Golf. Dieter Frank
Schmeichelkätzchen bald nach Vertragsabschluss nicht selten in herbe Gebieterinnen, die beim Mann die Frage auslösen, ob er nicht lieber bei seiner Mutter geblieben wäre. Aber auch bei den Männern mutiert manch einfühlsamer Romeo zum Zigarren rauchenden und Wein trinkenden Schnarcher, dem Fußball wichtiger ist als die sensible Pflege der Frauenseele.
Auch auf dem Golfplatz lässt beim Heavy User der ersten Jahre die Begeisterung im Laufe der Zeit nach. Der Greenkeeper kann den Rasen noch so schön herrichten: Das Mitglied kommt nicht.
Die zarten Bande zwischen den Ehepartnern werden vom Golfspiel nicht selten auf harte Proben gestellt. Selbst wenn der Ehemann noch in der Handicapklasse 36–54 weilt und seine Frau schon 20 hat, kann er es nicht lassen: „Du musst die Hüfte mehr drehen, die Schulter war zu früh …”
Frauen nehmen dies aus unbekannten Gründen geduldig hin, auch wenn es sie ganz aus dem Spiel bringt. Was wäre, wenn die Frau ihren Mann bei den ehelichen Pflichten in ähnlicher Weise belehren würde? „Halt den Kopf unten, den linken Arm steifer, dein Griff ist falsch, der Daumen muss weiter nach innen.” Da ginge es beim Mann auch daneben.
Beim Golf werden Regelverstöße ohne Ansehen des Geschlechts geahndet. In der Ehe kommt es darauf an, ob der Mann oder die Frau die Sünde begeht. Die gottgewollte Ordnung sieht vor, dass dem Mann mehr erlaubt ist als der Frau. Die Begründung (aus männlicher Sicht) ist einfach: Es war immer so.
Die Ursache für golferische Ermüdung liegt auf der Hand. Man kennt jede Stelle des Platzes, er bietet keine neue Herausforderung, das Spiel funktioniert eher mechanisch, die schönen Schläge von früher sind dahin. Bei der ehelichen Ermüdung ist es ähnlich, aber hier steht die Schuldfrage im Vordergrund.
Der Schuldige ist auch leicht zu finden: Es ist immer der andere. Beim Golfen ist das nicht so einfach. Da man auch hier selbst als Ursache ausscheidet, bieten sich an: der Golflehrer, das Sekretariat, der Präsident oder die Ökonomie.
Eheliche Fehltritte können auch innerhalb des Clubs geschehen. Allerdings sollten sie mildernde Umstände erhalten, zumal sie häufig auf einem optischen Irrtum beruhen.
Ein gut geführter Club ergreift rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen. Geeignet wäre z. B. ein Tag der offenen Tür in der Herren- beziehungsweise Damengarderobe, jeweils für das andere Geschlecht. Manches warme Sehnen würde im kalten Licht der Garderobenbeleuchtung rasch verklingen.
Nicht in allem sind Golf- und Eheregeln zu vergleichen. So sind die von der Golfetikette gebotenen Regeln der Höflichkeit manchem Eheleben fremd. Auch Strafen für ungebührliche Spielverzögerung gibt es in der Ehe nicht. Und ein klassischer Vierer unterscheidet sich deutlich von einem flotten Dreier.
Im Krisenfall treten Mitglieder aus dem Club aus, und Ehepaare lassen sich scheiden. Hier wird oft nicht bedacht, was danach kommt. Man verliert Geld, die Leute reden, die Freunde werden in zwei Lager aufgeteilt. Vielleicht startet man im neuen Club als heavy user, und nach einiger Zeit ist alles wie früher. Lohnen würde sich ein Wechsel nur, wenn der neue Platz objektive Vorteile bietet, also z.B. trichterförmige Grüns. Bei ehrlicher Betrachtung findet man diese Vorteile in der Regel weder bei einem neuen Partner noch bei einem neuen Club. Der Freund der Weisheit nimmt deshalb die Welt so an, wie sie ist. Er weiß, dass sein eigener Schwung an sich schön ist, auch wenn er dem Golflehrer nicht gefällt. Und wenn er im Wettspiel nichts gewinnt, ist er gleichwohl sein eigener Bruttosieger, denn er hat letzten Endes gegen sich selbst gewonnen.
Dritte Liebeserklärung
Golf und Alkohol
Kafka erklärt: „Das Leben ist eine fortwährende Ablenkung, die nicht einmal zur Besinnung darüber kommen lässt, wovon sie ablenkt.”
Wenn man kritisch betrachtet, womit der Mensch sich den ganzen Tag beschäftigt, so erkennt man, welch tiefe Wahrheit in diesem Ausspruch liegt.
