Das Phönix-Prinzip. Patrick Freudiger
Zudem finden Sie ein Drei-Tages-Programm, um mit der Anwendung des Phönix-Prinzip erfolgreich zu starten.
Wie lesen Sie dieses Buch?
Es ist mir ein herzliches Anliegen, Sie dazu einzuladen, einige ausgewählte Prinzipien in diesem Buch zu verinnerlichen. Wenn Sie einige Prinzipien mit Herz und Verstand aufgenommen haben, wenn Sie sie inhaliert haben und ihre Wirkung zu spüren beginnen, werden Sie entdecken, wie bedeutsam sie für Ihr Leben sind. Denn Sie bieten Ihnen den Schlüssel zu Ihrem ganz persönlichen Erfolg.
Kernaussagen habe ich am Rand mit einem Icon gekennzeichnet. Nehmen Sie sich die Zeit, sie zu verinnerlichen.
Wenn Sie diesem Icon begegnen, bedeutet dies: »Bitte lesen Sie den nachfolgenden Abschnitt langsam. Noch besser: Lesen Sie ihn laut. Am besten: Lesen Sie ihn einer anderen Person vor und diskutieren Sie anschließend darüber.«
Diese Abschnitte eignen sich auch gut als Diskussionsgrundlage in einem Gruppenaustausch.
Jürg Meyer – ein ganz »normaler« Chef
Lernen Sie nun meinen Protagonisten Jürg kennen. Er wird Sie durch das gesamte Buch mit seiner Geschichte begleiten. Jürg ist ein fiktiver Charakter, den ich in ähnlicher Ausprägung in vielen Unternehmen kennengelernt habe. Ich bin sicher, auch Sie wird Jürg an den einen oder anderen Weggefährten oder Weggefährtin erinnern – vielleicht in manchen Aspekten nicht zuletzt an Sie selbst? Die Wahl einer Figur wie Jürg veranschaulicht die konkreten Führungsdynamiken und führt raus aus der reinen Theorie in die gelebte Praxis.
Jürg Meyer ist 48 Jahre alt, Schweizer, in Oerlikon bei Zürich aufgewachsen. Sein Vater arbeitete Zeit seines Lebens in der Züricher Stadtverwaltung, seine Mutter war Sekretärin in einer Schulbehörde. Nach der Sekundarschule ging Jürg in eine Lehre als Versicherungskaufmann. Seine Eltern wollten, dass er diesen Beruf erlernt. Er schloss seine Ausbildung erfolgreich ab und ging anschließend in die Rekrutenschule als Panzersoldat. Die Kameradschaft, die klaren Strukturen, die Disziplin gefielen Jürg und er blieb dem Militär und auch dem militärischen Führungsstil treu verbunden. Vor ein paar Jahren wurde er altershalber als Major nach mehr als 1000 Diensttagen aus dem Militärdienst entlassen6. Für Jürg war das ein trauriger Tag. Die militärische Führungserfahrung nutzte und nutzt Jürg auch im zivilen Leben. In der Versicherung wurde er bald zum Teamleiter, später zum Abteilungsleiter befördert. Mit 43 drückte er noch einmal die Schulbank und absolvierte ein Executive MBA an der Universität Basel. Sein deklariertes Ziel: in den erlauchten Kreis des Direktoriums aufgenommen zu werden.
Seit 22 Jahren ist Jürg mit Susanne verheiratet. Gemeinsam haben sie zwei Kinder großgezogen, Max und Anna, 15 und 17 Jahre alt. Jürg lebt mit seiner Frau, seinen Kindern und Familienhund Emma in einem Einfamilienhaus in einem Vorort von Zürich. In seiner Freizeit fährt er gerne Rad und spielt Tennis; mit seinen Jugendfreunden spielt er seit Jahren zusammen in einer Band.
Seit 10 Jahren arbeitet Jürg bei der Phönix Versicherung und seit fünf Jahren als Mitglied des oberen Kaders. Diese Position hat er sich aus einer Kombination von Hartnäckigkeit, Loyalität, politischen Ränkespielen und vielen Überstunden erarbeitet. In seiner Funktion führt er rund 400 Mitarbeitende. Er verdient ein ordentliches Salär – deutlich über dem schweizerischen Durchschnitt – und er hat eine Vorsorgelösung, die ihm nach seiner Pensionierung ein angenehmes Leben ermöglicht.
