Das Manuskript der Magdalena. Tom Kenyon

Das Manuskript der Magdalena - Tom Kenyon


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ich eher vorsichtiger werde, wenn mir jemand etwas zu lesen gibt und sagt, es wäre gechannelt. Und wenn sich Wesen von der anderen Seite bei mir melden, halte ich Ausschau nach logischen Fehlern und lege Fallen aus. Wenn sie diese Tests bestehen, bin ich eher bereit, das, was sie mir erzählen, in Erwägung zu ziehen. Doch auf jeden Fall fälle letztlich ich das Urteil. Wenn mir das Gesagte nicht sinnvoll erscheint, beschäftige ich mich nicht weiter damit.

      Trotz all meiner Widerstände gegen das Phänomen des Channelns meldete sich eines Nachts in Zürich Maria Magdalena. Meine Partnerin Judi hatte mich gebeten, ob ich nicht irgendetwas über Magdalena in Erfahrung bringen könnte, da wir kurz darauf in Les-Saintes-Maries-de-la-Mer sein würden, wo Magdalena angeblich nach der Kreuzigung an Land gegangen sein soll.

      Ich schloss meine Augen und versetzte mich in einen leichten hypnotischen Trance-Zustand. Vor meinem inneren Auge erschien unmittelbar ein Wesen, das sich als Maria Magdalena vorstellte. An jenem Abend begann sie den hier vorliegenden Text zu diktieren. Sie sprach viele Sitzungen lang mit größter Klarheit und Eindringlichkeit. Jedes Wort war präzise, und im Raum herrschte während der Sitzungen eine deutlich spürbare elektrische Spannung.

      Inzwischen sind einige Monate vergangen, und ich schaue mit kritischem Blick auf das Manuskript. Die Aussicht, dem Berg gechannelter Bücher noch ein weiteres hinzuzufügen, verursacht mir Beklemmungen. Das erscheint mir als das Letzte, was die Menschheit jetzt braucht.

      Doch andererseits habe ich noch nie etwas Vergleichbares gesehen. Seit drei Jahrzehnten studiere ich die innere Alchemie. Dabei haben mich die Ähnlichkeiten und Unterschiede der alchemistischen Traditionen immer fasziniert. Meine Erfahrungen mit den unterschiedlichsten alchemistischen Methoden zur Transformation und Erhöhung des menschlichen Bewusstseins sind zu einem wichtigen Teil meines persönlichen Weges geworden. Aus dieser Perspektive betrachtet sind die von Magdalena dargestellten Techniken ziemlich außergewöhnlich. Als spiritueller Pragmatiker habe ich immer alles selbst ausprobiert – so auch hier. Magdalenas Techniken funktionieren jedoch nicht nur, sie tun es sogar außerordentlich gut. Ich muss sogar sagen, dass ihre Praxis die Wirkung all meiner anderen alchemistischen Übungen verstärkt hat, egal aus welcher Tradition sie stammen.

      Aus all dem habe ich einen logischen Schluss gezogen. Dieses Material kann von unschätzbarem Wert sein, sowohl für all jene, die die Alchemie studieren, als auch für jene, die tiefer gehende Erfahrungen der spirituellen Transformation machen wollen und für diejenigen, die sich nach einer »Heiligen Beziehung« sehnen. Deshalb habe ich mich entschlossen, es zu veröffentlichen.

      Mein nächstes Problem ist, dass ich es gerne genau nehme. Diese Geschichte lässt sich jedoch unmöglich beweisen. Das Ganze hat sich vor so langer Zeit abgespielt und es gibt so viele Versionen der Magdalenen-Legende, dass ich annehme, wir werden es nie sicher wissen, zumindest nicht aus objektiver Sicht.

      Die Geschichte, die uns Magdalena im Verlaufe unserer Sitzungen vermittelte, hat mich tief berührt. Manche Aspekte davon berühren mich immer noch. Doch der größte Teil des Erzählten ist für mich nichts weiter als eine Geschichte, die wahr oder nicht wahr sein kann.

      Als ein Mensch, der fest in den Grundsätzen der Logik verankert (manche würden vielleicht eher sagen »eingemauert«) ist, stört es mich, dass ich nicht sagen kann, ob diese Geschichte wahr ist oder nicht. Nichtsdestotrotz muss ich sagen, dass die Methoden und Einsichten, die Maria Magdalena vermittelt, außerordentlich sind. Also habe ich für mich die Geschichte zurück in den Fluss geworfen und die Methoden behalten. Ich möchte Sie einladen, das Gleiche zu tun. Lesen Sie es mit Ihrem eigenen Herzen und Verstand. Behalten Sie das, was Ihnen sinn- und wertvoll erscheint, und lassen Sie den Rest.

      Mir ist klar, dass dieses Buch unterschiedliche Reaktionen auslösen wird. Ich halte es trotzdem für richtig, dieses Manuskript in die Welt zu entlassen. Auch wenn es nichts weiter erreichen sollte, als dass wir die angesprochenen Themen hinterfragen, ist seine Existenz gerechtfertigt. Schließlich ist es für die gesamte Christenheit an der Zeit, die falsche Bewertung des Weiblichen in Frage zu stellen.

