Imaginäre Körperreisen. Sabine Fruth
… das Sofa ist hell …
THERAPEUTIN Ich lade Sie ein, es sich in diesem hellen Zimmer mit der Sofalandschaft … den vielen Kissen … dem großen Dachfenster … bequem zu machen … und dann bitte ich Sie, eine Leinwand aufzustellen, sodass Sie diese gut sehen können … eventuell ist es auch ein Monitor, ein Fernseher oder etwas ganz anderes …
KLIENTIN Wenn ich aus dem Dachfenster schaue, ist draußen eine Leinwand, auf die ich gut gucken kann …
Auf dieser Leinwand erfolgte die gesamte Therapie. Diese Klientin arbeitete rein symbolisch – ohne, dass wir die inneren Bilder jemals aufdeckten. Nach zwei Jahren – mit zehn Sitzungen in sehr großen Abständen – entstand ein konkreter Kinderwunsch, dem recht schnell ein gesundes Kind ohne Tumorrezidiv folgte. In der Schwangerschaft führten wir zur Stabilisierung noch drei Sitzungen durch.
4 Der Körper von innen
4.1 Die Reise im Körperinnern
In Kapitel 3 wurde gezeigt, wie der Klient auf unterschiedliche Weise in seinen Körper geführt wird. In allen Fällen sollten Sie an dieser Übergangsstelle Angebote machen, wie es im Körper aussehen kann.
Die Wahrnehmung des eigenen Körpers von innen wird in der Imagination individuell übersetzt. Alle früheren Erlebnisse dieses Menschen sind mit verantwortlich für das entstehende Bild. Das Gehirn Ihres Gegenübers ist einzigartig und kann daher auch einzigartige Bilder entstehen lassen.
Der Körper von innen kann aussehen wie
•in der Anatomie/Physiologie
•in einer Landschaft
•in einer Science-Fiction-Welt
•in einer Geschichte aus einem Buch oder Film
•in einem Computerspiel
•eine Farbe
•ein Gefühl
•oder ganz anders.
Machen Sie Angebote, die zu Ihrem Klienten je nach Alter und Gewohnheiten passen könnten. Am Ende Ihrer Einladungen, wie es im Körper aussehen könnte, sollte immer »oder ganz anders« stehen. Dadurch erhält der Klient den Spielraum zu eigenen neuen Varianten. Fühlen Sie sich als Lotse und Begleiter – niemals als Kommandant oder für den Weg der Reise Verantwortlicher. Lassen Sie den Klienten im Körper ankommen und rückmelden, was er wahrnimmt.
Das Spiegelbild kann zu Fuß unterwegs sein, es kann schweben, schwimmen oder sich an Orte »beamen«. Eine Alternative wäre, ein Transportmittel zu nutzen. Dies können Sie passend zum Einstieg anbieten.
Hier sind einige Varianten aufgelistet:
•eine Art U-Boot (wird gerne im Blut genutzt)
•Fahrzeuge wie Auto, Moped, Fahrrad
•ein Pferd (gerne bei Mädchen)
•ein Skateboard
•ein Schlitten (meist im Winter)
•auch Gleitschirm, Eisenbahn oder ein Papamobil
•oder etwas ganz anderes.
In einigen Fällen begegnen die Klienten zeitnah einem Begleiter. Dieser stellt ein erstes Helferwesen (s. Kap. 7) dar. Er gibt Sicherheit und kennt meist den Weg. Sollte der Klient ohne Begleitung im Körper unsicher sein, so kann das Angebot einer Helferfigur entlastend wirken.
Die Information, dass der Klient sein Spiegelbild jederzeit noch weiter verkleinern und durch Wände gehen kann, ist ebenfalls hilfreich. Zunächst darf er sich im Körper orientieren. Anschließend motivieren Sie ihn durch die Aussicht, etwas Positives zu erleben. Laden Sie dazu ein, den inneren Wohlfühlraum zu finden (nicht zu suchen!).
