ACT leicht gemacht. Russ Harris

ACT leicht gemacht - Russ Harris


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KAPITEL NICHT!

      Dieses Kapitel ist, anders als der Rest des Buches, ein bisschen etwas für Gelehrte. Tatsächlich enthält es mehr technischen Jargon als das ganze übrige Buch. Wenn Sie also gern mit differenzierter Begrifflichkeit hantieren, dann wird es Ihnen gefallen. Wenn solche Kniffligkeiten nicht Ihr Ding sind, überspringen Sie dieses Kapitel bitte trotzdem nicht. Bitte bleiben Sie aus drei guten Gründen dabei; (a) es wird Ihr Verständnis der ACT auf wertvolle Weise bereichern, die Sie zu einer besseren ACTTherapeutin machen wird; (b) später werden wir uns häufig auf die Begriffe, die in diesem Kapitel besprochen werden, beziehen. Wenn Sie es überspringen, würden Sie sich später also fragen, wovon zum Teufel hier geredet wird. Und (c) wird Ihnen alles andere in diesem Buch im Vergleich viel einfacher vorkommen, wenn Sie an das Ende dieses Kapitels gelangt sind. Sind Sie dabei? Gut. Ihre erste Aufgabe besteht darin, funktionalen Kontextualismus zu verstehen.

      FUNKTIONALER WAS?!

      Funktionaler Kontextualismus. Das klingt ziemlich kompliziert. Funktionaler Kontextualismus ist die Wissenschaftstheorie, die dem ACT-Modell zugrunde liegt. Sie heißt so, weil sie betrachtet, wie Verhalten in verschiedenen Kontexten funktioniert. Das Wort »Funktion« ist ein technischer Begriff (keiner, den Sie mit Klienten verwenden würden), dem man in den meisten ACT-Lehrbüchern begegnet. Wenn wir fragen: »Was ist die Funktion dieses Verhaltens?«, dann meinen wir: »Welche Wirkung hat dieses Verhalten in dieser Situation? Was leistet es?« Um dies zu klären, stellen Sie sich fünf verschiedene Leute in verschiedenen Situationen vor. Jede von ihnen bringt sich mit einem scharfen Messer Schnitte auf ihrem Unterarm bei. Nun schauen Sie, ob Sie für so ein Verhalten fünf mögliche Funktionen benennen können.

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      Hier ein paar Möglichkeiten:

      • Aufmerksamkeit erhalten

      • Selbstbestrafung

      • Spannungsabbau

      • von schmerzhaften Emotionen ablenken

      • Körperkunst

      • Ein Versuch, etwas zu spüren, wenn man »völlig taub« ist

      • Suizidversuch

      Nehmen Sie wahr, dass in allen diesen Szenarien die Form des Verhaltens dieselbe ist – Schnitte in den Arm mit einem scharfen Messer, aber die Funktion des Verhaltens oder die Wirkung, die es in dieser Situation hat, eine andere ist. Nehmen Sie jetzt an, Ihr Freund ist in Gedanken versunken, und Sie möchten seine Aufmerksamkeit gewinnen. Stellen Sie sich fünf verschiedene Formen von Verhalten vor, mit denen Sie dies erreichen könnten.

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      Hier ein paar Ideen:

      • Sie winken ihm zu.

      • Sie rufen: »Hallo, ist da jemand zu Hause?«

      • Sie gießen ihm eine Tasse Wasser über den Kopf.

      • Sie schlagen laut eine Tür zu.

      • Sie fragen: »Kann ich dich mal stören?«

      Dieses Beispiel zeigt, dass die verschiedensten Formen von Verhalten ein und dieselbe Funktion haben können: dass sie in dieser Situation alle die Wirkung haben, Aufmerksamkeit zu erlangen. Der funktionale Funktionalismus ist viel mehr an der Funktion eines Verhaltens interessiert – an der Wirkung, die es hat – und nicht an der Form. Wenn wir zum Beispiel den Punkt der Entscheidung anwenden, analysieren wir kontinuierlich die Funktion des Verhaltens einer Klientin im Kontext des Lebens des Klientin (gleich mehr darüber, was »Kontext« bedeutet). Wir fragen, ob es als eine Hinbewegung oder als eine Wegbewegung fungiert. Dies ermöglicht uns, eine nichtwertende Sicht des Verhaltens einzunehmen. Statt zu bewerten, ob es gut oder schlecht oder richtig oder falsch oder positiv oder negativ ist, können wir es einfach im Hinblick auf seine Nützlichkeit betrachten. Denken Sie daran: Wenn Ihr Verhalten auf eine Weise fungiert, die Ihnen hilft, das Leben, das Sie wollen, effektiv aufzubauen, ist es funktional; wenn es in entgegengesetzter Weise fungiert, ist es unzweckmäßig.

