Was hat sie, was ich nicht habe. Katarina Michel

Was hat sie, was ich nicht habe - Katarina Michel


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zu wecken, bedeutet, die Flamme von Interesse und Begehren am Brennen zu halten. Ist das aber wirklich so? Welche Tricks, Spiele oder Manipulationen und wie viele falsche Projektionen verbergen sich hinter der Eifersucht? Wie auch immer die Antwort lauten mag: Das Paradoxe an dieser Emotion ist, dass sie ausschließlich an Liebe gebunden ist. An Liebe, die für jeden Menschen wichtig ist, weil jeder geliebt werden will – und weil natürlich jeder meint, ein Anrecht darauf zu haben. Auch ein für das Thema Eifersucht sicher „neutraler“ Beobachter wie der XIV. Dalai Lama sagt: „Eines verbindet alle Menschen. Sie streben alle nach Liebe und Glück!“

      Es ist aber gerade die Liebe, die vielen häufig Sorgen, Kummer und sogar Ängste bereitet. Um die Liebe dreht sich unser ganzes Leben. Wir möchten die Liebe leben und genießen, trotzdem gelingt es uns nur allzu oft, sie aus unserem Leben fernzuhalten. So versucht man immer wieder von neuem, sie für das eigene Leben zurückzugewinnen oder zu erhalten. Manchmal unternimmt man auch den selten von Erfolg gekrönten Versuch – sie festzuhalten.

      Wenn man nicht bekommt, was man sich gewünscht oder was man erwartet hat, dann wird die innere Leere immer größer.

      Liebe kann man nie genug haben, sagen viele, und auf verschiedenen Wegen versuchen sie daher, die schmerzlich empfundene Leerstelle der fehlenden Liebe im Alltag aufzufüllen. Wenn man nicht bekommt, was man sich gewünscht oder was man erwartet hat, oder was man glaubt zu verdienen, dann wird diese innere Leere immer größer.

      Daher stellt man sich in vielen Fällen zur Selbsttröstung ganz einfach vor, sie würde automatisch von außen gefüllt. Wenn dann aber niemand „zum Auffüllen“ kommt und das negative „Pretty-Woman-Syndrom“ auftritt, empfindet man wachsende Unzufriedenheit und eine quälende innere Unruhe. Im besten Fall sucht man dann nach dem „Warum?“

      Warum bin ich es nicht wert, seine Liebe zu bekommen?

      „Warum bin ich es nicht wert, seine Liebe zu bekommen?“ Mit Eifer beginnt man (frau) die Suche nach Antworten auf die ständig im Kopf kreisenden Fragen des Gedankenkarussells. Mit Macht will man nun erreichen, was einem eigentlich zusteht – Liebe, Anerkennung, Sicherheit und Aufmerksamkeit. Je größer die innere Leere ist, desto eifriger sucht man. Ein Teufelskreis! Aber was sucht man eigentlich? Vordergründig das, was man verloren hat – den Partner, die Sicherheit oder die Liebe. Kann es aber nicht auch sein, dass man auf einer tieferen Ebene sich selbst sucht? Sollte man die Priorität nicht anders setzen, so dass aus dem Auffüllen der inneren Leere von außen eine Erfüllung aus dem eigenen Inneren entwickelt wird?

      Hinter einer von den vielen Ängsten, die aus einer egoistischen Liebe gezeugt werden, steckt auch Eifersucht.

      Hinter einer von den vielen Ängsten, die aus einer egoistischen Liebe gezeugt werden, steckt auch Eifersucht. Wer weiß, wie die Geschichte der menschlichen Evolution verlaufen wäre oder verlaufen würde, wenn bei vielen Ereignissen nicht Eifersucht, sondern Liebe oder Toleranz geherrscht hätten oder herrschen würden? Das ist natürlich eine hypothetische Frage, weil wir diese denkbaren Entwicklungswege heute gar nicht mehr oder noch nicht zutreffend einschätzen können. Es kann sein, dass viele Kriege nicht geführt worden wären und viele Eheschließungen aus Zwecken der Macht oder des politischen Kalküls nicht stattgefunden hätten. Sicherlich würde einerseits viel Spannendes aus der Geschichte entfallen und manches seine Dynamik verlieren, andererseits könnten wir Menschen wahrscheinlich ein anderes Werte-System pflegen. Innere und äußere Kämpfe, Neid, Hass und Intoleranz könnten entfallen, Offenheit, Verständnis, Toleranz und echte Zuneigung würden an ihre Stelle treten. Achtsamkeit und Kooperation statt Eifersucht und Konkurrenzdenken. Das menschliche Leben würde eine grundlegend andere Qualität gewinnen.

      Achtsamkeit und Kooperation statt Eifersucht und Konkurrenzdenken.

      Das Rad der Zeit kann man nicht zurückdrehen; das gilt für den Einzelnen wie für eine Gesellschaft. Alles, was der Mensch tun kann und soll, ist, die Chancen zu ergreifen, die sich in jedem Moment des Jetzt, in jedem gegenwärtigen Moment bieten. Bedingt durch alle Erfahrungen und Erkenntnisse, welche die Menschheit bis heute gesammelt hat, auch begünstigt durch die offene Gesellschaft, in der wir heutzutage leben dürfen, kann man mit dem Phänomen Eifersucht ganz anders umgehen. Diese Emotion muss nicht mehr Manipulationszwecken dienen. Sie muss auch nicht mehr die Ursache für Rache und Gewalt sein – deren unheilvolle Auswirkungen uns die Nachrichten nahezu täglich vor Augen führen. Eifersucht kann vielmehr ein innerer Wegweiser im persönlichen Entwicklungsprozess sein – von der Angst weg und hin zur Liebe. Die Emotion Eifersucht trägt eine gewaltige Kraft in sich. Man kann sie zum Positiven nutzen und etwas über sich selbst lernen, oder man unterliegt ihren zerstörerischen Seiten und verliert alles. Auf jeden Fall bringt sie immer eine gewaltige Dynamik in das Leben.

      Im vorliegenden Buch möchte ich Sie, liebe Leserin (oder auch lieber Leser), durch die verschleierten und häufig unbemerkten Gassen und Winkel der Eifersucht führen. Auch wenn man es oft im bewegten Alltagsleben nicht wahrnimmt: Diese Emotion spielt eine prägende Rolle in der Gesellschaft. Und sie betrifft nahezu jeden Einzelnen! Nach außen präsentiert sie sich nicht selten als „Drama“, welches beispielsweise für die Regenbogenpresse und ihre kaufkräftige Lesergruppe unverzichtbar ist: „Hast Du gelesen, die Caroline hat schon wieder einen neuen Liebhaber!“ Im tiefsten Inneren eines jeden Betroffenen spielt sich jedoch oft ein schwerer Kampf ab, um die eigene Würde, um Anerkennung, um Selbstachtung – und letztlich um Liebe. Was hinter allen Dramen und Tragödien steckt, ist, vereinfacht gesagt, das eigene Defizit an Liebe. Weil aber jeder diese reine und wahre Liebe leben und genießen möchte, tritt ihr Fehlen so vehement in Erscheinung. Fragen auch Sie sich häufig, wie Sie selbst aus dieser „Eifersuchtsfalle“ herauskommen können? Lassen Sie es uns gemeinsam versuchen, neue Wege zu finden, um uns aus der uralten Falle zu befreien.

      Was dahinter steckt, ist das eigene Defizit an Liebe.

      Ich verspreche Ihnen bei unserem Abenteuer weder eine fertige Methode noch eine griffige Formel, die Ihnen ein ewiges Liebesglück beschert und Sie von Eifersucht für immer befreit. So etwas gibt es natürlich nicht. Es sind vielmehr Ihre in der Tiefe Ihres Wesens verborgene innere Weisheit und wahrhafte Liebe, welche Sie zu neuen Einsichten führen und von alten Mustern und Überzeugungen befreien können. Nur auf diesem Pfad des inneren Erwachens und der Bewusstwerdung werden Sie lernen, ein Leben zu führen, in dem Sie sich an jener Liebe erfreuen können, die selbstlos, wahrhaftig und auf die niemals endende Begegnung mit einem DU ausgerichtet ist. Wenn Sie selbst innerlich erwacht sind, begegnet Ihnen auch jedes DU immer wieder auf eine neue Weise. Das Leben wird von da an niemals mehr langweilig sein!

      Daher konnte die Konstanzer Kommissarin Blum ihrem liebgewonnenen Schweizer Kollegen beim Abschied auch aus guter Überzeugung sagen: „Luzern ist ja nicht weit weg!“

      Der Geliebte, den ich im Herzen trage, ist niemals „weit weg“.

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      DIE GESCHICHTE DER EIFERSUCHT

      Auf der Suche nach dem Prinzip und der Ursache von Eifersucht wird jeder unschwer erkennen, dass Eifersucht keine psychologische Entdeckung unserer Zeit ist.

      Eifersucht ist nicht von der Liebe zu trennen, obgleich sie, was noch zu zeigen sein wird, keinesfalls das Gegenteil von dieser ist. Jede große Liebesgeschichte war immer mit Eifersucht gepaart. Sogar die griechischen Götter kannten sich bestens mit der Eifersucht aus!

      Poseidon und Zeus standen in permanenter Rivalität miteinander, weil sie beide eine Verbindung zu zwei Göttinnen hatten. Im Streit und auch im Schönheitswettbewerb standen Hera, Aphrodite und Athene. Als Hera zur Gattin des Zeus wurde, stand deren Ehe unter dem Schatten eines andauernden Eifersuchtskrieges. Aphrodites jugendlicher Geliebter Adonis wurde von ihrem eifersüchtigen Gatten Ares schließlich getötet.

      Man kann unendlich viele Geschichten aus mythischen, längst vergangenen Zeiten erzählen, die nicht nur mit der spektakulären Welt der Götter zu tun haben. Eifersucht war ein normales, alltägliches Gefühl, das zum Leben der Götter ebenso gehörte wie zum Leben der Sterblichen. Sie hat Streit und sogar Kriege ausgelöst, politische Komplotte oder kleinliche Missverständnisse hervorgebracht. Stets war Eifersucht eine dynamische, zerstörerische Kraft, die Bewegung und Veränderung ins


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