In Asien oder Afrika mag es anders sein, aber der abendländische Geist kann kaum dasitzen, das Leben einfach hinnehmen und glücklich sein, wenn es ihm an nichts fehlt. Er muss etwas tun: arbeiten, reisen, auf die Jagd gehen, gerne auch auf Zweibeiner, erotische Illusionen verfolgen, fernsehen, lesen, Feinschmecker werden, rauchen, Golf spielen und im schlimmsten Falle philosophieren. Viel glücklicher wird er dadurch nicht. Die Arbeit ist mühevoll, das Reisen ist teuer, vor allem bei wechselnden Begleitungen; außerdem stellt man fest, dass ein Bierbauch auch auf Bora Bora nicht zum Sixpack wird; die erotischen Bemühungen erweisen sich leicht als Strohfeuer; das gute Essen hat den Vorteil, dass das Bedürfnis zweimal am Tag wiederkehrt, aber seine Erfüllung ist ungesund. Die Philosophie schließlich verdirbt mit zunehmender Erkenntnis den Rest der Lebensfreude. Welche dieser Ablenkungen ist frei von schädlichen Nebenwirkungen?
Das Fernsehen, vor allem die privaten Sender, sediert bekanntlich die Unterschicht, für Kulturbürger bieten sich öffentlich-rechtliche Programme an. Wer wie in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt vier Stunden am Tag fernsieht, läuft Gefahr, eine bewegungslose Couch Potato zu werden.
Das Golfspiel zeigt hier seine Überlegenheit. Es hat, wenn der jährliche Clubbeitrag einmal abgebucht ist, keine weiteren negativen Nebenwirkungen. Das gelegentliche Jammern über Rückenschmerzen, knirschende Kniescheiben und geschwollene Armgelenke ist positiv zu werten. Es beweist die Zuversicht des Klagenden, ohne diese Unpässlichkeiten ein guter Spieler zu sein. Selbst wenn man nach fünfeinhalb Stunden von einer 120er-Runde zurückkehrt, fühlt man sich nach dem Welcome-Drink wie ein kleiner Held, der Widrigkeiten überwunden und etwas geleistet hat. Die von Dritten verschuldeten Gründe für sein schlechtes Spiel erzählt man gerne auch Nichtinteressierten. Golf hat mit Sex gemeinsam, dass es auch Spaß macht, wenn man es nicht kann.
Dieser innere Frieden, der nach der Golfrunde eintritt, wird durch Alkohol noch müheloser und schneller erreicht. Eine Flasche Rotwein ist wie 18-Loch-Golf. In dieser Währung schafft mancher 36 Loch am Tag. Übermaß und Anzeichen von Suchtverhalten sind natürlich abzulehnen; für die Gefährdeten empfiehlt sich, gelegentlich einen alkoholfreien Nachmittag einzulegen. Wer sehr viel in trockenen Räumen arbeitet, also Synchronsprecher, Musiker, Medienmanager und Rechtsanwälte, muss gegen das Austrocknen der Schleimhäute etwas unternehmen. Es gilt die Wahrheit des Bayerischen Brauereiverbandes: Jeder Tag ohne Bier ist ein Gesundheitsrisiko.
Bei langjährigen Ehen, Lebensabschnittspartnerschaften und Gemeinschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz entsteht oft das Problem, dass ein Teil abends noch unruhig ist und nicht einschlafen kann. Vor der Ehe löst man dieses Problem in der Regel anders, später ist ein gutes Glas Rotwein eine stets wirksame, bewährte Einschlafhilfe.
Das Grundgesetz verlangt, dass Frauen beim Alkoholgenuss nicht benachteiligt werden. Diesem Ziel ist man in besseren Kreisen schon näher gekommen. Dort geschieht häufiger, dass die sorgende Ehefrau, die im Cayenne oder im X5 vom Proseccofrühstück nach Hause kommt, unterwegs ein Mäuerchen oder eine Mülltonne mitnimmt. Nachdem die Frauen jahrhundertelang unterdrückt wurden, darf man hier nicht kleinlich sein. Der kluge Mann ist sich bewusst, dass eine Flasche Prosecco den gleichen Glückszustand hervorrufen kann wie ein Gang mit dem Schleppnetz durch die Maximilianstraße. Das Leiden der Kreditkarte ist beim Kauf einer Flasche Prosecco ungleich geringer.
Das Problem, das Frauen mit dem Alkohol haben, ist meist ein anderes. Die Natur zwingt sie dazu, dem Mann in regelmäßigen Abständen vorzuwerfen, er trinke zu viel. Die Erfahrung lehrt, dass man dieser Vorhaltung widerspruchslos zustimmen sollte, ohne sein