Ausgewählte Briefe. Gregor der Große

Ausgewählte Briefe - Gregor der Große


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emporgestiegen bin, als ich vom Höhepunkt meiner Ruhe herabsank. Wie vorn Angesicht des Herrn zur Strafe meiner Sünden in die Verbannung äusserer Geschäfte verwiesen, spreche ich gleich dem zerstörten Judäa beim Propheten: 19 „Der Tröster ist fern von mir." Wenn Ihr aber zwischen meiner Stellung und meinem Namen eine Ähnlichkeit findet und in Eurem Schreiben daran Lobsprüche und Höflichkeiten knüpfet, 20so gebt Ihr in Wahrheit, theuerster Bruder, einem Affen den Namen des Löwen. Das nehmen wir von Euch in dem Sinne an, in welchem man auch die schäbigen Hündlein öfters Panther und Tiger heißt. Ich aber, o Bester, habe gleichsam meine Kinder verloren; denn durch die irdischen Sorgen sind meine guten Werke zu Grunde gegangen. „Nennet mich also nicht mehr Noemi, d. h. die Schöne, sondern Tiara, denn ich bin der Bitterkeit voll." 21Wenn ich aber nach Eurer Bemerkung nicht hätte schreiben sollen, daß Ihr mit wildem Rind auf dem Acker des Herrn pflüget, weil in dem Leintuch, welches dem hl. Petrus gezeigt wurde, auch willde Rinder und alle Thiere gewesen seien, — so wißt Ihr selbst, daß dabei steht: „Schlachte und iß!" 22Warum wolltest Du also schon den Gehorsam hinsichtlich des Essens üben, da Du doch jene Thiere noch nicht geschlachtet hattest? Siehst Du denn nicht, daß jene Bestie, von der Du schreibst, sich noch nicht durch das Schwert Deiner Beredsamfeit hat tödten lassen? Da Du sie aber nur durch innere Zerknirschung wirrst tödten können, so mußt Du Dich vorläufig schon mit Deinem guten Bestreben befriedigen. 23

      Hinsichtlich unserer Brüder aber, meine ich, daß es mit Gottes Hilfe so gehen wird, wie Du geschrieben hast. Für jetzt hielt ich es nicht für passend, darüber an die durchlauchtigsten Gebieter zu schreiben, denn man soll nicht gleich Anfangs mit Klagen kommen. Ich habe aber meinem geliebtesten Sohn, dem Diakon Honorat, geschrieben, daß er zu gelegener Zeit ihnen das Geeignete zu verstehen gebe und mir schleunig ihre Antwort berichte. Die Herren Alexander und Theodor, meinen Sohn Marinus, die Damen Eficia, Eudochia und Dominica bitte ich meinerseits zu grüßen.

       VII. (7) An Anastasius, Bischof von Antiochia.

      VII.Gesammtausgabe 7.

      An Anastasius, 24Bischof von Antiochia.

       Inhalt: Klage wegen der Uebernahme der päpstlichen Würde.

      Was die Ruhe für den Milden, die Gesundheit für den Kranken, die Quelle für den Dürstenden, der Schatten für den Erhitzten, das waren die Briefe Ew. Heiligkeit für mich. Denn jene Worte schien nicht die fleischliche Zunge zu sprechen, sondern ließen so sehr die geistige Liebe, von der sie eingegeben waren, erkennen, als ob die Seele selbst reden würde. Aber was Ihr weiter schreibet, ist sehr hart: Eure Liebe verlangt, daß ich die Last der Erde trage, und während Ihr zuerst mich in geistiger Weise liebet, liebet Ihr gleich darauf, wie es scheint, nach Art dieser Welt und drückt mich durch die auferlegte Last zu Boden, so daß ich ganz die gerade Richtung des Geistes und den Sinn für die Betrachtung verliere und nicht im Geist der Weissagung, sondern nach Erfahrung sprechen muß: „Ich bin gebeugt und gar sehr verdemüthigt worden.„25 Denn wie von vielen Wellen werde ich von Streitigkeiten hin und her gezogen und vom betäubenden Sturm des Lebens bedrängt, so daß ich mit Recht sagen kann: „Ich bin in die Tiefe des Meeres gekommen, und der Sturm hat mich versenkt.“ 26Reichet mir in dieser Gefahr durch Euer Gebet die Hand, Ihr, der Ihr am Ufer stehet. Wenn Ihr aber mich den Mund des Herrn und eine Leuchte nennet, von der Ihr behauptet, daß sie Vielen nützen könne, — so ist nur zu all meinen Sünden hin noch Dieß begegnet, daß ich, während doch die Sünde an mir gestraft wirden sollte, Lobsprüche statt der Strafe erhalte. Welch’ lärmende Schaar von irdischen Angelegenheiten aber mich in meiner Stellung quäle, das kann ich gar nicht mit Worten ausdrücken; Ihr könnt es aber aus der Kürze meines Briefes schließen, da ich mich kurz gegen Euch fasse, obwohl ich Euch mehr liebe als Alle.

