Spielautomatensucht - Der Weg des Spielers. M. TroJan

Spielautomatensucht - Der Weg des Spielers - M. TroJan


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offiziell mein Geld verspielen. Natürlich besuchte ich abends noch meine Stammkneipe, dort ging ich natürlich gezielt zu den Automaten, ich schob nen 20iger rein und spielte drauflos. Nach einer Weile kam ein damaliger Freund in die Kneipe ‚Deus’ und natürlich erzählte ich ihm sofort, dass ich heute in einer Spielo war. Natürlich sagte ich, dass ich nur einen 20 D-Mark Schein verlor. Klar, welcher normale Mensch würde schon nen 50iger verspielen?! »Und wie war‘s?«, fragte er mich, ich sagte doch tatsächlich »Absolut Geil!« Ich hatte durch das Verspielen extrem Blutgeleckt. Denn ich war mir damals sicher, dass ich dort einen enormen Gewinn erzielen könnte, jedenfalls dann, wenn ich den richtigen Zeitpunkt erwische. Genau dann, wenn die Spieler die Automaten gut genug gefüttert hatten. Denn dann waren die Automaten voll und ich hätte leichtes Spiel. Damals waren Spielos 24 Stunden am Tag geöffnet, quasi immer. Mein Zeitpunkt war somit nie vorhersehbar, denn es spielten ja immer irgendwelche Spieler, jedoch sah ich das völlig anders.

      Deus und ich verabredeten uns an einem Samstag (morgens) vor der Spielo, er war wieder einmal nicht pünktlich und darum beschloss ich, dass ich alleine rein geh. Der Typ hinter dem Tresen kannte mich noch und lächelte bereits, als er mich erblickte. Ich fühlte mich ab dem zweiten Tag richtig geborgen. Es war lustig und unterhaltsam, auch der Spieler, der von einer Woche zuvor, grüßte mich, er spielte jedoch nur an zwei Automaten. Ein paar andere Spieler waren ebenfalls anwesend, jedoch sahen die mich nicht an und kümmerten sich um ihre Automaten. »Und wie geben sie heute?« fragte ich so in die Runde, »Naja, geht so …« erwiderte einer der Spieler. Ich war zwar kein Anfänger mehr an Automaten, aber in einer Spielo fühlte ich mich, als würde ich das erste Mal spielen. Das Schicksal meinte es wohl gut mit mir, denn ich schob nen 20ziger rein und beim zweiten Spiel klingelte der Automat bereits, ich drückte manuell auf STOPP und er blieb bei 50 Freegames stehen. Ich dachte kurz daran, mit der Risiko-Taste den letzten Sprung auf 100 Freegames zu riskieren, nur damit die anderen Spieler sehen können, was ich drauf habe. Ich verwarf diesen Gedanken und behielt die Freegames. Nun hatte ich 50 Mal die Chance, den Automaten auf den Höchstgewinn zu drücken. Bei etwa 10-15 Fehlversuchen klappte es, ich drückte den Automaten von 3 auf 100 Freegames. Eine Musik erklang, »Mama mia« von ABBA. Ein paar der anderen Spieler nickten mir zu und zeigten mir dadurch Respekt. Den Respekt, den ich mir immer gewünscht hatte. Nun hatte ich etwa 130-140 Freegames und pro Game konnte man mit etwa 2 D-Mark gewinn rechnen. Es wären somit etwa 260-280 D-Mark gewesen. Wie gesagt, GEWESEN! Deus kam nach über einer Stunde Verspätung und sah natürlich sofort, dass ich mächtig am Gewinnen war. Ich ließ 20 D-Mark in Münzen raus und gab sie ihm, „hier versuch dein Glück“, sagte ich zu ihm. Er spielte an einem Automaten in der Menge der anderen Spieler und ich hörte, wie er mich in den Himmel hob. Er erzählte den anderen Spielern, wie oft und enorm hoch ich gewinnen würde. Er betonte, dass er das alles immer selbst sah, die Einsätze und die enormen Gewinne, und dass ich mit mindestens 5.000 D-Mark im Plus wäre. Die Spieler, die mich noch nicht kannten, waren anfangs beeindruckt, denn wenn ein anderer dies behauptet, muss es wohl der Wahrheit entsprechen.