      Für diejenigen, die ein tieferes Verständnis der inneren Alchemie zur Transformation ihres Bewusstseins suchen, wird sich der Wert dieses Materials von selbst erschließen.

      Als ich gerade das Manuskript noch einmal durchlas, geschah etwas Merkwürdiges: Ich sah das Material kritisch durch. Als ich darüber nachdachte, ob ich es veröffentlichen sollte oder nicht, erschien mir Isis – ja: Isis. Sie forderte mich auf, das Buch so schnell wie möglich fertig zu stellen.

      Was soll man da noch tun?

      Judis Einführung zum Manuskript der Magdalena

      Es war eine kühle Nacht und Zürich lag in dichtem Nebel. Wir hatten bei unserem Lieblingsthailänder direkt neben unserem Hotel vorzüglich zu Abend gegessen und wir hatten genug Zeit. Es war eine seltene Gelegenheit in unserem Leben. Es war Donnerstag, der 30. November im Jahre 2000.

      Ich hatte mich zunehmend für Maria Magdalena begeistert, sowohl als Archetyp als auch als Wesen. Wer war sie wirklich? So vieles von dem, was in unserer Zivilisation alltäglich ist, beruht darauf, dass sie und damit alles Weibliche von der Kirche als Hure gebrandmarkt wurde, als sündhaft. Wegen dieser Brandmarkung – die wirklich einer Erniedrigung des Göttlichen entspricht, dem das heiße Eisen ins Fleisch gepresst wurde – war das Weibliche für über zweitausend Jahre von Scham erfüllt und wurde als minderwertig betrachtet.

      Dass die Kirche sie als Hure bezeichnet, entbehrt jeder Grundlage. In den Originaltexten findet sich kein einziges Wort, das diese Anschuldigung unterstützen würde. Erst das Konzil zu Nicäa unter Kaiser Konstantin gab der Geschichte diesen Dreh, um das Patriarchat zu unterstützen, die weibliche Autorität zu untergraben, alles Weibliche zu schmähen und die vielen verschiedenen Religionen mit der neuen, populären Religion, Christentum genannt, zu einer Religion zusammenzuschmieden – alles zum Wohle Roms, zum Wohle der Regierung.

      Warum brandmarkten sie Maria Magdalena als Hure? Aus Eifersucht und Angst vor der Macht des Weiblichen, vor allem vor der Art der Macht, über die Maria Magdalena verfügte.

      Ich habe nie daran geglaubt, dass wir in Sünde geboren sind, und ich habe nie geglaubt, dass Maria Magdalena und – da sie den Archetypus der Frau verkörpert – alle Frauen Huren waren. Das Bild von Jesus Christus als einem überfrommen, zölibatär lebenden, scheinheiligen, fanatischen Prediger habe ich ihnen nie abgekauft.

      Vor Jahren war ich dem Weg von Maria Magdalena durch Südfrankreich gefolgt, und ich wollte Tom den gleichen Weg führen, den mein Herz damals gefunden hatte, um meine Spur mit meinem Geliebten wieder aufzunehmen.

      Doch ich traute mich nicht, einfach meinem Herzen zu folgen und sehnte mich nach mehr Hintergrundwissen. Ich wollte die Geschichte. Ich wollte mehr als die Geschichte. Ich wollte die Wahrheit. Ich sagte Tom, dass ich einer Durchsage, die er erhalten würde, Glauben schenken würde, weil ich seine Integrität und seine Fähigkeit, mit der wahren Quelle in Verbindung zu treten, so hoch schätze. So bat ich ihn, ob er vielleicht irgendwann Kontakt mit ihr aufnehmen könne.

      Dazu muss man sagen, dass Tom nicht gerne channelt! In ihm kämpft oft der Wissenschaftler mit dem Mystiker, und da ich beide gleichermaßen liebe, trete ich dabei zurück und beobachte, wie der Wissenschaftler letztendlich dem süßen Licht der Wahrheit nachgibt, die der Mystiker hervorzubringen vermag. Aus diesem Tanz entstehen dann zu guter Letzt großartige Lehren für die Welt, eingehüllt in den Schleier der Wissenschaftlichkeit, die von den Unwissenden dieser Zeit gefordert wird.

      An jenem Abend, aus welchem Grund auch immer, war jedoch das Glück auf meiner Seite. Ich fragte ihn, ob er vielleicht versuchen würde, mit Maria Magdalena Kontakt aufzunehmen, und er sagte »Ja«.

      »Wann?«, fragte ich und hielt die Luft an.

      »Wie wäre es mit jetzt gleich?«

      Er streckte sich auf dem Bett aus und ich machte den Laptop bereit. Toms Person ging aus dem Weg und die Hathoren kamen, um ihm zu helfen, sein Nervensystem anzupassen, was sie oft tun, um den Wissenschaftler zu beruhigen, der sonst zu viel widerspricht.

      Und


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