Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane. Pete Hackett

Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett


Скачать книгу
traf direkt in das angespannte Gesicht des Mannes, der über das Verandageländer auf ihn zuhechtete. Es war zu spät zum Ausweichen. Der Anprall traf ihn mit voller Wucht und schleuderte ihn hintenüber in den Straßenstaub. Finger krallten sich in seinem Hemdstoff fest. Heißer Atem traf ihn von der Seite.

      Der andere holte aus, um ihm die Faust ins Gesicht zu schmettern. Blitzschnell zog Greg sein rechtes Knie hoch. Er stieß den Gegner aus dem Gleichgewicht. Der Hieb ging ins Leere. Und noch am Boden liegend, rammte Greg seine geballte Rechte in die Höhe.

      Er erwischte den Kinross Reiter genau am Kinn. Der Kopf des Mannes ruckte nach hinten. Seine Arme fielen herab. Mit einer kräftigen Drehung kam Greg unter dem Feind hervor. Er sprang auf die Füße. Der andere klammerte sich an seinem Gürtel fest und wollte sich so hochziehen. Einen Moment zögerte Greg. Dann sagte er sich grimmig, dass ihm keine andere Wahl blieb, wenn er nicht weiter aufgehalten werden wollte. Er schmetterte dem anderen die Faust an die Schläfe. Der Kopfgeldjäger erschlaffte.

      Flüchtig wischte sich Greg mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn, während er sich abermals nach seinem 44er bückte. Die Berührung des Metalls verlieh ihm keine Beruhigung. Den Colt in der Hand, richtete er sich hoch.

      Im nächsten Sekundenbruchteil prellte ihm ein wuchtiger Hieb mit einem Gewehrlauf die Waffe aus der Faust. Greg duckte sich und wich einen Schritt zurück. Vor ihm war ein bärtiges verkniffenes Gesicht, das von einem mexikanischen Sombrero beschattet wurde. Der Gewehrlauf wurde zu einem neuen Schlag hochgeschwungen.

      Verzweifelt wollte Greg den Hieb unterlaufen und sich gegen den anderen werfen. Da mahlte direkt hinter ihm Sand unter Stiefelsohlen.

      Ehe Greg noch reagieren konnte, wurden ihm die Arme auf den Rücken gerissen. Er bäumte sich keuchend gegen den stählernen Griff.

      Da kam der Gewehrlauf bereits niedergesaust. Greg spürte noch den stechenden Schmerz an der linken Schädelseite, dann war stockdunkle Nacht um ihn …

      *

      Als er erwachte, schmeckte er Staub auf der Zunge. Jemand goss Wasser über ihn, und der kühle Schwall vertrieb Gregs Benommenheit. Spuckend setzte er sich auf. Das Wasser perlte über sein Gesicht und klebte das zerrissene Hemd an seiner Haut fest. Das schwarze gelockte Haar ringelte sich ihm wirr in die Stirn. Gleichzeitig mit dem einsetzenden Schmerz in seinem Kopf, begann sein Gehirn wieder klar zu arbeiten.

      Die Erinnerung ließ ihn die Lippen zusammenpressen.

      Jemand stieß ihn derb mit der Stiefelspitze an.

      „Los, Williams! Hoch mit dir!“

      Er schaute auf, und bei dieser Bewegung zuckte ein neuer Schmerzstoß durch seinen Kopf.

      Schräg über ihm war das breite Gesicht des vollbärtigen Mannes, der ihn mit dem Gewehrlauf niedergestreckt hatte. Ein spöttisches Grinsen verzerrte die wulstigen Lippen. Der Mann hielt seine Winchester nachlässig unter den Arm geklemmt. Als Gregs Blick auf ihn traf, spie er geringschätzig in den Straßenstaub.

      „Hast du nicht gehört, Williams? Du sollst aufstehen!“

      Wieder wurde Greg von einem Stiefel gestoßen. Er drehte halb den Kopf und sah Jim Kinross neben sich. Kinross’ muskulöser Oberkörper war nackt und glänzte schweißnass in der Sonne. Ein dicker weißer Verband war um seine rechte Schulter geschlungen, wo ihn vorher Gregs Coltkugel getroffen hatte. In seinen hellen Augen brannte Hass.

      Neben Kinross und dem Vollbärtigen drängten sich die anderen Mitglieder der Kinross Crew im Halbkreis um Greg. Sie befanden sich noch immer vor dem Rio Colorado Hotel – genau an der Stelle, an der Greg zu Boden geschlagen worden war. Als Greg sich langsam erhob, sah er auf dem gegenüberliegenden Gehsteig Bewohner der Stadt stehen. Aber niemand dachte daran, in dieses raue Geschehen einzugreifen.