      Schwierige Terminologie

      Eine kurze Erinnerung daran, dass das Wort »Verhalten« sich auf alles bezieht, was ein ganzes Individuum macht. Offenes Verhalten ist physisches Verhalten: Handlungen, die man mit seinem Körper macht, der Gesichtsausdruck, was man sagt, wie man sich bewegt, die Körperhaltung usw. Verdecktes Verhalten ist psychisches Handeln wie Denken, Fokussieren, Defusion, Akzeptieren und Erinnern; Verhalten, das in Ihrer inneren Welt vor sich geht. Wenn eine Videokamera da wäre, könnte sie dieses Verhalten niemals aufzeichnen.

      Okay, da jetzt geklärt ist, was »Funktion« bedeutet, wenden wir uns jetzt zum …

      KONTEXT!

      Alles Verhalten hat einen Kontext. Und der technische Begriff »Kontext« bezieht sich auf alles, was das Verhalten beeinflusst, das wir analysieren. Dazu können gehören:

      • Emotionen, Gefühle, Stimmungen

      • kognitive Ereignisse (Gedanken, Überzeugungen, innere Haltungen, Annahmen, Schemata)

      • kognitive Prozesse (Aufmerksamkeit, Gedächtnis)

      • Interpersonelle Faktoren (wer sonst noch da ist, die Geschichte Ihrer Beziehungen mit anderen in der Vergangenheit)

      • Soziale und kulturelle Ereignisse (öffentliche Feiertage, traditionelle Feiern und Feste und Rituale)

      • Die physische Umgebung (der Ort, Einrichtung, Wetter, Tageszeit, Temperatur, Geruch)

      • Genetische und epigenetische Faktoren

      • Physiologische Zustände wie Durst, Hunger, Erschöpfung

      • Genuss von Drogen, Alkohol, Nahrung

      • Physische Gesundheit oder Krankheit

      • Sozialer und kultureller Status (soziale Schicht, Stellung und Rang, Peergroups)

      • Entwicklungs- und Lerngeschichte, einschließlich Bindungsstil.

      Unser Verhalten spielt sich in einem gewaltigen Strom von Einflüssen ab, der sich ständig verändert. Dieser Strom ist so mächtig und komplex, dass wir unmöglich jemals alles wissen können, was unser Verhalten in diesem Moment beeinflusst. Zusammenfassend werden diese Einflüsse als der »Kontext« bezeichnet, in dem sich das Verhalten abspielt. Es ist sinnvoll, in jedem Kontext zwei Kategorien von Einfluss zu unterscheiden: Antezedenzien und Konsequenzen.

      Antezedenzien sind Faktoren, die das fragliche Verhalten auslösen – das heißt, sie gehen ihm unmittelbar voran und bilden die auslösenden Bedingungen für sein Vorkommen. Therapeutisch sind die wichtigsten Antezedenzien, die wir untersuchen, Situationen, Gedanken und Gefühle. Wenn wir den Punkt der Entscheidung verwenden, werden die Antezedenzien immer unten eingetragen, wie die folgende Abbildung veranschaulicht. Bei diesem Beispiel sind alle Wegbewegungen Formen sozialen Rückzugs. Wie das Diagramm illustriert, gibt es für solche Verhaltensweisen viele mögliche Antezedenzien

      In allgemein verständlicher Sprache können wir sagen, dass jedes Verhalten sowohl eine positive Seite hat (zu Ergebnissen führt, die einen Nutzen oder Gewinn mit sich bringen) als auch von Kosten begleitet ist (Ergebnisse, die in irgendeiner Weise nachteilig oder schädlich sind).

      Wenn die Kosten eines Verhaltens dazu führen, es mit der Zeit zu reduzieren oder es aufzugeben, dann nennen wir sie in technischer Sprache strafende Konsequenzen. Wenn der Klient zum Beispiel eine soziale Veranstaltung absagt, sich den Rest des Abends dann aber intensiv einsam und elend fühlt und als Folge davon anfängt, soziale Veranstaltungen weniger oft abzusagen, dann nennen wir das technisch eine strafende Konsequenz.

      Wenn der Gewinn eines Verhaltens dazu führt, es aufrechtzuerhalten oder es mit der Zeit zu intensivieren, dann nennen wir das technisch verstärkende Konsequenzen. Wenn die Klientin zum Beispiel eine soziale Veranstaltung absagt und dadurch eine große Erleichterung spürt, und wenn dies dann dazu führt, dass sie in Zukunft häufiger


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