Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane. Pete Hackett

Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett


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      Henshaw knurrte giftig: „Noch eine Minute, Trafford! Mehr gebe ich dir nicht!“

      Dann war es ganz still.

      Tonto wunderte sich, dass er keine Erregung verspürte – weder Furcht noch Hass. Er hatte einfach das Gefühl, dass dies alles unabänderlich war.

      „Dann eben nicht!“, grollte Nat Henshaw, als die Minute vorbei war. „Larry, zeig ihm, wie groß seine Chancen noch sind! Los, Larry, heize ihm ein!“

      Blech schepperte. Ein gelbes Flämmchen beleuchtete sekundenlang ein angespanntes hageres Männergesicht. Dann beschrieb das brennende Zündholz einen kurzen Bogen durch die Luft und landete im ausgegossenen Petroleum.

      *

      Mit einem dumpfen Sausen fuhr eine grelle Stichflamme an der Balkenwand empor.

      Sofort fraßen sich die Flammen ins zundertrockene Holz.

      „Da hast du es, Trafford Koyote!“, schrie Henshaw.

      Roter flackernder Schein zog einen weiten Kreis durch die samtschwarze Nacht.

      Henshaw stand an der Blockhausecke, Larry wich eben von den züngelnden Flammen zurück, und Fess, der dritte Bandit, kauerte hinter einem leeren Fass und starrte, wie die anderen, zur offenen Blockhaustür.

      „Vielen Dank für die Beleuchtung!“, sagte Tonto ruhig.

      Wie von Hornissen gestochen, fuhren alle drei Banditen herum. Fess stieß einen dumpfen Schrei aus.

      Henshaw krächzte: „Verdammter Kerl! Hol dich der …“

      Ihre Waffen ruckten.

      Tontos Gewehrlauf spie eine Mündungsflamme nach der anderen aus. Tonto stand wie aus Stein gemeißelt. Er repetierte und schoss blitzschnell, dass man kaum mit den Augen folgen konnte.

      Fess taumelte gegen das leere Fass und sackte zusammen.

      Larry brach, die wild lodernden Flammen hinter sich, in die Knie und kippte dann lautlos zur Seite.

      Nur Henshaw war schnell genug gewesen, sich zur Seite zu werfen und Tontos Kugel auszuweichen. Sein Geschoss zischte haarscharf an Tontos Wange vorbei. Der junge Kämpfer verzog keine Miene, sein Gewehrlauf ruckte um eine Handbreit, und die Kugel schleuderte Henshaw eine Handvoll Holzsplitter ins Gesicht.

      Henshaw verschwand mit einem gurgelnden Aufschrei hinter der Hausecke.

      Der rote Feuerschein geisterte unheimlich über Tontos starres Gesicht. Knistern und Prasseln füllten die Luft. Funken stoben in die Schwärze der Nacht empor und regneten als Ascheteilchen auf den Hof nieder.

      Die Wildpferde drängten sich ängstlich in die abgelegenste Korralecke.

      Staub wolkte über die Stangenumzäunung.

      „Henshaw!“, rief Tonto klirrend. „Los, Henshaw, komm und führe deine Sache zu Ende!“

      Er schaute sich nicht nach Deckung um, blieb an derselben Stelle stehen und ließ den wachsamen Blick in die Runde tasten.

      „Hörst du nicht, Henshaw? Wo bleibt denn deine ganze Überlegenheit?“

      Das Feuer griff immer mehr um sich, leckte zum Dach empor und drang durch Fenster und Tür ins Innere des Blockhauses ein. Das Licht bildete eine rote Kuppel über dem einsam gelegenen Anwesen.

      Tonto sah Henshaw in grotesken Zick Zack Sprüngen vom Wohnblockhaus zum Stall hinüber rennen. Tonto feuerte, und im vollsten Lauf wurde Henshaw der Hut vom Kopf gerissen. Gleich darauf war der Verbrecher hinter dem Stall verschwunden.

      „Henshaw, du Mörder, du sollst kämpfen!“, schrie Tonto. Hinter dem Stall stampften Hufe. Eine Gebisskette klirrte.

      „Kämpfen?“, drang Henshaws Gekrächze durch das Tosen und Prasseln des Brandes. „Bin ich verrückt? Du Teufel, wir bekommen dich schon! Monroe ist ein mächtiger Mann, und du bist ein Nichts gegen ihn, du verdammter Panther!“

      Hufschlag setzte ein.