Praxis
In der Arbeit mit Erwachsenen ist es sinnvoll vorher zu besprechen, dass Sie gerne mit dem Spiegelbild im »Du« reden (Freigang u. Schütz 2013). Wenn ich es vorher vergessen habe, dann füge ich die Frage jetzt noch ein: »Ist es für Sie in Ordnung, wenn ich das Spiegelbild mit Du anspreche?« Das ist auch an dieser Stelle völlig unproblematisch.
Spiegelbild bei Erwachsenen
THERAPEUT Kleines Spiegelbild, du kannst nun ganz gespannt sein, wie der Körper von innen aussieht … es kann irgendwie anatomisch aussehen … kann aber auch eine Landschaft sein … vielleicht wie in einer Geschichte aus einem Buch oder Film … manchmal ist es auch nur eine Farbe … oder etwas ganz anderes …
Es kann sein, dass du an einer Stelle noch kleiner werden musst … du kannst durch Wände reisen … in der Imagination ist alles möglich … vielleicht möchtest du auch ein Transportmittel nutzen … eine Art U-Boot, auf einem Pferd reiten oder etwas ganz anderes … alles, was kommt, ist genau richtig so …
Spiegelbild bei Kindern
THERAPEUT Kleines Spiegelbild, du kannst nun ganz gespannt sein, wie der Körper von innen aussieht … es kann irgendwie wie in einem richtigen Körper aussehen … kann aber auch eine Landschaft sein … vielleicht wie einer Geschichte aus einem Buch oder Film … wie in einem Computerspiel … es kann aber auch nur eine Farbe sein … oder etwas ganz anderes …
Es kann sein, dass du manchmal noch kleiner werden musst … du kannst durch Wände reisen … hier hast du Zauberkräfte, und alles ist möglich … vielleicht möchtest du auch auf einem Pferd reiten … auf einem Fahrrad fahren … einen Schlitten nehmen … oder etwas ganz anderes … alles, was kommt, ist genau richtig so …
Diese Angebote dürfen Sie individuell auf den Klienten zuschneiden. Ein Chirurg entwickelt sicherlich andere Bilder als ein Teenager. Trotzdem kann die Darstellung des Körpers von innen jederzeit wechseln. Eine Kombination beispielsweise aus Physiologie, Zeichentrick und Landschaften ist durchaus möglich.
Der magische Schritt
THERAPEUT Vielleicht ist der Spiegel auch ein magisches Tor, und Sie können einfach hindurchtreten … und landen dann im Körperinnern … wenn das der Fall ist, können Sie ganz gespannt sein, wie der Körper von innen aussieht …
Sobald der Klient diesen Schritt gemacht hat, ist er auf einer anderen Ebene. Die nächste Dissoziation ist erfolgt. Statt des Spiegelbilds ist hier ein kleines Ich direkt unterwegs – klein deshalb, weil das Ich nun im Körper der großen Person reist. Es ist hilfreich, auch diesen inneren Anteil, der durch diesen Schritt entwickelt wurde, beim Vornamen und mit Du anzusprechen. Für einige Kollegen ist dies nicht stimmig, und sie bleiben beim Sie und der indirekten Anrede des Spiegelbilds im Sinne von »Sagen Sie bitte dem Spiegelbild, dass es …«
THERAPEUT Kleiner XY (Vorname des Klienten), du kannst nun ganz gespannt sein, wie der Körper von innen aussieht … es kann irgendwie anatomisch aussehen … kann aber auch eine Landschaft sein … …
Start vom äußeren sicheren Ort
Zunächst bitten Sie den Klienten, es sich an seinem sicheren Ort bequem zu machen. Nachdem er dort eine Leinwand aufgebaut hat, initiieren Sie daraufhin die Körperreise.
THERAPEUT Nun bitten Sie einmal Ihren inneren Filmvorführer, auf dieser Leinwand den Körper von innen darzustellen … Sie können ganz gespannt sein, wie das aussieht … es kann irgendwie anatomisch aussehen … kann aber auch eine Landschaft sein … vielleicht wie in einer Geschichte aus einem Buch oder Film … manchmal ist es auch nur eine Farbe … oder etwas ganz anderes …
Wenn auf der Leinwand ein Bild aufgebaut wurde, gibt es zwei Möglichkeiten, wie Sie weiter vorangehen: