Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere. Heinz-Dietmar Lütje

Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere - Heinz-Dietmar Lütje


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schwere Bombentreffer hatte hinnehmen müssen.

      „Solche Leute, die bereits etwas mitgemacht haben, benötige ich“, verschafft sich der Kommandant dem Verwaltungsbeamten für Personalangelegenheiten der Marine gegenüber Geltung, „und nicht die schrägen Typen, die Sie mir hier zum Teil unterschieben wollen.“

      Seine letzten fehlenden, noch über 100 Männer der Besatzung, musste der Kommandant schließlich aus der Schiff-Stammabteilung in Gotenhafen rekrutieren.

      Endlich steht zumindest die vorläufige Besatzung ihrer gedachten Sollstärke nach. Zwischenzeitlich ist auch der Umbau des Schiffes – vom Frachter zum Hilfskreuzer – beendet. Alle Waffen sowie Feuerleitanlagen, Munitionskammern und –aufzüge und dergleichen sind eingebaut. Laderäume wurden zu Mannschaftswohnräumen, Gefangenräume und Messen ausgebaut. Zwei leistungsstarke zusätzliche Kraftwerke wurden installiert, da die bisherigen Anlagen zwar für ein Frachtschiff voll und ganz ausreichten, für ein Kriegsschiff aber bei weitem nicht genug „Saft“ lieferten, um den erheblichen Energiebedarf für die komplizierten Waffensysteme zu erzeugen. Zusätzlich war eine Generalüberholung der Maschinenanlage vorgenommen und sämtliche Navigationsmittel kriegsmäßig ergänzt worden. Außerdem verfügte das Schiff nunmehr über ein leistungsfähiges eigenes Lazarett mit vorgesehenen 18 Betten, einem Operationsraum sowie einem Zahnbehandlungsstuhl und alle hierfür vorgesehene Ausrüstung.

      Leider war es Waldau nicht gelungen, der SKL praktikable und machbare Vorschläge zum Einbau einer Katapultanlage zum Start des Bordflugzeuges zu unterbreiten. Die Bordflugzeuge würden also künftig per Kran ausgesetzt und auf dem Wasser starten müssen. Die Landung der Bordflugzeuge musste ohnehin auf dem Wasser erfolgen. Schließlich war ein Hilfskreuzer kein Flugzeugträger. In der Rekordzeit von weniger als zwei Monaten konnte Waldau am 03.November 1939, dem Tag des deutsch-sowjetischen Abkommens über die Umsiedlung der Volksdeutschen aus der Westukraine in den Wartegau, der SKL sein Schiff seeklar melden.

      – Probleme über Probleme –

      Das nunmehr kriegsmäßig ausgerüstete Schiff, getarnt als Marinehilfsschiff „Großenbrode“, läuft nunmehr durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal in die Ostsee. Nachdem das Schiff die Kanaldurchfahrt mit Lotsenhilfe durchführen musste, verlässt der Lotse in Kiel-Holtenau das Schiff. Waffen und sonstige Ausrüstungen waren hervorragend getarnt, so dass der Zivil-Lotse diese gar nicht zur Kenntnis genommen hat. Er mag sich zwar über die hervorragende nautische Ausrüstung des Schiffes auf der Brücke etwas gewundert haben, ließ sich dieses aber nicht anmerken. Vielleicht nahm er diese auch für ein Hilfskriegsschiff als selbstverständlich an. Die Mannschaft blieb zum größten Teil unter Deck, so dass er sich auch über eine unverhältnismäßige Mannschaftsstärke nicht wundern brauchte. Nach Absetzen des Lotsen ging es weiter durch die Kieler Förde in die freie Ostsee. Hier war im sogenannten „Schießgebiet“ alles für die Erprobung der Waffen vorgesehen.

      Am Mittwoch, dem 08. November 1939, stand der Hilfskreuzer, weit außer Landsicht, in der Mitte der westlichen Ostsee und es stand zunächst die Erprobung der Flakwaffen auf dem Programm. Geschossen wurde mit den 3,7 bzw. 2-Zentimeter Flakwaffen auf, von Heinkel-Flugzeugen geschleppte, Ballone, die an einer Schlepptrosse von ca. 500 Metern von den Flugzeugen nachgezogen wurden. Während dieser zwei Tage dauernden Übungen wurde – nach zunächst mehr als mangelhaften Ergebnissen – schließlich ein durchaus brauchbares Resultat erzielt und der Kommandant zeigte sich mit der unter dem Kommando des II. AO stehenden Flakpersonals zufrieden. Am Abend des 9. November 1939 – nach Eintritt der Dunkelheit – wurde mittels Hilfe der relativ starken Scheinwerferanlage des Schiffes, die die Zielkörper anleuchtete, geschossen, war die Erprobung der Flakwaffen beendet. Am Abend in den 20.00 Uhr Nachrichten des Großdeutschen Rundfunks erfolgte, von der Besatzung größtenteils mit Bestürzung aufgenommen, die Meldung dass ein Attentat auf den Führer des Großdeutschen Reiches, Adolf Hitler, nach seiner Rede im Münchener Bürgerbräukeller mittels Sprengstoffes fehlgeschlagen sei. Der Kommandant nahm dieses zum Anlass, am darauffolgenden Tage, dem 10.11.1939, vor Beginn des vorgesehen Gefechtsschießens der schweren Batterie, der auf dem Achterdeck versammelten Mannschaft folgendes zu verkünden:

      „Soldaten der Deutschen Kriegsmarine! Wie Ihnen zwischenzeitlich sicherlich auch bekannt, haben irregeleitete Elemente am Abend des 8. November 1939 versucht, den Führer des Großdeutschen Reiches und Oberbefehlshaber der Deutschen Wehrmacht, Adolf Hitler, durch ein hinterhältiges Sprengstoffattentat zu ermorden. Glücklicherweise ist dieser feige Anschlag fehlgeschlagen und der Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht unverletzt geblieben. Diese Tat ist umso verabscheuungswürdiger, als sich das Großdeutsche Reich seit dem 01. September1939, insbesondere seit dem Kriegseintritt Großbritanniens und Frankreichs, in einem heldenmütigen Kampf gegen weit überlegene Streitkräfte der Gegner befindet. Dieses betrifft, in Anbetracht der nicht wegzuleugnenden Überlegenheit – insbesondere der englischen Flotte – besonders die deutsche Kriegsmarine. Es mag in jedem Staat der Erde Andersdenkende geben. Es mag auch durchaus ehrenvoll sein, wenn sich Menschen aus Überzeugung gegen eine ungerechte Staatsführung, gemeint sein können hier zu allererst eigentlich nur kommunistische Diktaturen, auflehnen. Für unser deutsches Vaterland kann dieses hingegen auf keinen Fall zutreffen. Bedenkt, Soldaten, dass unser deutsches Vaterland dem Führer soviel verdankt. Genannt seien hier nur die Abschüttelung der Fesseln des Versailler Vertrages, die Einigung unseres geliebten deutschen Vaterlandes, der Schutz unserer deutschen Volksgenossen im Osten, insbesondere auch im so genannten Korridor sowie allgemein die Sozialgerechtigkeit im Reich. Bedenkt, Kameraden der deutschen Kriegsmarine, noch vor wenigen Jahren war Deutschland ein zerrissenes, von inneren Unruhen gebeuteltes und von sogenannten Siegermächten des Weltkrieges ausgebeutetes Land. Alle diese Missstände, die jeder aufrechte Deutsche als Schande empfunden haben muss, hat die neue deutsche Staatsführung, in erster Linie der Führer selbst, bereinigt. Wenn jetzt nach Kriegsausbruch – und dieser Krieg kann nur durch Zusammenhalt der gesamten deutschen Volksgemeinschaft, an der Front und in der Heimat, siegreich beendet werden, einige irregeleitete und verabscheuungswürdige Elemente sich dazu hinreißen lassen, oder auch von außen gesteuert sein mögen, wer weiß das heute, ein Attentat auf den Reichskanzler und Führer des deutschen Volkes und Oberbefehlshaber der deutschen Wehrmacht, zu verüben, so kann dieses nur die Empörung des ganzen aufrechten deutschen Volkes zur Folge haben. Mögen diese feigen Attentäter ihrer gerechten Strafe nicht entgehen.“

      Später sollte Waldau sich dieser, seiner damals ehrlich gemeinten Ansprache, noch zweifelnd erinnern.

      Mannschaft und Offiziere traten ab und gingen auf ihre Gefechtsstation.

      Das Gefechtsschießen der schweren Batterie, der 6 x 15-Zentimeter Kanonen, durchgeführt zunächst auf Scheiben, dann auf ein mit Korkladung unversenkbar gemachtes Zielschiff, sollten anschließend sowohl dem ersten Artillerieoffizier, als insbesondere auch den Kommandanten und der gesamten Schiffsführung noch erhebliche Probleme bereiten. Über insgesamt vier volle Tage wurden diese Schießübungen durchgeführt, bis die Schiffsführung endlich mit den Ergebnissen zufrieden war. Hierbei musste der Kommandant feststellen, dass insbesondere an der Schnelligkeit des Fallens der Tarnung bis zur Gefechtsfähigkeit aller Waffen noch einige Änderungen erforderlich wurden. Vor allem musste bei der abschließenden Werftliegezeit dafür Sorge getragen werden, dass die in den Laderäumen versenkbar eingebauten Geschütze schneller hochgefahren und gefechtsklar gemacht werden konnten. Bei dem Rollenexerzieren stellten sich selbstverständlich auch Unzulänglichkeiten bei Teilen der Besatzung heraus. Auch hier bemerkten Offiziere und Kommandant, der stets, trotz seines Vertrauens, vor allem zum ersten Offizier, seinem Crewkameraden, Graf Terra, sich kaum Ruhepausen gönnte, erhebliche Schwachpunkte.

      Das abschließende Torpedoschießen wurde zum Debakel schlechthin. Obwohl die Torpedo-Zielanlage ausgezeichnet arbeitete und der für die Torpedowaffe zuständige Oberleutnant zur See Carstens seine Leute, wie sowohl der Kommandant, als auch der I.O feststellten, durch stetige Übungen bestens in Schwung hatte, verlief bereits das erste Torpedoschießen am Donnerstag, dem 16. November 1939, mehr als unbefriedigend. Als Ziel war ein altes, nicht mehr seefähiges Torpedoboot des Weltkrieges, vorgesehen. Aus knapp 2.000 Meter Entfernung kommandierte Oberleutnant zur See Carstens: „Torpedos los.“ Gespannt blickten Torpedooffizier, Torpedogasten,


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