Werde übernatürlich. Джо Диспенза

Werde übernatürlich - Джо Диспенза


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ihn so sehr. Ich sah seine Aufrichtigkeit, seine Kämpfe, seine Leidenschaft. Ich sah seine Liebe; ich sah, dass er wie immer ständig im Kopf versuchte, Konzepte sinnvoll zusammenzuführen. Und ich warf unter anderem auch einen Blick in seine Zukunft. Wie ein guter Vater oder eine gute Mutter war ich stolz auf ihn und voller Bewunderung für die Person, die er in diesem Moment war. Während ich ihn beobachtete und spürte, wie diese intensive Energie in mir anwuchs, hörte er plötzlich mit dem Geschirrspülen auf, schaute aus dem Fenster und ließ den Blick in den Hinterhof wandern.

      Ich, als mein zukünftiges Ich, konnte mich an diesen Moment als mein gegenwärtiges Ich erinnern und wusste auch noch, dass ich tatsächlich innegehalten und nach draußen geschaut hatte, weil in mir spontan ein Gefühl der Liebe aufstieg und ich spürte, dass ich von draußen beobachtet wurde bzw. dass da jemand war. Wie ich auch erinnerte, hatte ich mich vorgelehnt, damit mich die Küchenlampe von oben nicht so im Fenster blendete, und spähte minutenlang in die Dunkelheit, bevor ich mich erneut dem Geschirr im Spülbecken zuwandte. Mein zukünftiges Ich machte mit meinem gegenwärtigen Ich das Gleiche, was die schöne, strahlende Frau nur wenige Augenblicke vorher für mich getan hatte. Jetzt verstand ich, warum sie hier war.

      Und wie beim Betrachten des Kindes in der vorherigen Szene verband mich die Liebe meines zukünftigen Ichs zu meinem gegenwärtigen Ich erneut mit meinem zukünftigen Ich. Da war mein zukünftiges Ich und rief mein gegenwärtiges Ich in diese Zukunft, und dieses Band wurde durch die Liebe ermöglicht. Die höher entwickelte Version meiner selbst wusste so viel. Das Paradoxe daran ist: Das alles bin ich, der gleichzeitig lebt. Es gibt in Wirklichkeit unendlich viele meiner Ichs – nicht nur dieses eine in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. Im Reich des Unendlichen gibt es noch viel mehr potenzielle Ichs, und es gibt nicht nur eine Unendlichkeit, sondern viele Unendlichkeiten. Und all das geschieht im ewigen Jetzt.

      Als ich in die uns vertraute physische Realität auf der Couch zurückkehrte, die – verglichen mit der Welt der anderen Dimensionen, in der ich mich gerade aufgehalten hatte – ziemlich blass wirkte, war mein erster Gedanke: »Wow, wie begrenzt doch meine Sicht der Realität ist!« Die reiche innere Erfahrung verlieh mir große Klarheit und ließ mich erkennen, dass meine Überzeugungen – also was ich über das Leben, Gott, mich selbst, Zeit und Raum und die möglichen Erfahrungen in diesem Reich des Unendlichen zu wissen meinte – sehr beschränkt waren, und bis zu diesem Moment war mir das nicht einmal klar gewesen. Ich war wie ein kleines Kind, welches das Ausmaß dessen, was wir Realität nennen, kaum begreifen kann. Und zum ersten Mal in meinem Leben verstand ich, was der Ausdruck »das Unbekannte« bedeutet, und es jagte mir weder Angst noch Furcht ein. Und ich wusste, ich würde nie wieder derselbe sein.

      Sie können sicherlich nachvollziehen, dass einem die Familie und die Freunde eine durcheinandergeratene Gehirnchemie unterstellen könnten, wenn man ihnen ein solches Ereignis erklären will. Ich zögerte, mit irgendjemandem darüber zu sprechen, denn mir fehlten die passenden beschreibenden Worte, und ich wollte dadurch auch nicht womöglich wie durch einen Fluch eine erneute Erfahrung verhindern. Monatelang war ich damit beschäftigt, den Prozess, der eventuell zu dieser Erfahrung geführt hatte, immer wieder durchzugehen. Auch das Konzept der Zeit faszinierte mich; ich konnte gar nicht aufhören, darüber nachzudenken. Abgesehen von dem Paradigmenwechsel im Hinblick auf den ewigen Moment in der Zeit fand ich noch etwas anderes heraus: Wie ich nach diesem transzendentalen Erlebnis jener Nacht feststellte, waren gerade einmal zehn Minuten vergangen, bis ich in die dreidimensionale Welt zurückkehrte. Ich hatte gerade zwei ausgedehnte Ereignisse durchlebt – was eigentlich viel länger hätte dauern sollen. Diese Zeitdilatation schürte mein Interesse zusätzlich, und so wollte ich noch mehr Energie darauf verwenden, herauszufinden, was mir da passiert war. Ich hoffte auf eine Wiederholung des Erlebten, sobald ich das Ganze besser verstehen würde.

