Über den Kopf hinaus. Werner Huemer

Über den Kopf hinaus - Werner Huemer


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jedenfalls zu jenen Forschern, die mit einem klaren Nein auf diese Frage antworten. Für ihn steht nicht die Materie im Zentrum, sondern das Bewusstsein. „Ohne Bewusstsein existiert nichts“, formuliert er in seinem Buch „Quantenphilosophie und Spiritualität“. „Alles, was wir über die Welt wissen, alles, was unsere Welt ausmacht, ist an ein menschliches Bewusstsein gebunden. […] Folglich ist es ein Fehler, wenn wir Information und Bewusstsein einerseits und Spiritualität und Geist andererseits als vermeintlich unwissenschaftlich aus den Naturwissenschaften verbannen.“

      Der Mann, der das sagt, hat etwas von einem Universalgelehrten (sofern die heutige wissenschaftliche Vielfalt und Tiefe die Verwendung eines solchen Begriffs überhaupt noch gestattet). Ulrich Warnke studierte Biologie, Physik, Geographie und Pädagogik und hatte als Universitätsdozent unter anderem Lehraufträge für Biomedizin, Biophysik, Umweltmedizin, Physiologische Psychologie und Psychosomatik sowie Bionik. Er forscht seit vielen Jahrzehnten auf dem Gebiet der Wirkungen elektromagnetischer Schwingungen und Felder auf Organismen, ist ein Kritiker der ausufernden Mobilfunk-Technologie, leitet eine Arbeitsgruppe „Technische Biomedizin“, ist Erfinder, „akademischer Oberrat“ an der Universität des Saarlandes und Gründungsmitglied der „Gesellschaft für Technische Biologie und

      Bionik e. V.“

      Seit einigen Jahren bildet die Quantenphilosophie einen Schwerpunkt seiner Arbeit, zu dem er bereits zwei vielbeachtete Bücher (2011 und 2013) veröffentlich hat.

      Darin beschäftigt er sich unter anderem mit der spannenden Frage, wie das menschliche Bewusstsein, wie die Gedanken und Gefühle, die es erzeugt, in die materielle Welt hineinwirken. Warnke geht davon aus, dass das Bewusstsein den Körper benutzt,

      „um Erfahrungen (Beobachtungen) zu machen. Die Körperkonstruktion dient dabei nur als Werkzeug, so wie wir Teleskope benutzen, um die Sterne im Weltraum zu betrachten. In Wirklichkeit sind wir reiner Geist in einem Messinstrument namens Körper. Erfahrungen zu machen ist ein Spiel von kosmischem Ausmaß. Die materielle Welt ist die Bühne oder das Spielfeld. Die Naturgesetze sind die Spielregeln.“

      Zweifellos ist das eine andere Sprache, als man sie heute üblicherweise von Wissenschaftlern hört. Materialistisch orientierten Forschern, die die Welt als komplexe Maschine betrachten und ergründen wollen, wird eine solche Sicht der Dinge – vorsichtig ausgedrückt – überaus suspekt erscheinen. Doch sie ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruht im wesentlichen auf einer weitreichenden Interpretation von Beobachtungen im Bereich der Quantenphysik, denen zufolge Materie abhängig von Bewusstsein, also von Geist ist.

      „Sie beschreibt die Materie als immaterielle Bewegung sich überlagernder Möglichkeiten, die erst durch unsere Aufmerksamkeit eine physische Form erhalten. Diese Deutung verändert unser Weltbild, weil sie den Begriff der Materie um eine geistige Komponente erweitert“, formuliert die Berliner Philosophin Nathalie Knapp in ihrem Buch „anders denken lernen“ jene Grundlagen, auf denen quantenphilosophische Überlegungen beruhen. Eine Basis, die sich auch als Brücke von der Forschung zur Spiritualität eignen könnte.

      Es muss also nicht überraschen, wenn Ulrich Warnke im folgenden Gespräch über die Verbindung von Bewusstsein und Materie unter anderem auch seiner Überzeugung Ausdruck verleiht, neue wissenschaftliche Erkenntnisse würden sich bereits absehbar mit alten Weisheitslehren treffen und gemeinsam einen Schlüssel zu vielen Geheimnissen des menschlichen Seins formen.

       Herr Dr. Warnke, es gibt zahlreiche Belege dafür, dass unsere Gedanken in Verbindung mit Empfindungen das Wohlbefinden maßgeblich beeinflussen – Stichwort Psychosomatik. Welche Mechanismen liegen dieser Wirkung aus Ihrer Sicht zugrunde?

      Warnke:

      „Wir können ein ganz einfaches Beispiel aus dem täglichen Leben nehmen: Ich rede jetzt. Mein Geist, als Wille, steuert dabei Materie, in jedem Augenblick meines Lebens, jedenfalls im Alltagsbewusstsein. Man kann nun sozusagen „hinunter marschieren“, sich also fragen: Was passiert elementar dabei? Man weiß, dass die Nerven und Muskeln verantwortlich dafür sind, dass ich reden kann. Damit Muskeln kontrahieren, müssen Membrane für bestimmte Minerale durchlässig gemacht werden, es entstehen also sogenannte „Aktionspotentiale“.