So sieht von außen betrachtet das Leben von Jürg im Großen und Ganzen erfolgreich aus. Er, seine Frau und seine beiden Kinder sind eine typische glückliche Schweizer Familie.
Anmerkungen
1 1 Als Beispiel lässt sich die Führung von Knowledge Workern nennen. Spezialisten, welche deutlich mehr Fachwissen haben als ihr Vorgesetzter. Das »Vormachen« kann sich hier also nur auf nicht-fachliche Themen beziehen.
2 2 Ein Zitat von Jocko Willink and Leif Babin aus dem Buch »Extreme Ownership - How U.S. Navy SEALs Lead and Win«. Definition von »Extreme Ownership«: es gibt keine schlechten Teams, nur schlechte Anführer.
3 3 John F. Rockart, Christine V. Bullen: A primer on critical success factors, 1979
4 4 In den achtziger Jahren erlebte die Erfolgsfaktorenforschung mit der PIMS-Studie und der Publikation »In Search of Excellence: Lessons from America's Best-Run Companies« von Peters & Waterman einen ersten Höhepunkt. Man glaubte, den Heiligen Gral gefunden und die Geheimnisse erfolgreicher Führung entschlüsselt zu haben. Dem war nicht so. Im Gegenteil, es entbrannte ein heftiger Streit über die richtigen Erfolgsfaktoren zwischen den Vertretern zweier Denkschulen: das in den achtziger Jahren vorherrschende Paradigma der Industrieökonomie von Michael Porter (Marktbedingungen bzw. die Wettbewerbskräfte determinieren die Wettbewerbsstrategie einer Unternehmung und deren konsequente Umsetzung führt zum Unternehmenserfolg) versus den damals neuen Ansatz des Ressource Based View (der Mix an einzigartigen intellektuellen Fähigkeiten, Patenten/Innovationen, Geschäftsprozessen einer Unternehmung determinieren den Unternehmenserfolg). Die beiden Theorien wurden gegenübergestellt, um herauszufinden, welcher Ansatz korrekt ist, die größere Erklärungskraft hat. Aktueller Erkenntnisstand in der Forschung: Beide Erklärungsansätze können einen signifikanten Teil der Varianz des Unternehmenserfolgs erklären, also ein »unentschieden«. Klar war in jedem Fall: Es gibt so etwas wie Erfolgsfaktoren auf verschiedenen Ebenen: der Branche, des Unternehmens, des Menschen.
5 5 Die Checklisten sind über mehrere Kapitel verteilt. Sie können diese als ein Paket im PDF-Format kostenfrei beziehen. Mehr Informationen hierzu finden Sie am Ende des Buches im Kapitel »der Autor«.
6 6 Eine Besonderheit der Schweizer Armee ist das Milizsystem. Dies bedeutet, dass Jürg seine militärische Karriere neben seiner ordentlichen beruflichen Tätigkeit verfolgt hat.
2 Genussfrei, gehetzt, kontrolliert – warum Führungskraft sein keinen Spaß mehr macht
Führungskräfte ohne Spaß machen keinen Spaß
Im Laufe meines beruflichen Wirkens als Berater, Unternehmer und Führungskraft sind mir drei Dinge klar geworden:
eine gute Führungskraft zu sein ist äußerst anspruchsvoll,
die wenigsten Führungskräfte sind gute Führungskräfte,
gute Führungskräfte können sich selbst reflektieren.
In den letzten Jahren haben mich meine Erfahrungen und Beobachtungen mit Berufskolleginnen und -kollegen zu einer weiteren Erkenntnis geführt: Vielen Führungskräften macht das Führen deutlich weniger Spaß als früher. Die Handelszeitung untermauert diese Behauptung in einem Artikel mit dem Titel »Warum Management keinen Spaß mehr macht« mit drei knackigen Worten: Genussfrei, gehetzt, kontrolliert.1 Die Auswirkungen fehlenden Spaßes an der Arbeit zeigt sich darin, dass viele Führungskräfte ihr Leistungspotenzial bei Weitem nicht ausschöpfen. Da sie naturgemäß in ihrer Rolle als Führungskraft Mitarbeitende führen, wirkt sich dies unmittelbar auch auf das Leistungsniveau ihrer Teams aus. Eine lustlose Führungskraft schafft es kaum, ihre Mitarbeitenden zu begeistern, zu beflügeln, zu inspirieren und für eine »Extrameile« zu motivieren. Begeistern kann nur, wer selbst