Umgang mit Sterben und Tod im Feuerwehrdienst - eine Chance für die Seelsorge?!. Gerhard Deißenböck
bzw. Tod« oder »Feuerwehrseelsorge« oder »Feuerwehr und Seelsorge« gesucht. Die Ergebnisse waren in allen Fällen marginal. Wenn sich Ergebnisse einstellten, waren es in fast 100 % der Fälle Werke zum Thema »Notfallseelsorge«. In der Folge werden zur Darstellung der Feuerwehr vermehrt einschlägige Internetquellen genutzt. Allgemein gestaltet sich das vorliegende Dissertationsprojekt aufgrund der dargestellten Informationslage als Literatur- und Grundlagenarbeit. Ergänzend ist anzuführen, dass die Ausführungen grundsätzlich ökumenisch vollzogen werden können.9
Der Hauptteil besteht aus drei Teilen:
In Teil I findet sich eine Bestandsaufnahme der Seelsorge im Feuerwehrdienst. Diese gliedert sich in den Bereich der Institution Feuerwehr, der PSNV in Deutschland und einer Zusammenfassung der gewonnenen Einsichten. Die Institution Feuerwehr wird dargestellt in Form der rechtlichen Grundlagen, der Organisation, des Einsatzspektrums und der möglichen Bedrohungsszenarien. Das Selbstverständnis der Freiwilligen Feuerwehren in Bayern, das Antlitz des »factum brutum«10, das Sterben und Tod speziell im Feuerwehrdienst mit sich bringt sowie die psychischen Auswirkungen des Einsatzgeschehens runden die Beschreibung ab.
In einem zweiten Schritt folgt die Darstellung der vorhandenen säkularen und kirchlichen Strukturen der Feuerwehrseelsorge in Bayern. Die PSNV in Deutschland ist „ein fast flächendeckendes System“11, und „dazu gehören beispielsweise die Krisenintervention im Rettungsdienst (KIT), die Notfall-, Polizei- und Feuerwehrseelsorge, die Notfallpsychologie u. v. m.“12. Die Erläuterungen zur Genese der PSNV gliedern sich in den Weg des Konsensus-Prozesses von 2007 – 2010, in die Ergebnisse – in Form von Standards und Leitlinien – sowie in die Zukunftsperspektiven der PSNV.
In Teil II werden die verschiedenen Dimensionen der Seelsorge im Feuerwehrdienst durchleuchtet. Als Basis dient die Verortung der Feuerwehrseelsorge im Zweiten Vatikanischen Konzil, in der Pastoraltheologie und -psychologie sowie in der Moraltheologie. In einem zweiten Schritt nähert sich die Arbeit dem Umgang mit dem Unumgehbaren. Der Fokus richtet sich hierbei auf den Umgang mit Sterben und Tod, mit Leid, Verwundbarkeit, Fehlern und Hilflosigkeit. Die Verbindung oder vielmehr die Grundlage der einzelnen Aspekte ist die Heilige Schrift. Die biblischen Grundlagen der Nächstenliebe und Barmherzigkeit schlagen in einem dritten Schritt eine Brücke zum Ostergeschehen und ermöglichen den Entwurf einer Theologie der Begegnung. Der Weg führt weiter zu der Erkenntnis, dass Gottes Gesicht im Angesicht des Anderen zu sehen ist. In einem vierten Schritt richtet sich die Aufmerksamkeit innerhalb eines salutogenetischen Ansatzes auf die Maßnahmen der »Bundesvereinigung Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen« (SbE e. V.) und die Spiritualität als Lebensressource, die im Umgang mit Sterben und Tod eine große Hilfestellung sein kann.
Im anschließenden Teil III gilt es aus den vorangegangenen beiden Teilen I und II einen gemeinsamen Weg von Feuerwehrdienst und Seelsorge zu umreißen. Zunächst wird die notwendige Handlungskompetenz der Seelsorgerinnen und Seelsorger skizziert. Ein eigenes Rollenverständnis und eine vielleicht notwendige Emanzipation der Feuerwehrseelsorge gegenüber der Notfallseelsorge werden sich an dieser Stelle herauskristallisieren. Die Darstellung und Diskussion der Möglichkeit einer Umsetzung am Beispiel der Polizeiseelsorge in Bayern folgt als letzter Punkt im Teil III und gibt einen Ausblick.
9 Damit der Umfang dieses Dissertationsprojekts nicht überstrapaziert wird, erfolgen die Erarbeitung und die Überlegungen weitestgehend nach katholischen Gesichtspunkten. Der Umgang mit Quellen erfolgt ökumenisch und wird nicht dezidiert gekennzeichnet.
10 Das »factum brutum« als eine Tatsache, die keine Erklärung zulässt.
11 Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hg.), Psychosoziale Notfallversorgung; Qualitätsstandards und Leitlinien Teil I und II (Praxis im Bevölkerungsschutz, Band 7), Bonn 220 1 2, 7.
12 Ebda.
Teil I Seelsorge im Feuerwehrdienst: Bestandsaufnahme
Im Rahmen einer Bestandsaufnahme setzt sich diese Arbeit in Teil I mit der Seelsorge im speziellen Kontext des Feuerwehrdienstes auseinander. Es gilt die vorhandenen Seelsorgestrukturen zu beschreiben und einen Einblick in die Freiwillige Feuerwehr in Bayern zu geben. In Anlehnung an die Deutung des Begriffs »Seelsorge« durch Christoph Morgenthaler wird diese Bestandsaufnahme strukturiert. Er gibt vier mögliche Antworten auf die Frage, was Seelsorge bedeutet und führt auf dieser Basis den Seelsorgebegriff ein.13 Seelsorge ist für ihn „Interaktion und Deutung“14. Diese wiederum drücken sich aus in Geschichten der Seelsorge, der Sicht des Anderen und der Seelsorgerin bzw. des Seelsorgers sowie in der Seelsorge als interaktiv-kommunikativen Konstruktionsprozess.15
Die Feuerwehr wird in Anlehnung an diese „Sicht der Seelsorgerin [oder des Seelsorgers]“16 institutionell verortet. Das System Feuerwehr gilt es darzustellen und für die Sicht der Seelsorge abzuklären. Die rechtliche Ausgangslage, ausgehend vom föderalistischen System in der Bundesrepublik Deutschland bis hin zu den Gesetzen im Freistaat Bayern, wird als Handlungsgrundlage der Feuerwehr in Bayern dargestellt. Der Versicherungsschutz als elementare Schutzvariable schließt diese Darstellung ab. Darauf aufbauend stehen im Anschluss auf der einen Seite die Organisation der kommunalen Einrichtung Feuerwehr und auf der anderen Seite die Vereins- und Verbandsstrukturen. Die Vorstellung des Einsatzspektrums, möglicher Bedrohungsszenarien und des Selbstverständnisses der Feuerwehr geben einen weiteren Einblick. Hieraus resultieren Auswirkungen auch im psychischen Bereich, wie z. B. verschiedene Krankheitsbilder.
Innerhalb der „Sicht des Anderen“17 werden exemplarisch die vorhandenen Strukturen der Feuerwehrseelsorge in Bayern betrachtet. Wie ist die Seelsorge schon jetzt im Raum der Institution Feuerwehr präsent und wie gestaltet sich das Zusammenwirken? Die Feuerwehrseelsorge ist Teil der Psychosozialen Notfallversorgung in Deutschland18. Im Rahmen des so genannten Konsensus-Prozesses zur Qualitätssicherung in der PSNV haben sich Delegierte aus vielen Organisationen und Institutionen, die die PSNV in Deutschland verantworten, anbieten und anwenden, in den Jahren 2007 - 2010 in einem intensiven Arbeits- und Abstimmungsprozess auf bundeseinheitliche Standards und Leitlinien geeinigt.19 Die Darstellung des Konsensus-Prozesses anhand der vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) herausgegebenen Ergebnisse schließt den Teil I der Arbeit ab.
13 Vgl. Morgenthaler, Christoph, Seelsorge. Lehrbuch Praktische Theologie, Band 3, 22012, 15ff.
14 Ebda., 15.
15 Vgl. ebda., 15ff
16 Ebda., 16.
17 Ebda., 15.
18 Vgl. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hg.), Psychosoziale Notfallversorgung; Qualitätsstandards und Leitlinien Teil I und II (Praxis im Bevölkerungsschutz, Band 7), Bonn 22012, 7.
19 Vgl. ebda., 1.
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