Work-Life-Balance. Uta Kirschten

Work-Life-Balance - Uta Kirschten


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Wissen möglichst lange zu nutzen. Viele Unternehmen unterschätzen immer noch die Gefahr des WissensverlustesWissensverlust, die aus dem baldigen (ca. ab 2020) Austritt der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Arbeitsleben für die Unternehmen entstehen können, sofern nicht geeignete Strategien der Wissensbewahrung in den Unternehmen entwickelt und eingesetzt werden (vgl. Kirschten 2010).

      Für die Unternehmen besteht hier ein großer Handlungsbedarf, um ihre älter werdenden Belegschaften leistungsfähig, gesund und motiviert zu halten (z.B. durch altersgerechter Arbeitsplätze und Aufgabenbereiche, ein betriebliches Gesundheitsmanagement und Qualifikationsangebote). Work-Life-Balance Maßnahmen gewinnen in diesem Zusammenhang stark an Bedeutung, zumal die beruflichen Anforderungen an die Beschäftigten und ihre Arbeitsbelastungen im Beruf zukünftig durch die Verbreitung digitaler Technologien in den Unternehmen noch steigen werden. Darüber hinaus werden die Beschäftigten zukünftiger länger arbeiten müssen, schon heute ist die Erhöhung des RenteneintrittsaltersRenteneintrittsalter auf 67 Jahre beschlossen. Durch speziell auf ältere Mitarbeiter ausgerichtete Work-Life-Balance-Maßnahmen können die Unternehmen ihren älteren Mitarbeitern auch ihre Wertschätzung ausdrücken, die sich bislang häufig schwerpunktartig auf jüngere Mitarbeiter konzentriert.

      Steigende Fachkräfteengpässe und Generationenvielfalt

      Im Zuge des demografischen Wandels werden die jüngeren und gut ausgebildeten Nachwuchskräfte noch rarer. Dies wird den Wettbewerb um gut qualifizierte Fach- und Führungsnachwuchskräfte zusätzlich verschärfen. Hier können unternehmens- bzw. berufsbezogene Work-Life-Balance Maßnahmen u.a. geeignete Anreize bieten, um sich im Zuge des Employer BrandingEmployer Branding als attraktiver Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt zu präsentieren und sich von anderen Arbeitgebern abzuheben sowie die bereits im Unternehmen beschäftigten Mitarbeitenden stärker an sich als Arbeitgeber zu binden, wofür der Aufbau eines RetentionmanagementsRetentionmanagement im Unternehmen wichtig ist (vgl. DGFP 2014).

      Als weitere Herausforderung für die Unternehmen werden aufgrund des demografischen Wandels zukünftig vermehrt drei bis vier verschiedene Generationen gleichzeitig im Unternehmen arbeiten. Diese GenerationenvielfaltGenerationenvielfalt bietet Vorteile, z.B. die Nutzung und Ergänzung unterschiedlicher Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungen, birgt jedoch auch Schwierigkeiten, die durch das unterschiedliche Selbstverständnis der jeweiligen Generationen und deren Abgrenzung voneinander die Zusammenarbeit im Unternehmen erschweren können (vgl. Bruch/Kunze/Böhm 2010, S. 44). Auch hier können Work-Life-Balance Maßnahmen helfen, spezifischer auf die verschiedenen Anforderungen, Präferenzen und Bedürfnisse der jeweiligen Generationen einzugehen und so die Motivation und Leistungsfähigkeit der unterschiedlichen Generationen angehörenden Mitarbeitenden zu erhalten.

      2.1.2 Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen für ein nachhaltiges Wirtschaften

      Angesichts vielfältiger nationaler und internationaler ökologischer (z.B. Klimawandel, Umweltverschmutzung, CO2-Emissionen, Erschöpfung nicht-regenerativer und regenerierbarer Ressourcen), ökonomischer (wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse, komplexe Wertschöpfungsketten, Ressourcensicherung) und sozialer (z.B. Armut, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, nicht Existenz sicherende Entlohnung, gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Chancenungleichheit) Probleme und Herausforderungen sind Unternehmen (und auch Organisationen) zunehmend gefordert, eine gesellschaftliche Verantwortunggesellschaftliche Verantwortung für die ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen ihres Handelns zu übernehmen. Hierfür haben sich in Theorie und Praxis unterschiedliche Konzepte entwickelt; zu den viel diskutierten Konzepten gehören die Corporate Social Responsiblity, das nachhaltige Wirtschaften und das Nachhaltigkeitsmanagement. Die Konzepte werden im Folgenden näher vorgestellt.

      2.1.2.1 Corporate Social Responsibility

      Vorschläge zu einer gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen im Zusammenhang mit der Begrifflichkeit Corporate Social ResponsibilityCorporate Social Responsibility und im Hinblick auf ein nachhaltiges Wirtschaften gibt es schon seit ca. siebzig Jahren. Inhaltlich hat sich das Begriffsverständnis der Corporate Social Responsibility im Zeitverlauf jedoch verändert.