      Einen Moment hoffte Greg auf das Auftauchen des Sheriffs. Aber Austin war groß und das Sheriff’s Office weit vom Rio Colorado Hotel entfernt. Überdies würde eine Verhaftung nur einen Aufschub bedeuten, nichts anderes. Er galt als Mörder, und jeder Richter würde für ihn nur ein Todesurteil bereithaben: Tod durch den Strang.

      Während Greg mit hängenden Schultern dastand und in die mitleidlosen Gesichter seiner Feinde schaute, wallte dumpfer Zorn in ihm auf. Plötzlich kam er sich vor wie ein in die Enge getriebener Wolf. Und wie ein solcher wollte er auch handeln: verbissen bis zum letzten Atemzug kämpfen!

      Kinross und seine Horde wussten, dass er in Wirklichkeit unschuldig war. Und das machte sie zu einer Schar skrupelloser Banditen, gegen die Rücksichtnahme fehl am Platze war.

      Greg spannte alle Muskeln. Er hätte jetzt viel dafür gegeben, den Colt in der Holster zu tragen. Seine ganzen Gedanken konzentrierten sich darauf, einem der Kopfgeldjäger eine Waffe zu entreißen. Dann wollte er sich wehren, bis er unter dem tödlichen Kugelhagel zusammenbrach. Das war alles, was ihm noch zu tun übrigblieb.

      Er rückte einen Schritt näher an Kinross und den Vollbärtigen heran. Mit erzwungener Ruhe sagte er, während noch immer der Schmerz in seinem Schädel bohrte: „Vielleicht hast du einen Fehler gemacht, Kinross, der dir zum Verhängnis wird.“

      Jim Kinross runzelte die Stirn. Sein Gesicht wirkte fahl. Der Blutverlust hatte ihn geschwächt. Er musste sich auf den Bärtigen stützen. Und Greg begriff plötzlich, dass es nur eine Waffe gab, die er tatsächlich erwischen konnte: die Winchester unter dem Arm des Bärtigen.

      Kinross knurrte: „Fehler? Soll das ein Bluff sein, Williams? Ich sehe keinen Fehler!“

      Greg schaute ihm kalt in die Augen.

      „Du solltest mich gleich erschossen haben, Kinross. Jetzt sind eine Menge Leute da, die dir auf die Finger sehen werden. Auch wenn man mich als Verbrecher jagt, wirst du mich doch nicht einfach über den Haufen schießen können.“

      Kinross’ finstere Miene hellte sich auf.

      „Du solltest mich eigentlich besser kennen, Williams. Ein Mann wie ich findet immer eine richtige Lösung!“ Er lächelte tückisch und gab seinen Leuten einen Wink.

      Die Schar schwärmte aus und nahm Greg hastig in die Mitte.

      Das jähe Begreifen jagte einen Schauer über seinen Rücken.

      Jetzt war es nicht nur unmöglich geworden, an die Winchester des Bärtigen heranzukommen – jetzt war es vor allem für jeden Außenstehenden unmöglich, zu sehen, was innerhalb des dichten Ringes aus Männergestalten vor ging.

      Jim Kinross stand plötzlich dicht vor ihm – einen schussbereiten Revolver in der Faust.

      „Siehst du, Williams, so wird das gemacht!“, zischte er.

      Greg verkrampfte die Fäuste und starrte ihn mit brennenden Augen an. Hass wühlte ihn plötzlich auf.

      „Ich möchte nur wissen, ob du deiner Sache auch so sicher wärst, wenn wir uns nochmals alleine gegenüberstünden!“

      Kinross holte aus und schlug ihm den linken Handrücken ins Gesicht. Gregs Kopf flog zur Seite. Er taumelte, aber sofort hielten ihn kräftige Fäuste fest.

      Kinross fauchte einem seiner Leute zu: „Los, Jesse! Du weißt, was du zu tun hast!“

      Sofort öffnete der Aufgeforderte seine Lippen und begann, heiser zu brüllen: „Verdammt, Williams, lass dein Eisen stecken! Ich warne dich!“

      Und während sich die Fäuste noch eiserner um Gregs Handgelenke schlossen und ihn an jeglicher Gegenwehr hinderten, schrie der Mann noch lauter: „Vorsicht, Jim! Der Schuft will schießen!“

      Jetzt war es so weit!

      Kinross würde ihn ermorden und jeder würde es für Notwehr halten.

      Aus aufgerissenen Augen starrte Greg in Jim Kinross’ hassverzerrtes Gesicht. Der rechte Zeigefinger des Banditen legte sich um den Abzugshebel …

      *

      In diesem Augenblick schallte eine Stimme über die Straße.

      „Augenblick, Gentlemen!


Скачать книгу