      Ich konnte nicht alles genau verfolgen, was Deus über mich erzählte, denn immerhin musste ich meinen Gewinn ausbauen. Dennoch gingen die Freegames nach und nach immer mehr verloren. Ich spielte bei fast jedem Game manuell und fiel immer wieder auf 0 runter. Die letzten 50 Freegames behielt ich vollständig, sodass ich wenigstens noch 100 D-Mark Gewinn übrig hatte. In Wirklichkeit waren es zwar nur 60 D-Mark, denn ich hatte ja nen 20iger als Einsatz benutzt und nen Zwani hab ich Deus gegeben, aber egal. Hundert Mark war die Antwort, wenn jemand fragen würde, wie viel ich gewann. Das Kleingeld fühlte sich in meiner Hosentasche gut an, so gut, dass ich gleich wieder etwa 20 D-Mark rausnahm und mein Glück an einem neuen Automaten versuchte. Nichts, ich verlor das Geld, jedoch war es mir egal, denn immerhin hatte ich ja gerade erst gewonnen. So gesehen waren es insgesamt nur noch 40 D-Mark, ein mickriger Gewinn, den ich als Einsatz bei einem Spielautomaten normalerweise benötige, bis der Automat zum ersten Mal etwas Höheres auszahlt. Dennoch wurde der Gewinn natürlich betont und verhalf eigentlich nur einem, mein Ruf wurde gestärkt. Am selben Tag ging ich natürlich noch in meine Stammkneipe, ich dachte an eine Glückssträhne, darum setzte ich die restlichen 40 D-Mark Gewinn ein, um mein Gefühl zu bestätigen. Naja, das Geld war recht schnell weg und ich musste weiteres Geld investieren (50 D-Mark). Der Automat gab dann, wie vorausgesehen Freegames, 80 Stück. Umgerechnet wären es wieder etwa 160 D-Mark, dennoch musste ich doch meinen Gewinn etwas vermehren. Und wieder war der Automat gnädig, ich holte noch einmal 100 Freegames und zu einem späteren Zeitpunkt, noch weitere 60 Games, der Tag hatte gut angefangen und würde noch besser enden. Nach einer Weile hatte ich über 400 Freegames erspielt und es sah nicht nach einem Ende aus. Deshalb behielt ich einige Spiele ohne manuell zu versuchen, weitere Games zu erhalten. Denn ich wollte Geld sehen. Bei etwa 400 D-Mark versuchte ich es aber wieder, neue Freegames zu erhalten, nichts ging mehr. Am Ende waren es insgesamt 500 D-Mark. Geld, das ich gut gebrauchen konnte. Denn es sicherte mir eine gewisse Zeit, in der ich nur mit gewonnenem Geld spielen kann, etwa 5 Tage oder weniger. Der Gedanke, dass ich das Geld wegsparen würde, kam nicht einmal, genau genommen kam dieser Gedanke niemals. Ich hatte das Geld bereits zum Verspielen eingeplant. Es sah also wieder einmal so aus, als ob ich 500 D-Mark gewinn hatte. Obwohl ich die genannten 40 D-Mark verspielte und noch etwa einen weiteren 50iger, dennoch betonte ich einen 500 D-Mark REINGEWINN. Die Menschen um mich herum sahen also insgesamt einen Gewinn von 600 D-Mark und gaben sich meiner Meinung nach beeindruckt. Dass ich aber in Wirklichkeit 370 D-Mark gewann, und dass dieses Geld nur dazu diente, dass ich die nächsten Tage spielen konnte, das hatte niemand auch nur ansatzweise in Erwägung gezogen. Vielleicht doch, aber ich wollte mir so eine Schwäche nicht eingestehen, darum war die Fassade ein Gewinner zu sein, wesentlich bequemer, denn somit musste ich mich nicht rechtfertigen, »Denn niemand ist süchtig«. Es begann die letzte Woche vor dem Ersten des Monats und ich hatte noch knappe 400 D-Mark zur Verfügung. Dadurch konnte ich zeigen, dass ich immer Geld für das Spielen habe, denn ich gewann ja immer. Ich musste somit beweisen, dass ein Spieler wie ich, immer flüssig sei, denn ich spiele nur, weil ich immer gewinne – ich belog mich selbst. Gleich am Montag wollte ich zeigen, dass ich noch mehr Geld gewinnen kann, ich investierte in meiner Stammkneipe nen 50iger, nichts. Der Automat war wie ausgewechselt. Ich setzte noch einmal nen 50ziger, außer ein paar Freegames holte ich nichts heraus. Die paar Freegames wollte ich dazu benutzten, um noch mehr Games zu erhalten, jedoch scheiterte ich mit diesem Plan. Ich verlor wieder alles. Jetzt hatte ich bereits 100 D-Mark verspielt und der Automat gab immer noch nichts, ich wollte mich jedoch mit dieser Erfahrung bzw. Situation nicht zufrieden geben und deshalb setzte ich sofort 70 D-Mark ein. Das letzte Geld, das ich bei mir trug, und man glaubt es kaum – ich gewann … keinen Cent. Ich hatte 170 D-Mark, in etwa zwei Stunden verspielt. Komisch, wenn ich 20 D-Mark auf der Straße verlieren würde, dann hätte mich das ziemlich verärgert, aber so? Naja, ich holte einfach noch das restliche Geld von Zuhause. 100 D-Mark und ein bisschen Kleingeld, etwa 30 D-Mark, ich wollte es so nicht enden lassen, denn ich dachte immer daran, bzw. hoffte, dass ich mir das Geld wieder aus den Automaten hole. Wie auch immer, mit dem letzten Geld, mit dem ich eigentlich bis zum Ende des Monats auskommen musste, spielte ich ums Überleben. Ich spielte nicht, damit ich mir Essen oder so kaufen konnte, ich spielte, um weitere Tage spielen zu können. Unlogischer geht es wohl kaum, dennoch sah tatsächlich so mein Alltag aus. Ich verspielte an diesen besagten Montag etwa 400 D-Mark und der Automat gab keinen einzigen Cent. Manche Menschen kommen ein gesamtes Monat mit diesem Geld um die Runde, ich nicht einmal einen Tag.

      Nun ja, ich war theoretisch gesehen die letzte Woche bis zum nächsten Lohn, pleite. Aber dennoch war ich es nicht. Ich lieh mir natürlich Geld aus, bis zum Monatsanfang war es ein Katzensprung und deshalb vertrauten mir die Menschen. Oftmals bekamen die Personen das Geld am selben Tag wieder, meistens jedoch erst dann, sobald ich Lohn bekam. Je länger meine Spielkarriere andauerte, desto länger mussten auch die Personen auf ihr Geld warten. Ich verlor urplötzlich immer mehr und mehr, bis mir am Ende niemand mehr gerne Geld lieh. Denn die Frage wann man es zurückbekommen würde, wurde zwar erwähnt, nur glaubte niemand mehr tatsächlich daran.

       Dies war eine Erinnerung aus meiner Vergangenheit, eine von denen, wie alles begann, der Anfang vom traurigen endlosen Ende. Wir alle sind auch nur ein Mittel zum Zweck


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