Selbstbewusst ist das neue Sexy. Sophia Faßnacht

Selbstbewusst ist das neue Sexy - Sophia Faßnacht


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gepflegt, umsorgt und beschützt zu werden wie jedes andere Baby auch. Keiner würde sich (hoffentlich) hinstellen und diesem unschuldigen Wesen aus irgendeinem Grund etwas von seinem Wert absprechen. Und wir würden den Teufel tun, uns neben diese Mutter zu stellen und zu sagen: »Dein Baby mag ja ganz nett sein, es ist aber leider hässlicher als das aus dem Nachbarzimmer. Also, mal ehrlich, das Nachbarzimmer-Baby ist ’ne echte Schönheit und hat etwas mehr Aufmerksamkeit und Liebe verdient als deines.«

      Wie kämen wir dazu, so etwas Verletzendes zu sagen? Wir sind doch nicht menschenverachtend. Und doch vergessen wir oft, dass wir alle einmal dieses Baby waren. Dass wir alle mit dem Wert, den dieses Baby besitzt, auf die Welt gekommen sind. Und dass sich an diesem Wert bis heute nichts geändert hat. Was sich verändert hat, ist das Bild, das wir von uns haben. Wir haben unseren Wert von anderen Dingen abhängig gemacht. Unser Gefühl von Selbstwert wurde irgendwann getrübt.

      Es gibt Forschungen, die besagen, dass gerade im Bewusstsein über den eigenen Körper die Wurzel für ein gut entwickeltes Selbstwertgefühl sitzt. Natürlich gibt es im Lauf unseres Heranwachsens zahlreiche Erfahrungen sowie familiäre, kulturelle und gesellschaftliche Einflüsse und Konditionierungen, die unser Selbstbild prägen. Doch unsere Entwicklung beginnt mit unserem Körper. Wenn wir uns vor Augen führen, wie natürlich kleine Kinder mit sich und ihrem Körper umgehen, kommt uns kaum in den Sinn, dass sie sich für sich oder ihr Äußeres schämen sollten. Das tun sie im Normalfall auch nicht. Babys fragen sich nicht, ob mit ihnen etwas nicht stimmt. Sie sind das Zentrum ihres eigenen Universums, und sie haben kein Problem damit, nach den Dingen zu verlangen, die sie brauchen, um sich wohlzufühlen. Und: Sie erfahren sich gerade in den ersten Lebensjahren vor allem über ihren Körper. Sowohl positive als auch negative Körpererfahrungen haben bereits bei Säuglingen einen Einfluss auf die Entwicklung ihres Selbstbildes. Kleine Kinder greifen, sie erspüren, sie robben und rollen durch die Gegend, sie erfühlen Kälte oder Wärme, sie spielen im Schlamm und genießen es, ihre Sinne auszutesten. Sie fühlen anhand von Körperreaktionen, wann sie kuscheln wollen und wann es ihnen lieber ist, auf Distanz zu gehen. Sie untersuchen ihre Hände und Füße und den Rest ihres Körpers mit größter Unbedarftheit. Einem Kleinkind käme es nach dem Erkunden seiner Beine wohl kaum in den Sinn, zu seiner Mutter zu rennen und zu sagen: »Mama, meine Oberschenkel sind zu dick.« Dieser innere Kritiker ist in der Regel nicht existent. Noch nicht.

      Dein Selbstbild formt sich in den ersten Lebensjahren

      Die ersten Jahre sind eine sensible Zeit. Denn ein Kind ist in dieser Lebensphase sehr empfänglich für alles, was es von außen gespiegelt bekommt, und bezieht viele der Reaktionen seines Umfelds auf sich. Kinder nehmen die Meinungen der anderen oft an, sie beziehen Bemerkungen und Kommentare auf sich. Das erste Selbstbild ist also im Grunde genommen auch ein Fremdbild.

      Auch wie wir unseren Körper wahrnehmen und bewerten, wird in dieser Zeit stark von unserer Umwelt mit geprägt. Werden dem Kind in seiner Entwicklung Impulse geboten, sich und seinen Körper auszuprobieren, wird es diese nur allzu gern annehmen. Wird ihm liebevoll geholfen und somit Sicherheit gegeben, wenn es diese für das Erfahren seiner Grenzen benötigt, wird sich das Kind an immer neue Herausforderungen wagen. Es entwickelt – von außen angeleitet – durch seine körperlichen Erfahrungen ein Vertrauen in sich selbst.

      Ein kleines Mädchen, das seiner Mutter – von sich selbst beeindruckt – zeigt, dass es jetzt schon auf einem Bein stehen kann, wird sich ermutigt fühlen, wenn seine Mutter auf die Eigenmotivation mit einem »Wow, toll, dass du das geschafft hast« reagiert. Motivation führt dazu, dass Kinder zum Beispiel einen Bewegungsablauf schneller erlernen. Jeder, der schon mal ein kleines Kind beim Üben einer Bewegung beobachtet hat, kennt das: Immer wieder und mit großem Einsatz werden Bewegungsabfolgen trainiert. Sie wollen etwas unbedingt schaffen, und auch der tausendste Versuch kann sie nicht davon abhalten, es noch einmal zu probieren. Kinder »dressieren« sich sozusagen von ganz allein – und zwar nur für sich selbst. So wollen sie zum Beispiel bei einem bestimmten Spiel mitspielen können, also fühlen sie sich motiviert, körperlich zu erlernen, was es zu diesem Spiel bedarf – und lernen durch diese Motivation noch schneller. Kinder haben einen natürlichen Drang, sich auszuprobieren. Ihre Belohnung liegt in der körperlichen Anstrengung und in den daraus resultierenden Lernerfolgen.