      Indessen zeige ich Euch an, daß ich von den durchlauchtesten Kaisern mit meiner kräftigsten Fürsprache verlangt habe, daß Ihr in Eure Würde wieder eingesetzt werdet, und daß sie Euch gestatten, hieher zu der Schwelle des Apostelfürsten Petrus zu kommen und, so lange es Gott gefallen wird, bei mir zu leben. Habe ich dann das Glück, Euch zu sehen, dann wollen wir uns gegenseitig die Last unsrer irdischen Pilgerschaft durch Gespräche vom himmlischen Vaterland leichter machen.

       VIII. (10.) An die Bischöfe Bacanda und Agnellus.

      VIII. Gesammtausgabe 10.

      An die Bischöfe Bacanda und Agnellus.

       Inhalt: Gregors Sorgfalt für die Juden, denen es gestattet wird, ihre Religion ungehindert zu üben.

      Die in Tarracina27 lebenden Juden haben Uns gebeten, ihren bisherigen Platz für ihre Synagoge auch auf Unsern Befehl behalten zu dürfen. Weil wir aber vernahmen, daß jener Platz so nahe bei der Kirche sei, daß man in derselben sogar das Beten und Lesen der Juden höre, so haben Wir Unserm Bruder and Mitbischof Petrus geschrieben, daß die Zusammenkünfte der Juden an jenem Platze zu unterbleiben hätten, wenn es sich wirklich so verhalte, daß die Stimmen von denselben in die Kirche herüber tönen. Möge darum Eure Brüderlichkeit im Verein mit dem genannten Bruder und Mitbischof jenen Platz sorgfältig in Augenschein nehmen, und wenn es Euch scheint, daß derselbe der Kirche irgendwie Störung verursache, so sorget für einen andern Platz innerhalb der Stadt, wo die erwähnten Juden zusammenkommen und ohne Belästigung ihre Gebräuche ausüben können. Möge aber Eure Brüderlichkeit, falls sie den bisherigen Platz verlieren, für einen solchen sorgen, gegen welchen in Zukunft keine Klage erhoben wer den kann. Auch verbieten Wir, daß die genannten Juden bedrückt oder über Gebühr belastet werden, sondern wie es ihnen nach Gerechtigkeit gestattet ist, den römischen Gesetzen gemäß zu leben, so sollen sie ungehindert und nach bestem Wissen ihre Handlungsweise einrichten. Jedoch sei es ihnen nicht gestattet, christliche Sklaven zu haben.

       IX. (14.) An den Bischof Demetrius von Neapel.

      IX. Gesammtausgabe 14.

      An den Bischof Demetrius von Neapel.

       Inhalt: Gregorius versichert unter Verpfändung seines eigenen Heiles Zweifelnden die Wahrheit des katholischen Glaubens und führt sie dadurch zur Kirche zurück. Seeleneifer und Milde.

      Stephanus, der Überbringer dieses Schreibens, hatte die Wahrheit einiger Glaubenspunkte bezweifelt und sich deßhalb von der Gemeinschaft der katholischen Kirche auf so lange getrennt bis Gott, der Richter der Wahrheit, ihn wieder auf den rechten Weg zurückführen würde. Wisse, daß er Uns Genugthuung geleistet und mit der katholischen Kirche sich wieder im Glauben vereinigt habe. Wir haben aber in Erfahrung gebracht, daß sich in der Stadt Neapel Mehrere befinden, die an demselben Zweifel leiden. Hinsichtlich Dieser hat Uns Stephanus versichert, daß sie unverzüglich und ohne Weigerung zur Einheit mit der katholischen Kirche zurückkehren werden, wofern Wir durch Verpfändung Ünsers eigenen Seelenheiles Ihre Zweifelmüthigkeit beschwichtigen würden. Deßwegen ersuchen Wir Euch durch das gegenwärtige Schreiben, diese Leute auf unser Wort und auf Unsre Gefahr hin, wie sie es verlangt haben, in die Gemeinschaft des katholischen Glaubens aufzunehmen und sie auf jede mögliche Weise von der Finsterniß zum Licht zurückzurufen, damit Wir nicht, nachdem einmal diese Sache an Uns gebracht worden ist, durch Unser Stillschweigen oder durch Nachlässigkeit ihre Seelen verlieren.

       X. (17.) An alle Bischöfe Italiens.

      X. Gesammtausgabe 17.

      An alle Bischöfe Italiens.

       Inhalt: Die arianisch getauften Longobarden-Kinder sollen mit der katholischen Kirche versöhnt werden.

      Da der gottlose Autharit am letztvergangenen Osterfeste verboten hat, die Kinder der Longobarden nach katholischem Glauben zu taufen — (wofür ihn die göttliche Majestät vom Leben abgerufen hat, damit er kein weiteres Osterfest mehr sehe), so geziemt es sich für Euch, meine Brüder, alle Longobarden in Euren Sprengeln zu ermahnen, daß sie, besonders da eine große Sterblichkeit das Land bedroht, ihre arianisch getauften Kinder mit der katholischen Kirche versöhnen sollen, 28 um so den Zorn


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