      Noch Tage nach dieser wichtigen Nacht war das Zentrum in meiner Brust elektrisch so aufgeladen wie in dem Moment, als die schöne winzige Frau etwas in mir aktivierte. Immer wieder dachte ich: »Wie kann dieses Gefühl nach wie vor in mir vorhanden sein, wenn nicht tatsächlich etwas Reales passiert ist?« Indem ich meine Aufmerksamkeit auf dieses Zentrum richtete, dehnte sich das Gefühl aus. Verständlicherweise war ich in dieser Zeit nicht besonders an sozialen Kontakten interessiert, denn die Menschen und Umstände der Außenwelt lenkten mich von diesem besonderen Gefühl im Innern ab, sodass es weniger wurde. Mit der Zeit verschwand es ganz, aber ich dachte ständig darüber nach, dass es immer noch mehr Liebe zu erleben gibt und dass die Energie, die ich in diesen Dimensionen an- und aufgenommen hatte, nach wie vor in mir lebendig war. Ich wollte sie erneut aktivieren, wusste aber nicht wie.

      Lange Zeit versuchte ich immer wieder, diese Erfahrung zu wiederholen, doch nichts geschah. Wie ich inzwischen erkannt habe, ist die Erwartung des gleichen Ergebnisses, zusammen mit dem frustrierenden Versuch, es herbeizuzwingen, die schlimmste Kombination überhaupt, wenn man eine weitere mystische Erfahrung (oder sonst etwas) kreieren möchte. Ich verlor mich in meiner persönlichen Analyse, versuchte herauszufinden, wie das passiert war und wie ich es erneut erleben könnte. Ich beschloss, es mit ein paar neuen Ansätzen zu probieren, und entschied mich, den Versuch nicht abends zu unternehmen, sondern frühmorgens aufzuwachen und zu meditieren. Zwischen ein und vier Uhr morgens ist der Melatoninspiegel am höchsten, und die mystischen chemischen Stoffwechselprodukte des Melatonins sind genau die Substanzen, die eine luzide Erfahrung erzeugen. Deshalb wollte ich die innere Arbeit nun jeden Morgen um vier Uhr praktizieren.

      Bevor ich erzähle, was als Nächstes passierte, möchte ich vorausschicken, dass das eine ungewöhnlich schwierige Zeit in meinem Leben war. Ich fragte mich, ob es für mich die Mühe wert war, weiterhin zu lehren, und musste eine Entscheidung treffen. Nachdem im Jahr 2004 der Dokumentarfilm »What the Bleep Do We Know!?« herausgekommen war, war mein Leben ziemlich chaotisch geworden, und ich überlegte, ob es nicht besser für mich wäre, mich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen und ein einfacheres Leben zu führen. Einfach zu verschwinden, schien so viel leichter zu sein.

      Eine vergangene Inkarnation im gegenwärtigen Moment erleben

      Eines Morgens, so etwa eineinhalb Stunden, nachdem ich im Sitzen mit dem Meditieren begonnen hatte, lehnte ich mich zurück, legte ein paar Kissen unter die Knie, damit ich nicht gar zu schnell einschlief, und verweilte in dem Zustand zwischen Wachsein und Schlaf. Beim Hinlegen richtete ich meine Aufmerksamkeit einfach auf die Stelle im Kopf, wo die Zirbeldrüse sitzt. Doch dieses Mal versuchte ich nichts herbeizuzwingen, sondern ließ los und sagte mir: Was auch immer … Das war anscheinend das Zauberwort. Ich weiß jetzt, was das bedeutet. Ich gab mich hin, ging aus dem Weg, ließ jegliche Erwartung an ein bestimmtes Ergebnis los und öffnete mich einfach den Möglichkeiten.

      Und schon im nächsten Moment erlebte ich mich als untersetzten Mann irgendwo auf der Welt, wo es sehr heiß war, anscheinend dort, wo heute Griechenland oder die Türkei liegen. Das Gelände war felsig, der Boden ausgedörrt, und ich erblickte Steingebäude wie jene aus der Zeit der Griechen und Römer und dazwischen viele kleine Stoffzelte in leuchtenden Farben. Ich trug ein einteiliges Gewand aus Sackleinen, von den Schultern bis zur Mitte der Oberschenkel. Um die Taille war ein dickes Seil wie ein Gürtel geschlungen. Ich trug bis zu den Unterschenkeln hochgeschnürte Sandalen. Mein Haar war dick und lockig, mein Körper fühlte sich stark an. Ich hatte breite Schultern und muskulöse Arme und Beine. Ich war Philosoph und seit Langem ein Schüler einer charismatischen Bewegung.

      Ich war gleichzeitig das Ich in dieser Erfahrung und mein gegenwärtiges Ich, das sich selbst zu diesem Zeitpunkt und an diesem Ort beobachtete. Meine Sinne waren geschärft, ich nahm alles vollkommen bewusst wahr. Ich roch den vertrauten Moschusgeruch meines Körpers, schmeckte das Salz meines Schweißes, der mir vom Gesicht tropfte. Ich liebte den Geschmack. Ich fühlte mich in der Körperlichkeit und Stärke meines Körpers geerdet, nahm den starken Schmerz in meiner rechten Schulter wahr, ohne meine ganze Aufmerksamkeit darauf zu richten. Ich sah den strahlend blauen Himmel und die satten Farben der grünen Bäume und der Berge wie in einem Technicolor-Film. In der Ferne hörte ich Möwen kreischen und wusste, dass ich mich in der Nähe eines großen Gewässers befand.

      Ich war auf einer Art Pilgerreise mit einer Mission, reiste im Land umher und lehrte die Philosophie, die ich mein ganzes Leben


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