      Tonto rannte los, die Lippen grimmig zusammengepresst. Als er um die Stallecke bog, sah er den Verbrecher bereits den Hang zum Senkenrand hinaufgaloppieren. Henshaw lag fast auf dem Pferdehals. Wie wild schlug er auf die Hinterhand des Tieres ein.

      Sofort zog Tonto den Gewehrkolben an die Schulter hoch. Das flackernde Licht des Brandes reichte aus, ihm ein einigermaßen genaues Ziel zu bieten. Die Waffenmündung zielte genau auf Henshaws Rücken.

      Dann besann sich Tonto und ließ das Gewehr sinken. Wie gemein und verkommen Nat Henshaw auch sein mochte – Tonto brachte es nicht fertig, einem Mann in den Rücken zu schießen. Und er wusste, wo er ihn wiederfinden würde: in der Minenstadt Silverrock in Colorado.

      Henshaw erreichte den Senkenrand und verschwand, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen, wie von Furien gehetzt in der Nacht.

      Tonto klemmte das Gewehr unter den Arm und ging auf den Hof zurück. Das Blockhaus hatte sich in eine wild lodernde Fackel verwandelt – das Grab Ben Smoletts, an dessen Seite Tonto zwanzig Jahre seines Lebens verbracht hatte.

      Eine ganze Weile stand der junge Mann reglos da und starrte auf die zerstörerische Wut des Feuers. Schließlich ging er mit steifen Schritten zum Korral hinüber. Sein hochbeiniger Kentucky Fuchs stand noch immer an den Zaun gebunden. Er rollte mit den Augen, mit denen er seinen Herrn erkannte.

      Tonto nahm den alten Kavallerie Mantel von der Schulter und schnallte ihn zur übrigen Gepäckrolle hinter dem hochbordigen Sattel fest. Dann band er den Fuchshengst los und schwang sich auf seinen Rücken.

      Vom Sattel aus öffnete er das Korralgatter, und das Dutzend ungezähmter Wildpferde stob in wilder Flucht aus der Senke davon. Mit den Schenkeln, nach Indianerart, lenkte Tonto seinen Gaul zum brennenden Haus hinüber. Der Fuchs sträubte sich gegen das Feuer, aber Tonto hatte ihn eisern in der Gewalt.

      Er ritt so nahe heran, dass er einen bereits brennenden Pfosten packen konnte. Mit diesem ließ er den Hengst zum Stall hinübertraben und schleuderte mit einem kräftigen Schwung das von züngelnden Flammen bedeckte Holz durch das offene Tor.

      Drinnen schoss sofort eine gelbrote Lohe aus einem Strohhaufen empor.

      „Vorwärts, Red Blizzard!“, raunte Tonto dem Fuchshengst zu. „Vorwärts! Hier gibt es nichts mehr, was uns noch halten könnte!“

      In wiegendem Galopp fegte er den salbeibestandenen Hang hinauf. Oben schaute er nochmals zurück.

      Haus und Stall brannten lichterloh. Der Korral war leer.

      Bald würde die Zeit die Spuren von menschlicher Anwesenheit völlig verwischt haben. Sandstürme würden diese Senke am Fuß der Tonto Mesa und die Überreste der verkohlten Pferdefarm unter sich begraben, und nur der Zufall mochte vielleicht eines Tages die Silberknöpfe eines alten Zaumzeugs und ein paar unbenutzte Hufeisen ans Sonnenlicht befördern.

      Tonto zog sachte den Kentucky Fuchs herum.

      „Weiter, Red Blizzard, mein Freund! Weiter! Wir haben einen langen Trail vor uns!“

      Und er ritt in der Richtung in die Nacht hinaus, in der Nat Henshaw vorhin geflohen war: nach Nordosten, nach Colorado …

      *

      Es war ein strahlend heller Tag, als Tonto seinen Fuchshengst vor dem Mietstall in Silverrock zum Stehen brachte.

      Silverrock bot ein Bild wie viele andere Städte auch, die Tonto auf seinem langen Ritt von der Tonto Mesa in Arizona hierher in die Elk Montains hinter sich gelassen hatte. Da waren die niedrigen Wohnhäuser mit den falschen herausgeputzten Fassaden, ein Saloon, ein Hotel, eine Spielhalle, die Schmiede, die Futtermittelhandlung und der Generalstore. Hölzerne Gehsteige, teilweise überdacht, verliefen zu beiden Seiten der staubigen Fahrbahn.

      Die Stadt lag in einem schüsselförmigen Becken. Ringsum wuchteten die bewaldeten Hänge der Elk Mountains hoch, darüber hoben sich schroffe Felsgipfel vom Blau des Firmaments ab. Schon während Tonto ins Tal geritten war, hatte er


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