Bionik. Bernd Hill
Flugzeuge entwickeln konnten. Dass uns heute das Fliegen mit schweren
Jumbos möglich ist, verdankt die Menschheit vor allem dem Flugpionier Otto
Lilienthal (1848–1896). Sein Ziel „Fliegen mit einem Gerät schwerer als Luft“
wurde anfangs als Unsinn abgetan. Lilienthal wurde verspottet und ausge-
lacht. Doch er ließ sich nicht entmutigen und trat den praktischen Beweis für
die Durchführbarkeit des Fliegens an. Bei Lilienthal hatte das Fliegen seinen
Ursprung in der Beobachtung der Natur.
Der Gleitflug der Störche bewies, dass es im Prinzip möglich war, einen Flug-
apparat schwerer als Luft herzustellen, mit dem ein Mensch fliegen konnte. Die
lebende Natur war für viele Flugpioniere eine interessante Lösungsquelle. Sie
lernten mit der Zeit immer tiefgründiger vom Insekten- und Vogelflug.
Bei fliegenden Insekten und Vögeln gibt es unendlich viel Interessantes zu
entdecken und zu erforschen. Dabei lässt sich heute auch noch so manches
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Vom Storch zum Gleitflugapparat
Technische Lösung:
Gleitflugapparat
Biologisches Vorbild: Storch
Erkenntnisse aus der Natur
gewinnen (Entdeckung)
Erkenntnisse in die Technik
umsetzen (Erfindung)
Gleit-
fliegen spart
Energie!
Fliegen
macht Spaß!
Wissenschaft, die das Lernen von der Natur zum Ziel hat. Sie wird aus den
beiden Begriffen Biologie und Technik gebildet. Durch die Bionik werden
Entdeckungen bei Pflanzen und Tieren zur Übertragung in die Technik genutzt.
Häufig entstehen dabei neue technische
Lösungen, die Erfindungen genannt
werden.
Bionik i
Vorbild:Blauwal
Luftlenkschiff von 1815
Beluga-Zeppelin von 2005
Ich bin der
Blauwal, das größte auf der Welt
lebende Tier. Ich bin 30 Meter lang und über
120 Tonnen schwer. Meine strömungsgünstige
Gestalt war Vorbild für Luftschiffe.
Fliegen
mit Gerät schwerer
als Luft
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für das Fliegen abschauen. Dieses Lernen von der Natur ist in unserer Zeit zu
einer interessanten und wichtigen Wissenschaft geworden. Sie wird Bionik
genannt.
DER LANGE WEG ZUM FLUGZEUG
Anfangs wurde der Vogelflug kopiert und direkt nachgeahmt, wie es beispiels-
weise in der griechischen Sage vom Flug des Ikarus und Dädalus berichtet wird.
Erst viel später hat man gemerkt, dass die direkte Kopie ein Fehlgriff war.
So wie die Vogelflügel müssen auch die Tragflächen von Flugapparaten genü-
gend Auftrieb erzeugen, um die Schwerkraft zu überwinden. Zunächst wurden
große Schlagflügel gebaut und an den Armen befestigt, damit man sich durch Flü-
gelschlag der Luft anvertrauen konnte. Aber das funktionierte nicht. Die findigen
Tüftler hatten ihre Schlagflügel um ein mehrfaches des Vogelflügels vergrößert,
um sie ihrer Körpergröße anzupassen. Die Konstruktion samt Körpergewicht war
aber viel zu schwer, um sich flügelschlagend vom Boden abzuheben. Die Kraft,
die nämlich nötig ist, um das Gewicht zu tragen, nimmt bei zunehmender Größe
schneller zu als die Muskelkraft.
Die Erfinder von Flugmaschinen begriffen, dass unterschiedliche Größen-
verhältnisse in Natur und Technik herrschten und beachteten zunehmend diese
Tatsache bei der Entwicklung ihrer Flugmaschinen. Heute orientieren sich Flug-
zeugkonstrukteure am Insekten- und Vogelflug und schauen dabei der Natur
ihre Tricks ab.
Band 6 der Bionik-Reihe gibt einen anschaulichen Überblick zur Geschichte des
Fliegens. Er zeigt die unterschiedlichen Mechanismen des Fliegens im Tierreich,
erläutert die physikalischen Grundlagen und trifft Aussagen zur zukünftigen
Entwicklung der Flugtechnik. Nachvollziehbare Methoden und Experimente
fördern dabei das Verständnis für das Fliegen.
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I
AUS DER GESCHICHTE
DES FLIEGENS
Am Anfang stand die Nachahmung
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n der Geschichte des Fliegens gibt es viele Beispiele erfolgreicher Nachah-
mung fliegender Tiere, aber auch nahezu unendlich viele Beispiele von Miss-
erfolgen und Rückschlägen. Lange Zeit bemühte man sich wie ein Vogel, mit
an den Armen angelegten Flügeln, in der Luft zu bewegen. Das klappte