      Damit sich Membrane verändern können, sind Proteine nötig, also Moleküle mit bestimmten Bindungen. Ich muss also mit meinem Geist, mit meinem Willen, in diese Verbindung hineinwirken, damit die Proteine in der Membran sich so ändern, dass ein Aktionspotential entstehen kann. Das heißt mit anderen Worten: Jeder Gedanke, der mit einem Gefühl verbunden ist – denn die Gefühle sind die hauptsächlichen „Schalter“ –, verändert Molekülbindungen.

      Nun kommt etwas Interessantes: Man weiß inzwischen, dass Elektronen dafür maßgeblich sind. Diese Elektronen haben eine Eigenschaft, nämlich ein Rotationsmoment, „Spin“ genannt. Und genau diesen Spin der Elektronen kann ich mit meinem Bewusstsein verändern, so dass ich Materie beeinflussen kann. Und das gezielt zu tun, kann ich lernen.

      Um auf die Psychosomatik zurückzukommen: Gedanken können die Materie zum Beispiel in Richtung Heilung verändern. Wichtig ist dabei, dass mein Körper eine Gewissheit haben muss, ein körpereigenes Wissen. Der feste Glaube an etwas kann eine Gewissheit erzeugen. Gewissheit entsteht durch Gefühle, nämlich Zuversicht oder Erwartung. Und diese Gefühlsmomente sind wiederum notwendig, damit die Information abgerufen wird, die sich ursprünglich aufgebaut hat, nämlich Gesundheit.“

       Vermutlich erklären Sie so auch die Wirkung des Placebo-Effekts …

      Warnke:

      „Ja, aber es gibt nicht nur den Placebo-Effekt – „Ich werde gefallen“ –, sondern es gibt ja auch den Nocebo-Effekt – „Ich werde schaden“. Es kommt darauf an, welche Gefühle ich investiere. Wenn ich die Gewissheit habe – das körpereigene Wissen – dass ich heil werde, wenn ich also Gefühle der Zuversicht investieren kann, dann passiert das auch. Ich muss aber ganz sicher sein, mein Glaube darf keinen Zweifel beinhalten, sonst funktioniert das nicht. Es gibt dazu hervorragende Versuche, Doppelblindversuche, die immer wieder zeigen, dass tatsächlich meine Gedanken und die dabei investierten Gefühle die Heilung in Gang setzen – oder aber den Schaden, also auch die weitere Krankheit.“

       Welche Schlussfolgerungen für die Heilkunde könnte, sollte man daraus ziehen?

      Warnke:

      „Nach meiner Ansicht wird dieses Potential nicht genügend genutzt. Ich kann nicht nur durch „Robotermedizin“ eine Heilung bewirken, denn Heilung ist eine Angelegenheit des Körpers selbst mit dem Geist, der dort investiert. Und ganz sicher ist der sogenannte Placebo-Effekt Hauptbestandteil der Heilung. Untersuchungen, in der Schweiz zum Beispiel, haben klar gezeigt: Nicht die eingesetzten Drogen oder Medikamente, nicht die eingesetzte physikalische Therapie war das Entscheidende, sondern das Vertrauen des Patienten in den Arzt, der sichere Glaube daran, dass dieser Arzt heilen kann.“

       Welche Wirkungsmechanismen gibt es dabei? Welche Rolle spielt das Bewusstsein überhaupt, was bewirkt der Mensch als Geist?

      Warnke:

      „Ich will jetzt etwas Provokatives sagen, es wird mir aber niemand widerlegen können, nämlich: Wir können von dieser Welt nichts wissen, aber auch wirklich gar nichts wissen ohne die Funktion unseres Bewusstseins. Das heißt, alles, was wir kennen, alles, was wir sehen, alles, was wir bemerken, ist immer und ausschließlich durch die Brille eines menschlichen Geistes gelaufen, der ein Bewusstsein hat. Und wenn es nicht über mein Bewusstsein gelaufen ist, dann ist es über ein anderes menschliches Bewusstsein gelaufen, und ich habe mich dem angeschlossen.

      Was ist Bewusstsein? Bei dieser Frage müssen wir unterscheiden: Es gibt ja nicht nur das Bewusstsein, wie es uns im Alltag immer wieder begegnet, sondern es gibt auch das Unterbewusstsein. Es ist längst bekannt, dass das Unterbewusstsein die Hauptfunktionen des Körpers steuert, nämlich 95 Prozent seiner Tätigkeit, und dass eben nur einen ganz kleiner Teil über das Bewusstsein läuft.

      Das Bewusstsein setzt ein Ziel, analysiert, das Unterbewusstsein steuert aber alle Funktionen. Wir können Bewusstsein für uns als Schalter definieren, der Informationen in den Körper, in die Materie schafft.


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