Die Überlebenden von Atlantis. Frank Joseph
glaubt, dass es einmal Realität gewesen sein könnte. Zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts ist dieser Kreis nun unversehens gewachsen, da neue Forschungsergebnisse aus Theorien Fakten machen könnten.
Trotz seines legendären Rufs wissen die meisten Menschen sehr wenig über Atlantis. Sie vermuten, dass es ein ozeanisches Reich war, das lange Zeit einen großen Teil des Globus beherrschte, bevor es durch eine Naturkatastrophe im Meer versank, worauf einige wenige Überlebende in verschiedene Regionen des Planeten flohen. Viele Atlantisforscher glauben, dass die erste menschliche Zivilisation vor mindestens zwölf Jahrtausenden auf dem »Kontinent« von Atlantis entstand und um 9500 vor Christus durch eine große Flut zerstört wurde. Sowohl Skeptiker als auch wahre Gläubige könnten jedoch durch dieses Buch eines Besseren belehrt werden. Es ist kein Neuaufguss meines zuvor erschienenen Werkes Der Untergang von Atlantis, sondern präsentiert völlig neues Material. Der Atlantische Krieg, vier globale Katastrophen und das Schicksal der Überlebenden in verschiedenen Teilen der Welt werden hier zum ersten Mal beschrieben.
Die Überlebenden von Atlantis beruht auf einer Konferenz führender Wissenschaftler, die sich im englischen Cambridge trafen. Experten verschiedener akademischer Disziplinen, von der Geologie und Astrophysik bis hin zur Archäoastronomie und Ozeanographie, stellten ihre Erkenntnisse vor. Dabei skizzierten sie eine neue Sicht der Vergangenheit, die sich grundlegend von dem bisher vertretenen Bild unterscheidet. Die Beweise, die sie vorlegten, waren ebenso überraschend wie überzeugend. Sie zeigten, dass während der ersten Epoche der Menschheitsgeschichte eine Reihe von Kometen, die dicht an der Erde vorbeiflogen, zu vier verschiedenen katastrophalen Szenarien auf unserem Planeten führten. Diese Himmelsereignisse und die nachfolgenden Geschehnisse sind nicht bloße Vermutungen von Theoretikern. Vielmehr existiert eine Fülle materieller Beweise, die bestätigen, dass diese weltweiten Katastrophen tatsächlich stattgefunden haben und dass die letzte davon die Zivilisation an den Rand des Aussterbens brachte.
Beim Studium der Präsentationen dieser Konferenz in Cambridge wurde mir eindringlich ins Bewusstsein gerufen, dass zahlreiche Kulturen auf der ganzen Welt sich an große Fluten erinnern, denen jeweils Massenwanderungen folgten. Diese Überlieferung existiert bei so unterschiedlichen Völkern wie den Inka in Peru, den keltischen Iren, den klassischen Griechen, den Azteken Mexikos und vielen anderen. Diese Erinnerungen passen gut zu dem, was die Wissenschaft heute als ein Quartett von Naturkatastrophen identifiziert hat, die vor mehr als fünftausend Jahren die Erde verwüsteten. Doch wenn zum Mythos, der Astronomie und der Geologie auch noch der Beweis durch geophysikalische Methoden der Archäologie hinzukommt, dann wirft das ein ganz neues Licht auf die uralte Vergangenheit. Dadurch enthüllen sich die bisher unsichtbaren Ursachen, die den Lauf der Geschichte bestimmten. Offensichtlich gibt es ein gemeinsames Thema, dessen Fäden immer wieder zusammenlaufen und das all den verschiedenen Drehungen und Wendungen des großen menschlichen Dramas einen Sinn gibt: Atlantis. Der Name ist ebenso unausweichlich wie kraftvoll.
Durch die Verbindung dieses versunkenen Reichs mit vier verschiedenen globalen Katastrophen lassen sich der Beginn sowie die Entwicklung der menschlichen Zivilisation erklären. Und gleichzeitig liegt Atlantis damit plötzlich innerhalb der glaubwürdigen Parameter realer Geschichte statt spekulativer Fantasie. Es erlebte nicht eine, sondern mehrere Katastrophen, zwischen denen jeweils viele Jahrhunderte lagen, bis schließlich ein viertes Ereignis das Reich auslöschte. Das vorliegende Buch beschreibt diese Einzelereignisse erstmals anhand von Überlieferungen aus Ägypten, Mesopotamien, Marokko, den Kanarischen Inseln, Irland, Wales, Skandinavien, dem präkolumbischen Nordamerika sowie Mittel- und Südamerika. Viele der Flutmythen über ein versunkenes Reich wurden noch nie einem allgemeinen Publikum zugänglich gemacht. Nun sollen sie endlich präsentiert werden, um den wissenschaftlichen Beweisen ein menschliches Gesicht zu geben. Schließlich waren die Männer und Frauen der vorklassischen Zeit Augenzeugen von Kataklysmen, die ihre Welt wiederholt zerstörten. Sie haben diese Katastrophen in einem unvergänglichen Medium dokumentiert. Papyri können verbrennen, in Stein gemeißelte Worte verwittern, Tontafeln zerbröseln. Doch eine Botschaft, die in einen Mythos gehüllt ist, überdauert den Lauf der Jahrhunderte wie der Körper eines Insekts, das in Bernstein eingeschlossen ist.
