bezaubernden Trattoria »Mulino Ferrant«, einer geschmackvoll renovierten Mühle aus dem frühen 18. Jahrhundert. Inklusive Mühlrad. Das Lokal befindet sich 16 Kilometer nördlich von Udine, kurz nach der Ortschaft Conoglano. Es wird von Paolo Fant geführt, dessen Gastronomieherz eindeutig für einheimische Produkte schlägt. Also schmaust man neben dem allgegenwärtigen Frico auch gefüllte Teigtaschen mit Kräutern oder Gnocchi mit Entenragout. Zuvor gibt es zartcremigen Rohschinken aus San Daniele. Und danach eine Panna cotta mit Erdbeeren.
Die Sonne lacht vom Himmel, unter den Arkaden ist es herrlich schattig. Rund um die Mühle: 12 000 Quadratmeter Grün. Ein fantastisches Areal, weit und lang genug für Spaziergänge, Reitausflüge und Fahrradtouren. Der Erholungsfaktor ist hier nicht zu toppen. Warum ich das alles so genau weiß? Ähm, ich hab’s nachgelesen. Manchmal findet sich ja doch Brauchbares unter den Gastro-Bewertungen.
Mulino Ferrant
Via dei Mulini 8
33010 Cassacco
Tel. (+39 0432) 88 13 19
7 | CASTELNOVO del FRIULI: »Dal Cjco«
Genuss-Oase
Wie das Erfolgsrezept in der Osteria »Dal Cjco« aussieht? Man nehme Slow-Food-Produkte von höchster Qualität und Frische und mische sie mit traditionellem Geschmack sowie einer Portion Einfallsreichtum und Inspiration. Dazu kommt dann noch mehr als ein Schuss Selbstvertrauen in die regionale Küche und ein unschlagbares Geschwister-Gespann.
So sind es Liana und Massimo Cozzi, die sich in der ruhigen Ortschaft Oltrerugo (46 Kilometer nordöstlich von Pordenone) eine feine Genussoase geschaffen haben. Liana kocht, Bruder Massimo führt den Service.
Wir sitzen gediegen neben dem Fogolar, mit einem schönen Blick ins Grüne. Die Speisekarte wird mündlich vorgetragen, die Küche basiert auf Fleisch, einigen Seitensprüngen Richtung Adria sowie einigen vegetarischen Ideen. Wir starten mit marinierten Sardellen, Kapern und Oliven bzw. den Salumi der Region. Herrlich die Teigtaschen mit Leimkraut oder das Risotto mit Montasio-Käse. Als Hauptspeise schmeckt besonders der Schweinsbraten mit Spargel und Spinat. Käsefans freuen sich über eine gelungene Auswahl von Käsesorten wie Formadi Frant, Pecorino, Montasio, Asìno usw. Als Naschkatzen raten wir unbedingt, die fantastischen Kuchen zu probieren. Dazu einen Gang zurückschalten, Ruhe und Vino genießen. Prädikat: sehr empfehlenswert!
Dal Cjco
Loc. Oltrerugo 119
33091 Castelnovo del Friuli
Tel. (+39 0427) 900 32
8 | CAVASSO NUOVO: »Ai Cacciatori«
Slow Food vom Feinsten
Alltagsstress raus! Niemand hetzt uns heute. Einfach mal innehalten und genießen. Hand aufs Herz: Diese abgeschiedene Gegend und dieses kleine Dorf am Rande der Berge, 30 Kilometer nördlich von Pordenone, sind nicht unbedingt der Nabel der Welt, und trotzdem: kein kulinarisches Brachland. Dafür sorgt eines der besten Lokale der italienischen Slow-Food-Szene, das »Ai Cacciatori« in Cavasso Nuovo. Perfekt, um kurz der Hektik zu entschwinden. »La vita è bella«, stellt der Bär freudig fest und erhebt dabei sein Glas Friulano.
Wer in dem Fall für dieses unbeschwerte Dasein verantwortlich ist? Zuerst Gastgeber Daniele Corte, der seinen Gästen jeden Wunsch von den Augen abliest. Allerdings ist es schwer, hier noch welche zu haben (weil sie ohnehin von Haus aus erfüllt werden). Und Angelina, Danieles Ehefrau und Chefköchin. Auf ihren Tellern landet, was sich im Umkreis an kulinarischen Schätzen so finden lässt. Dabei konzentriert sich die Qualitätsfanatikerin auf die besten Grundprodukte sowie auf authentischen Geschmack, und sie folgt akribisch den Jahreszeiten.
Als wunderbaren Einstieg empfehlen wir die Polenta mit warmer Pitina und geräuchertem Ricotta. Pitina? Das ist ein ganz besonderes Wurst-Produkt, molto tipico für diese Gegend. Sieht aus wie ein platt gedrückter Salami-Knödel. Mit Almkräutern gewürzt, mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt, in Polentamehl gewälzt und geräuchert. In der Osteria kann man die Pitina auf verschiedenste Arten probieren.
Aber auch, wer Innereien wie Kalbsnieren, Leber und Kutteln liebt, ist hier an der richtigen Adresse. Wir entscheiden uns für Blecs mit Kastanien und Ragù di lepre (Hasenragout). Das Lokal hieße jedoch nicht »Ai Cacciatori«, wenn es nicht hervorragendes Wild (Hirsch, Reh, Rebhuhn, Wildschwein) gäbe. Im Herbst ein Traum: Risotto mit Steinpilzen. Zu trinken? Die reiche Auswahl an über 300 Etiketten lässt keine Wünsche offen. Danach warten grandiose Dolci, basierend auf Kastanien und Kaki sowie außergewöhnlich variantenreiche Käsesorten mit verschiedensten Gelees dazu.
Die einzige Sorge, die uns in dem Moment quält: Hoffentlich geht sich trotz der üppigen Portionen noch etwas kleines Süßes aus! Aber stressen lassen wir uns deshalb nicht.
Ai Cacciatori
Via Armando Diaz 4
33092 Cavasso Nuovo
Tel. (+39 0427) 77 78 00
Friaulische Wurstspezialität: Pitina
La Stella
Knappe 4 Kilometer nördlich von Cavasso Nuovo entfernt. Über den Fluss Meduna. Fantastische friaulische Küche: Kutteln mit Bohnen und Polenta, Tagliatelle mit Weinbergschnecken, Risotto mit Kräutern, Wachteln mit Polenta, Apfelkuchen, Schokoladenkuchen.