      Die Publikation „Social Resonsibilities of the Businessmen“ von Bowen im Jahr 1953 gilt als Ursprung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Corporate Social Responsibility in den USA (vgl. Loew/Rohde 2013). Browen argumentiert, dass Unternehmen eine soziale Verantwortung haben, da sie gesellschaftliche Rechte in Anspruch nehmen und daher auch die Erwartungen und Werte der Gesellschaft berücksichtigen müssen (vgl. Loew/Rohde 2013, S. 8).

      In den 1960er Jahren entstand eine intensivere Diskussion zum Thema Corporate Social Responsibility, die verschiedene Sichtweisen und Begriffsabgrenzungen zur CSR hervorbrachte. Beispielsweise wurde zu Beginn der 1960er Jahre noch die Verantwortung der Manager hervorgehoben. Demgegenüber vertrat Davis (1967) die Ansicht, dass die Auswirkungen des gesamten Unternehmens auf die Gesellschaft im Zentrum des Ansatzes stehen sollte (vgl. Loew / Rohde 2013, S. 8; Carroll 1999). In den folgenden Jahrzehnten prägten insbesondere Archie B. Carroll und Sandra Waddock die Diskussion und Forschung zum Thema Corporate Social Responsibility in den USA. Der Schwerpunkt des amerikanischen CSR-Ansatzes bezog sich darauf, „was Unternehmen mit dem erwirtschafteten Gewinn machen und nicht darauf wie sie den Gewinn erwirtschaften“ (Loew/Rohde 2013, S. 8). Dabei wird das CSR-Verständnis häufig durch vier Ebenen der unternehmerischen Verantwortung charakterisiert: die ökonomische, die legale, die ethische und die philanthropische Verantwortung (Carroll 1991).

      Insgesamt wurde im angloamerikanischen Sprachraum unter Corporate Social Responsibility eher ein gesellschaftliches und bürgerschaftliches Engagement verstanden (vgl. Loew/Rohde 2013, S. 8). Auch wurde der englische Begriff „social“ im Deutschen eher mit „sozial“ als mit „gesellschaftlich“ übersetzt. So wurden mit dem Begriff Corporate Social Responsibility lange Zeit nur soziale Anliegen und Forderungen verbunden, jedoch keine umweltorientierten Ansprüche (vgl. Fabisch 2004, S. 30). Zusätzlich hat sich in Deutschland in den 1980er Jahren aus der Umweltschutzorientierung das Leitbild einer nachhaltigen EntwicklungLeitbild einer nachhaltigen Entwicklung entwickelt. Dies führte dazu, dass mit dem Begriff Corporate Social Responsibility eher ein soziales Engagement und mit dem Begriff der Nachhaltigkeit eher ein umweltorientiertes Handeln verbunden wurde (vgl. Fabisch 2017, S. 5).

      In den folgenden Jahren erweiterte sich das inhaltliche Verständnis der Corporate Social Responsiblity: Zusätzlich zu der sozialen bzw. gesellschaftlichen Verantwortung entwickelte sich nun auch die Forderung nach einer ökologischen und ökonomischen Verantwortung der Unternehmen im Konzept der Corporate Social Responsibility. (vgl. Fabisch 2017, S. 5).

      Wesentlich zur Erweiterung des Begriffsverständnisses der CSR beigetragen haben in Europa drei Initiativen: Die DIN ISO Norm 26000 von 2010 (letzte Fassung von November 2011), das EU-Grünbuch (vgl. EU-Kommission 2001) von 2001 und die EU-Strategie von 2011 bis 2014 für die soziale Verantwortung von Unternehmen (vgl. EU-Kommission 2011). In diesen Initiativen wurde neben der sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung explizit auch die Verantwortung für die Umwelt benannt und integriert.

      DIN ISO 26000

      Die DIN ISO 26000 ist die erste Norm zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (DIN ISO 26000DIN ISO 26000). Diese freiwillige Norm entstand durch eine sechsjährige Zusammenarbeit unterschiedlicher Stakeholdergruppen aus über 40 Organisationen und aus fast 100 Ländern in den Jahren 2004 bis 2010.

      Sie richtet sich nicht nur an Unternehmen, sondern an alle Organisationen, unabhängig von deren Größe, Tätigkeitsfeld, Eigentümerstruktur, der Kultur und dem gesellschaftlichen Kontext und ist damit universell anwendbar (vgl. BMAS 2011, S. 7). Deshalb wird in der DIN ISO 26000 auch der Begriff der Social ResponsiblitySocial Responsiblity (SR) verwendet und nicht der Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) (vgl. Loew/Rohde 2013, S. 7).

      Die inhaltlichen Kernthemen der DIN ISO 26000 beziehen sich auf die „Organisationsführung, Menschenrechte, Arbeitspraktiken, Umwelt, faire Betriebs-


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