Die Überlebenden von Atlantis erzählt eine weitere Geschichte, von der bisher noch nie berichtet wurde, nämlich die des Krieges, den die Atlanter laut Platon begannen, um die Welt zu erobern. Dieses militärische Abenteuer, das von Historikern bisher vernachlässigt wurde, war eng mit den Naturkatastrophen verknüpft, von denen sie schließlich überwältigt wurden. Das Chaos, das die Menschheit auf der Erde angerichtet hatte, spiegelte sich in den erzürnten Himmeln wider. In dieser Hinsicht ist Die Überlebenden von Atlantis eine Weiterführung meiner ersten Untersuchung des Themas, welche den Krieg zwar erwähnte, aber nicht näher erläuterte.
Der Untergang von Atlantis konzentrierte sich auf die letzten Augenblicke dieser verlorenen Zivilisation, weil diese Momente uns zeitlich am nächsten liegen und daher leichter dokumentiert werden können. Leser, die der Annahme waren, dass Atlantis zum Zeitpunkt seines Untergangs um 10.000 vor Christus bereits viele Jahrtausende alt gewesen sei, erfuhren überrascht, dass die Stadt vor lediglich 3.200 Jahren ihr endgültiges Schicksal ereilte. Der Sinn des Buches war jedoch nicht, über die Ursprünge oder das Alter von Atlantis zu diskutieren, sondern ein endgültiges vernichtendes Ereignis in der Bronzezeit zu erklären. Mit deren plötzlichem Ende um 1200 vor Christus brach die vorklassische Zivilisation überall zusammen, vom pharaonischen Ägypten und dem homerischen Griechenland bis zum Hethiterreich und der chinesischen Shang-Dynastie. Atlantis war ein weiteres Opfer der weltweiten Katastrophe. Nach Platons Beschreibung war es – wie die anderen auch – eine nachweisbare Stadt während der Bronzezeit gewesen.
Die Dialoge Timaios und Kritias, die Platon um 340 vor Christus schrieb, enthalten die frühesten überlieferten Erzählungen ihrer Art. Sie stellen die Atlanter als hervorragende Seefahrer und Metallschmiede dar, die große Entfernungen zurücklegten und »Orichalcum« herstellten, eine außergewöhnlich hochwertige Bronzelegierung, die zu Platons Zeit nicht mehr verfügbar war. Durch ihren Export von Orichalcum, so erklärte er, wurden die Atlanter sagenhaft reich und mächtig. Er beschreibt sie als wohlhabende seefahrende Bergleute; dies ist das Beweisstück, das zwei große historische Rätsel miteinander verbindet.
Seit mehr als zehntausend Jahren war der nordamerikanische Kontinent nur spärlich von paläoindianischen Stämmen nomadisierender Jäger und Sammler bewohnt, die wandernden Tierherden folgten und nur wenig an materieller Kultur besaßen. In der Region der Großen Seen sammelten sie gelegentlich Stücke von Kupfer auf, die zurückweichende Gletscher hinterlassen hatten, und schmiedeten oder hämmerten diese zu Schmuckstücken. Doch dann, um 3000 vor Christus, entstanden plötzlich ehrgeizige Bergbauunternehmungen entlang der Ufer des Oberen Sees auf der Oberen Halbinsel sowie auf der Isle Royale. In den folgenden 2.200 Jahren wurden in fünftausend Gruben, von denen einige zweihundert Meter tief durch massives Gestein ausgeschachtet waren, mindestens 22.500 Tonnen hochwertiges Kupfer abgebaut. Wie in meinem bisher nur in den USA erschienenen Buch Atlantis in Wisconsin berichtet, wurden durchschnittlich 1.000 bis 1.200 Tonnen Erz pro Grube entnommen, die jeweils etwa 45 Tonnen Kupfer ergaben.
Für diese erstaunliche Ausbeute verwendeten die alten Bergleute einfache Techniken, die es ihnen ermöglichten, schnell und effizient zu arbeiten. Sie erzeugten intensive Feuer oberhalb einer Kupferader, erhitzten das Gestein damit auf sehr hohe Temperaturen und übergossen es anschließend mit kaltem Wasser. Das Gestein zerbrach, woraufhin sie das Kupfer mit Steinwerkzeugen extrahierten. Tief in den Gruben wurde eine Essigmischung verwendet, was den Aufschluss des Gesteins in einzelne Schichten beschleunigte und Rauchentwicklung vermied. Wie sie entsprechend hohe Temperaturen erzeugen konnten, ist Teil des Rätsels. Die Unterseite eines Feuers auf einer felsigen Oberfläche ist sein relativ kühlster Bereich. Selbst bei einem extrem heißen Holzfeuer würde es sehr lange dauern, um eine Ader ausreichend zu erhitzen, und es ist fraglich, ob es überhaupt möglich wäre. Wie die vorzeitlichen Bergleute solch hohe Temperaturen im Boden erzeugen konnten, ist eine Frage, die die moderne Technologie bisher nicht beantworten kann.
Ein beträchtlicher Teil ihrer Techniken lebt jedoch bis heute fort. Große Stücke Kupfergestein mit einem Gewicht von teilweise über 2,5 Tonnen wurden ausgegraben und mithilfe von ausreichend belastbaren Holzbehältern,