      Was passiert nun aber, wenn dem Kind von außen, zum Beispiel durch immer wiederkehrende negative, abwertende oder Angst machende Kommentare, gespiegelt wird, dass daran, was es ganz natürlich versucht zu sein, nämlich ein sich durch neue Erfahrungen begreifender heranwachsender Mensch, irgendetwas falsch ist? Richtig, es wird wahrscheinlich verunsichert und immer gehemmter werden. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass bestimmte Kommentare nicht gut gemeint sind, und es bedeutet auch nicht, dass man ein Kind nicht auf Schwierigkeiten aufmerksam machen sollte, wenn man bemerkt, dass es sich bei diesem Ausprobieren in Gefahr begeben könnte. Aber zwischen »Lass das. Du fällst gleich hin und wirst dir wehtun« und »Oh, hier wird es jetzt aber rutschig, da muss du gut aufpassen beim Rennen« liegt ein Unterschied. Der erste Kommentar basiert auf Angst, beschwört etwas herauf und lässt das Kind glauben, dass seine Möglichkeiten eingeschränkt sind. Der zweite Kommentar ist ein Helfer, ein wachsamer Unterstützer, der dem Kind zutraut, sich trotz der Schwierigkeiten an seine Grenzen heranzutasten. Es mag wie ein lapidares Beispiel klingen, aber hier kommt bereits der innere Kritiker mit verunsichernden Aussagen ins Spiel.

      »Ich darf mich nicht trauen, denn ich werde hinfallen. Ich werde mir wehtun. Also sollte ich es lassen«, könnten mögliche Glaubenssätze sein, die ein Kind daraufhin entwickelt. Es wird im Vertrauen in sich selbst verunsichert. Wenn das Kind seine körperlichen Möglichkeiten hingegen testen kann, kann es sehr wohl sein, dass es hinfällt und ausrutscht. Es wird sich vielleicht auch wehtun und eine Schramme am Knie erleiden, aber es hat zum einen im besten Fall einen verlässlichen Helfer an seiner Seite, der es tröstet, verarztet und ihm Aufmerksamkeit schenkt, zum anderen hat es eine der wichtigsten Lebens- und Lernerfahrung gemacht: »Ich kann mich ausprobieren, und dabei falle ich vielleicht hin, und das tut weh. Aber ich kann auch wieder aufstehen. Ich kann es noch einmal versuchen.« Unser Körper ist also unser erster Lehrmeister.

      Manchmal – und das lässt sich nicht vermeiden – werden Kinder von anderen Kindern oder von Erwachsenen mit Bewertungen konfrontiert, die ihre körperliche Erscheinungsform und ihre körperliche Leistung betreffen: »Die Laura ist zu dick, die wird nicht in unser Team gewählt. Der Ben kann den Ball nicht richtig fangen. Mann, die Clara ist immer viel zu langsam.« Jeder von uns hatte schon einmal einen Lehrer, der uns mit Härte und Unverständnis begegnet ist, anstatt uns das Gefühl zu geben, dass wir alles im Bereich des Möglichen erreichen können.

      Diese kritischen Stimmen und die Botschaft, die sich daraus ergibt, können irgendwann zu unserem eigenen Kritiker werden. Man weiß aus der Entwicklungspsychologie, dass wiederkehrende bremsende, aber auch verletzende Kommentare dazu führen können, dass Kinder Ängste entwickeln und sich im Verlauf dieser Ängstlichkeit neuen Erfahrungen und Anforderungen in Bezug auf ihre (körperliche) Leistung verschließen und ihnen letztlich aus dem Weg zu gehen versuchen. Wird dem nicht gegengesteuert, wird das Kind jetzt nicht liebevoll an die Hand genommen, wird ihm jetzt nicht gezeigt, dass es sich weiterhin ausprobieren darf, ohne sich mit bestimmten Leistungsansprüchen zu überfordern, kann es bereits hier dazu kommen, dass es seinen Körper mit einem negativen Bild von sich selbst in Verbindung bringt …

      Wir sind keine Ballettmädchen!

      Eine unserer ersten Erfahrungen mit »Body-Shaming« hatten wir beide tatsächlich im Ballett. Das Ballett ist ja so ein Klassiker unter den Kleinmädchenträumen. Zumindest in unserer Kindheit war es noch so, dass Mädchen ganz klassisch in den Ballettunterricht wollten, Jungs hingegen zu Hobbys wie Fußballspielen oder Judo tendierten. Eigentlich soll das Erlernen eines Tanzes für ein Kind ja Spaß machen. Nun ist gerade das Ballett aber natürlich auch eine Tanzart, bei der es viel um körperliche Leistung geht – und um Schönheit, um Perfektion. Nicht nur im Tanz selbst, sondern auch in Form eines schlanken, grazilen Körpers. Wer diesem »Perfektionsanspruch« nicht gerecht wird, kann schnell das Gefühl bekommen, nicht dazuzugehören …

      »Bei mir war es so, dass ich tatsächlich gar nicht von außen


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